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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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müssen?“
    „Wahrscheinlich nicht, wenigstens du nicht. Sei ohne Sorge!“
    Für den Fall eines Kampfes besaß ich keine Waffe als nur mein Bowiemesser, welches in dem Baststrick steckte, der mir als Gürtel diente; eine andere Wehr hatte ich natürlich nicht mitnehmen dürfen.
    Bald kamen wir aus der günstigen Strömung heraus, und wir mußten rudern; das verlangsamte die Fahrt bedeutend, so daß Ta-ki uns wohl zu Land vorauskommen konnte. Wir hatten das Ostufer jetzt zu unserer Rechten und paßten scharf auf. Endlich erblickten wir drei Masten von verschiedener Höhe, welche in der Nähe der Küste aus dem Wasser ragten. Am Land lag eine Pfahlbauhütte, bei welcher zwei Männer standen, die uns entgegenblickten; der eine hatte gewöhnliche Größe, der andere war hoch und breit gebaut.
    „Der Chinese und der alte Nikobarese, dem die Hütte gehören soll“, sagte ich; „halten wir auf sie zu!“
    Dies hatte keine Schwierigkeiten, denn es war die Zeit der Flut, welche uns der Küste entgegentrieb. Die beiden Männer kamen nicht nur nahe an das Wasser heran, sondern wateten uns sogar in demselben entgegen, um unsere Boote festzuhalten, als dieselben auf den Grund stießen. Mahaba sprang schnell heraus; bei mir ging es wegen der Kette und auch absichtlich langsamer.
    Der Chinese war wirklich ein Goliath mit roh zugehackten Gesichtszügen und einem Schnurrbart, der hüben und drüben fadendünn bis auf die Brust herunterhing. Wir grüßten ihn wie in banger Ungewißheit; er musterte uns einige Augenblicke, nahm uns dann hüben und drüben bei den Händen, zog uns an das trockene Land und sagte dann:
    „Ich bin Ta-ki. Ihr wollt zu mir?“
    „Ja. Schütze uns!“ antwortete ich.
    „Gern, denn ich sehe, ihr seid von der Viperninsel entflohen, von woher unsere besten Leute kommen. Wann seid ihr dort fort?“
    „Gestern früh.“
    „Habt ihr Verfolger hinter euch?“
    „Nein.“
    „Seid ihr von wem gesehen worden?“
    „Auch nicht.“
    „Das ist gut; da brauche ich euch nicht gleich zu verstecken. Kommt mit!“
    Der alte Eingeborene ging in seine Hütte; Ta-ki aber führte uns an derselben vorüber zum hohen Ufer hinauf und dann eine Strecke in den Dschungel hinein. Vor dem Passiflorendickicht, welches den Boden wie ein Teppich bedeckte, blieb er stehen, hob den Rand desselben in die Höhe und gebot uns, ihm zu folgen. Wir sahen Stufen, welche wir hinunterstiegen. Wir befanden uns in einer großen, viereckigen, tiefen Grube, welche durch Bambuswände in mehrere Abteilungen geteilt wurde. An den Stellen, wo es über uns keine Decke gab, drang durch die Passifloren ein Dämmerschein herab, welcher uns erkennen ließ, daß die Wände aus Muschelschalen aufgemauert waren; infolgedessen besaßen die Räume eine viel größere Trockenheit, als bei dem hiesigen Klima sonst der Fall gewesen wäre.
    Ta-ki verschwand in einem hinteren Raum und brachte uns Kleidungsstücke, welche wir anstelle der Hemden anlegen mußten. Dann holte er einen eisernen Schraubenschlüssel, mit Hilfe dessen er mich von der Kette befreite: er schien auf alles vorbereitet zu sein. Nun erst fragte er nach unseren Namen und unserer Vergangenheit.
    Mahaba gab sich für einen Sepoy aus, der wegen Totschlags deportiert worden sei. Ich war der Besitzer einer arabischen Dhau, hatte Sklavenhandel getrieben und war bei demselben erwischt und nach den Andamanen geschafft worden. Der Chinese glaubte uns aufs Wort, gab uns zu essen und brachte sogar eine Flasche Rum, bei dessen Genuß er uns die Freuden des Seeräuberlebens beschrieb. Er fragte uns gar nicht nach unseren Absichten und unserem Willen, sondern er schien es als unumstößlich sicher anzunehmen, daß wir uns mit seiner Hilfe diesem schönen Beruf widmen würden.
    „Besonders du kannst es weit bringen“, sagte er zu mir. „Du hast eine Dhau kommandiert, bist also Seemann und verstehst ein Schiff selbständig zu führen. Es wird nicht lange dauern, so wird Ling-tao dir hier eine Dschunke übergeben.“
    „Ling-tao? Wer ist das?“ fragte ich.
    „Unser Admiral und oberster Gebieter.“
    „Kommandiert er selbst auch Schiffe?“
    „Jetzt nicht mehr. Er residiert an der Hu-kiao.“
    Ah! Da hatte ich ja den Namen: Hu-kiao, die Tigerbrücke! Jetzt schnell eine weitere Frage; ich mußte mir Mühe geben, Gleichgültigkeit zu heucheln, als ich sie aussprach:
    „Hu-kiao? Was ist das für ein Ort? Wo liegt diese Tigerbrücke?“
    Ich senkte den Blick erwartungsvoll. Würde ich die für uns so

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