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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ort gab es eine steile Felsenwand.“
    „Konnten Sie nicht wenigstens den Mörder durch einen Zuruf abschrecken?“
    „Ich rief nicht nur, sondern ich brüllte geradezu vor Schreck. Er sah zu mir empor. Er bemerkte, daß ich nicht zu ihm konnte, hohnlachte zu mir herauf und würgte das Opfer vollends ab. Es war entsetzlich anzusehen.“
    „Hatten Sie kein Gewehr bei sich, den Kerl zu erschießen?“
    „Ich hatte eins, aber kein Pulver mehr. Ich floh von der Höhe und nahm mir vor, dem Mörder zu folgen und ihn anzuzeigen. Er aber hatte das gedacht und kam mir entgegen. Ich war nicht vorsichtig genug. Eben als ich um ein Felsenstück bog, trat er mir entgegen, warf mich zu Boden und setzte mir die Pistole auf die Brust.“
    „Haben Sie sich nicht gewehrt?“
    „Ja, aber ich war zu schwach. Ich hatte mich verirrt gehabt, droben in der öden Puna, und meine letzte Kugel verschossen, um ein Vicuña zu treffen, aber einen Fehlschuß getan. Mehrere Tage des Hungers und des mühsamen Steigens hatten mich so elend gemacht, daß ich kaum mehr die Kraft eines Kindes besaß. Der Mann hätte mich sicher auch ermordet, aber er war – ein Bekannter, sogar ein früherer Gefährte von mir.“
    „Hatten Sie ihn nicht sogleich erkannt?“
    „Nein. Seine Gesichtszüge zu unterscheiden, war die Entfernung doch zu groß gewesen. Erst als er mich unter sich liegen hatte, erkannten wir einander. Er scheute sich doch, den Freund zu ermorden; er war mir von früher her zu Dank verpflichtet, und darum ließ er mir das Leben unter der Bedingung, daß ich einen Eid ablege, ihn nicht zu verraten. Ich war geschwächt, und nicht nur körperlich; darum gab ich den Schwur, welcher mich wie ein peinigendes Gespenst bis zu diesem Augenblick begleitet hat.“
    Er hielt erschöpft inne. Er hatte nur langsam und mit vielen Unterbrechungen gesprochen; nun mußte er ausruhen. Das, was ich gehört hatte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. Ich mußte bei dieser Erzählung an den Sendador denken, von welchem mir der Yerbatero erzählt hatte. Dieser Sendador hatte mit einem Padre den Übergang über die Cordilleras unternommen und von ihm die Papiere geerbt, da der Padre unterwegs gestorben war. Sollte er jener Mörder sein? Ich hatte ja gegen Monteso ähnliche Gedanken ausgesprochen.
    „Darf ich den Namen dieses Mannes erfahren?“ fragte ich.
    Der Kranke schüttelte den Kopf.
    „Oder wenigstens den Ort und die Zeit der Tat?“
    Er verneinte durch ein abermaliges Schütteln.
    „Haben Sie erfahren, weshalb der Mann den Padre ermordete? War es etwa wegen gewisser Papiere, in denen von Schätzen die Rede war, welche in einen See versenkt und in einem alten Schacht versteckt sein sollten, Schätze aus der Zeit der Inkas?“
    Er griff im tiefsten Schrecken mit beiden Händen nach mir.
    „Um Gottes willen, still!“ sagte er. „Sie wissen es, Sie wissen es?! Woher, woher?“
    „Es ist mehr ein Schluß, den ich ziehe, als ein festes, bestimmtes Wissen. Der Padre wollte nach Tucuman in das Kloster der Dominikaner?“
    „Er weiß es! Er weiß alles!“ hauchte der Patient leise vor sich hin.
    „Und der Mörder ist ein berühmter Führer?“
    „Auch das, auch das ist ihm bekannt! Aber, Herr, Sie müssen zugeben, daß ich Ihnen nichts gesagte habe, gar nichts, kein Wort!“
    „Ja. Ich habe alles schon vorher gewußt.“
    Er dachte nicht daran, daß er zwar direkt nichts verraten, aber ein indirektes Zugeständnis gemacht hatte. Um ihn nicht zu dieser Einsicht kommen zu lassen, fuhr ich schnell fort:
    „Und das ist es, was Ihnen solche Sorge und Angst gemacht hat? Lieber Freund, ich an Ihrer Stelle hätte diese Last schon längst von meiner Seele geworfen! Ihre Pflicht war es, sich einem Priester anzuvertrauen. Indem Sie das nicht taten, haben Sie sich einer schweren Unterlassungssünde schuldig gemacht. Da wir nun keinen Priester haben, so ziehen Sie wenigstens Frater Hilario ins Vertrauen. Er kann Ihnen sicher raten.“
    „Ob ich das darf, das ist es eben, was ich nicht weiß!“
    „Sie dürfen es. Die Sache ist ja kein Geheimnis mehr. Sie haben gehört, daß ich sie fast genauso kenne, wie Sie selbst. Bruder Hilario ist ein sehr würdiger Mann. Er wird, wenn Sie ihn um Rat fragen, Ihr Geheimnis ebenso sicher bewahren, wie wenn Sie es gebeichtet hätten. Freilich wird er Ihnen schwerlich eine andere Antwort geben, als wie ich es getan habe.“
    Er sah still vor sich hin. Nach einer längeren Weile meinte er:
    „Wenn ich Sie so sprechen

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