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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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höre, muß ich Ihnen recht geben. Aber Sie wissen noch nicht alles. Der Senda – jener Mörder hat mir noch mehr mitgeteilt.“
    „Das tut nichts. Es kommt hier gar nicht darauf an, wieviel Sie verschweigen sollten; die Hauptsache ist, daß Ihr Eid Sie nicht dazu verpflichtet. Die Nähe des Todes, welche Sie doppelt bedenklich zu machen scheint, muß Sie veranlassen, aufrichtig zu sein. Ich spreche nicht aus mir selbst heraus, sondern ich versenke mich in Ihre Lage und in Ihre Qual. Ich denke mich ganz an Ihre Stelle und gebe Ihnen mein Wort, daß ich mich dem Bruder Hilario anvertrauen würde.“
    Er zupfte mit den dürren Fingern an der Bettdecke herum, legte den Kopf müde zur Seite und sagte:
    „Ich will es mir bedenken.“
    „Tun Sie das, lieber Freund! Aber vergessen Sie nicht, daß einem jeden Menschen der große Augenblick kommt, an welchem es keine Zeit mehr zum Nachdenken gibt!“
    „Ja, der Tod, der Tod!“ seufzte er. „Herr, fürchten Sie den Tod?“
    „Nein.“
    „Ich meine nicht, ob Sie ein beherzter Mann sind; ich meine nicht die Gefahren dieses Lebens, sondern das, was nach dem Tod kommt.“
    „Ich verstehe Sie schon. Der Engel des Todes ist für den Reuigen ein Friedensbote Gottes, welcher das verlorene Kind zum Vater zurückbringt. Für den Verstockten aber ist er der Türschließer am Tor zum ewigen Gericht. Wer hier nach Kräften seine Pflicht getan hat und seine Sünden aufrichtigen und gläubigen Herzens in Gottes Erbarmen legt, der kann ruhigen Herzens seine Augen schließen, denn Gott ist die Liebe!“
    Er machte die Augen zu, als ob er meine letzten Worte befolgen wolle. So lag er lange, lange ruhig da; nur seine Finger zupften konvulsivisch an der Decke, und seine Brust bewegte sich. Wohl eine Viertelstunde verging. Dann öffnete er die Augen und sagte:
    „Sie haben recht, Sie haben recht! Ich werde Frater Hilario fragen. Gehen Sie hinaus, und senden Sie ihn mir!“
    Natürlich folgte ich dieser Aufforderung, und Bruder Hilario ging zu dem Sterbenden. Drin in der Wohnstube saßen wir wohl eine Stunde lang, doch ohne uns zu unterhalten. Dann kam der Frater zurück. Sein Gesicht war ernst; aber in seinem milden Auge leuchtete es warm. Er gab mir die Hand und sagte:
    „Er verlangt nach einem Priester. Sendet sofort nach Montevideo, damit er ihn noch am Leben findet. Aber der Zweifel und die Angst sind bereits von dem Kranken gewichen.“
    Natürlich ward sofort ein Gaucho nach Montevideo gesandt. Dann sagte Frater Hilario:
    „Der Kranke fragte mich, wann Sie fort wollen, und läßt Sie bitten, heute noch dazubleiben.“
    „Aber wir müssen nach der Estancia del Yerbatero!“ widersprach Monteso.
    „Nein, Sie bleiben!“ bat der Ranchero.
    Seine Frau und der Bruder schlossen sich dieser Bitte an, und ich blieb gern. Aber Monteso trieb es fort. Man befand sich auf der Estancia jedenfalls in großer Sorge um uns, und er wollte hin, die Seinen zu beruhigen. Ich versuchte, ihn zum Bleiben zu veranlassen, doch vergeblich. Er bestand darauf, sofort aufzubrechen, und versprach, später wieder hier einzukehren; wir würden nach unserem Aufbruch von der Estancia hier vorüberkommen.
    „Aber der Ritt ist gefährlich, Señor“, warnte ich ihn. „Sie haben gehört, daß ich den Bolamännern nicht traue.“
    „Pah! Die sind jetzt so weit fort von hier, daß gar nicht mehr an sie zu denken ist.“
    „Das möchte ich nicht beschwören. Lassen Sie sich wenigstens von Señor Bürgli einige Gauchos mitgeben, welche Sie eine Strecke begleiten, bis Sie sicher sind, daß Ihnen kein Hinterhalt gelegt worden ist.“
    „Das wäre ganz überflüssig. Übrigens neigt sich die Sonne nieder. Ich habe mich zu sputen und kann nicht warten, bis die Gauchos fertig sind.“
    Ich ließ aber nicht nach, bis er dem Ranchero erlaubte, zwei dieser Leute herbeizurufen. Bald trabten sie von dannen, nachdem ich versprochen hatte, morgen früh nachzukommen. Doch bereits nach kaum einer Viertelstunde kehrten die Gauchos zurück. Er hatte sie fortgeschickt, da ihre Begleitung eigentlich eine Beleidigung sei.
    Bei seinem Aufbruch war ich mit vor das Tor gegangen und hatte ihm nachgeschaut. Unten am Fluß war kein lebendes Wesen zu sehen. Das beruhigte mich. Besser wäre es gewesen, wenn ich selbst ihn eine Strecke begleitet hätte. Mir wären sicher gewisse Spuren aufgefallen, aus denen zu ersehen war, daß sein Heimritt doch gefährlicher sei, als er glaubte.
    Als ich in die Stube zurückkehrte, war der Kranke in

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