Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gelehrter Natur- und Suppenforscher seid. Wenn man sich nur gleich noch heut eine echte Turtle fangen könnte!“
    Rasch erklärte sich einer der Ansiedler, ein früherer Bewohner der Marquesas-Inseln, bereit, uns an einen Ort zu führen, wo wir vielleicht eines der Tiere finden könnten. Der Mond schien hell, der Abend war wirklich paradiesisch zu nennen, und so folgten wir ihm auf einem Weg, der durch einen prächtigen Palmenwald nach einer kleinen, einsam gelegenen Bucht führte.
    Hier gab es ein Gebüsch von tahitischen Tamanus, Catappen und Feigenbäumen, vor welchem ein breiter, weißglänzender Sandstreifen langsam nach der Küste abfiel. Gleich als wir unter den Maulbeeren hervortraten, bemerkten wir zwei der Tiere, welche langsam vom Wasser her herbeigekrochen kamen. Wir hatten uns jeder mit einem Stock versehen und wendeten sie um, so daß sie auf den Rücken zu liegen kamen und sich also nun vollständig in unserer Gewalt befanden. Dies war allerdings keine sehr leichte Arbeit, denn das größere Tier mochte wohl über dreihundert Pfund und das kleinere nicht viel weniger wiegen.
    „Was nun?“ fragte Frick Turnerstick.
    Der Insulaner, welcher sich ganz leidlich englisch auszudrücken vermochte, meinte:
    „Laßt sie liegen bis morgen früh. Sie können nicht fliehen und Ihr werdet sie dann holen lassen.“
    „Fällt mir gar nicht ein!“ antwortete der Kapitän, der trotz seiner rauhen Außenseite ein sehr weiches Gefühl besaß. „Dann müßten ja diese armen Kreaturen die ganze Nacht hindurch eine Todesangst ausstehen, die ich selbst so einem Tier nicht wünschen mag. Schade, daß Ihr Eure Büchsen nicht mithabt, sonst könntet Ihr ihnen eine Kugel geben!“
    „Wäre sehr mutig von mir gehandelt“, meinte ich. „Gibt es kein Messer hier?“
    Der Ansiedler zog das seinige hervor, und mit zwei kräftigen Streichen hatte er den Schildkröten die Köpfe abgetrennt.
    „Jetzt tragen wir sie nach Hause!“ bestimmte der Kapitän.
    Er faßte die größere an und brachte sie auch wirklich empor; nach zwei Schritten aber warf er sie wieder in den Sand.
    „Bei allen Masten und Stengen, das Ding hat ja ein Gewicht wie unser Stoppanker! Wir müssen sie wahrhaftig liegenlassen!“
    Der Insulaner schien nun anderer Meinung zu sein. Er schnitt einige Feigenstangen ab, verband sie mit Schlingranken und bildete auf diese Weise eine Schleife, auf welche wir die schweren Tiere wälzten. Wir spannten uns dann zu dritt vor und brachten sie auf diese Weise ganz gut nach der Ansiedlung.
    Hier sollten sie in unsere Jolle geschafft werden. Das Licht einer Fackel fiel dabei auf den Rücken des größeren Tieres.
    „Stopp!“ kommandierte der Kapitän. „Was ist denn das? Diese Turtlesuppe hat ja den Suppenteller bereits auf dem Rücken!“
    Ich bog mich nieder und ließ mir leuchten. Wirklich war der harten Schale des Tieres eine elliptisch runde Platte aufgeschlagen, welche durch das Wachstum der Schildkröte am Rand emporgerichtet worden war und infolgedessen die Gestalt einer kleinen, ovalen Schüssel angenommen hatte.
    „Und hier ist eine Inschrift“, meinte Turnerstick. „Aber wer soll das Zeug lesen! Das ist weder englisch noch sonst etwas. Charley, beißt Ihr Euch einmal die Zähne aus!“
    Die Platte war von jener Bronze gefertigt, welche nie vom Wasser angegriffen wird und deren Fabrikation nur die Chinesen und Japanesen verstehen. Ich versuchte, die Inschrift zu lesen. Sie bestand aus zwei japanischen Namen, welche untereinander standen.
    „Sen-to und Tsifourisima.“
    „Was ist das, Charley?“
    „Tsifourisima ist eine Insel, welche zu dem eigentlichen Japan gehört. Zuweilen wird auch die ganze, siebenundsiebzig Inseln und Inselchen zählende Oki-Gruppe so genannt.“
    „Horrible, wer so viel Zeit hat, sich solche Dinge zu merken!“
    „Sen-to ist der hundertundzwanzigste Dairi von Japan; er regierte von 1780 bis 1817, wenn ich mich nicht irre.“
    „Und was hat dieser Kerl mit meiner Mock … wollte sagen, mit meiner Turtlesuppe zu tun?“
    „Die Schildkröten haben ein sehr langes Leben, dessen Dauer man oft dadurch zu erforschen gesucht hat, daß man einer gefangenen ein gewisses Zeichen gibt und sie dann wieder freiläßt. Sie scheinen ganz merkwürdig genaue und regelmäßige Wanderungen vorzunehmen und stets einen und denselben Ort wieder zu besuchen. Diese Turtle hier ist jedenfalls einmal auf Tsifourisima gefangen und, um eine Zeitangabe zu gewinnen, mit dem Namen des damals regierenden

Weitere Kostenlose Bücher