Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
mich adressiert zu haben. Zunächst besitze ich im allgemeinen eine große persönliche Vorliebe für alles, was deutsch heißt, und sodann im besonderen sind Sie mir als ein Herr bezeichnet worden, von dessen bedeutenden Kenntnissen und reichen Erfahrungen ich profitieren könne. Ich habe sie also doppelt willkommen zu heißen, Señor.“
    Das war sehr stark aufgetragen. Dieser Mann mußte mich wirklich für höchst harmlos halten, um annehmen zu können, daß er durch solche Überschwenglichkeiten seinen Zweck bei mir erreichen werde. Ich antwortete also in gemessensten Ton:
    „Es tut mir wirklich leid, daß der Inhalt des betreffenden Briefes Sie veranlaßt hat, mich falsch zu beurteilen. Ich reise, um zu lernen, nicht aber um zu belehren. Für das letztere mangeln mir alle dazu nötigen Eigenschaften. Wer mir ein so unverdientes Lob erteilt, erwirbt sich nicht etwa ein Verdienst um mich, sondern er bringt mich ganz im Gegenteil in Verlegenheiten, denen ich nicht gewachsen bin.“
    „Diese Sprache habe ich erwartet. Ich weiß sehr gut, durch welche rühmenswerte Bescheidenheit der Deutsche so vorteilhaft vor andern sich auszuzeichnen pflegt. Lassen wir also lieber diesen Gegenstand fallen, und sprechen wir von den Absichten, welche Sie bei ihrer jetzigen Reise verfolgen. Ich vermute, daß dieselben entweder merkantilischer oder naturwissenschaftlicher Natur sind.“
    „Keins von beiden, Señor. Ich reise um des Reisens willen. Ich bin weder in den Wissenschaften, noch im Handel unterrichtet und erfahren. Der Grund, warum ich reise, ist ganz derjenige eines Spaziergängers, welcher es liebt, sein Auge an abwechselnden Bildern zu ergötzen. Ich bitte also, der falschen Ansicht, welche Sie von mir haben, eine darauf bezügliche Berichtigung zu erteilen!“
    Nachdem er mich mit so ausgezeichneter Freundlichkeit empfangen hatte, mußte ihn meine Art und Weise abkühlen. Sein Ton klang bedeutend zurückhaltender, als er mich fragte:
    „Aber wie ist es denn möglich, so weite Reisen ohne einen wirklichen Zweck zu unternehmen? Wahrhaft, die Deutschen sind ein höchst ideales Volk! Sie sagen, daß Sie spazieren gehen. Und dazu wählen Sie sich eine Gegend, welche alles besitzt, nur nicht den Anreiz zum Promenieren. Haben Sie denn wirklich eine Ahnung von den Gefahren und Entbehrungen, welchen Sie während einer Reise nach dem Westen unterworfen sein werden?“
    „Ich habe mich darüber unterrichtet, natürlich nur so weit, als es aus der Entfernung möglich war, und ich sehe keinen Grund, den einmal gefaßten Gedanken aufzugeben.“
    „So bewundere ich Ihre Unternehmungslust!“
    „Sie wollen sagen, Sie belächeln die Unerfahrenheit, mit welcher ich etwas tue, was jeder andere an meiner Stelle unterlassen würde. Wenn der Unerfahrene nichts unternimmt, gelangt er eben nicht zur Erfahrung.“
    Er schüttelte den Kopf. Er schien einzusehen, daß ich noch dümmer sei, als er bisher geglaubt hatte. Es klang fast wie Mitleid, als er mich fragte:
    „Und Sie besitzen wirklich die Kühnheit, bis nach Santiago oder gar Tucuman gehen zu wollen? Wissen Sie, wie es bei uns aussieht? Gegenwärtig gibt es zahlreiche politische Parteien, welche sich gegenseitig bekämpfen, und zwar mit allen Mitteln und ohne zu fragen, ob dieselben verwerflich sind oder nicht. Gerade diejenigen Gegenden, durch welche Sie reisen wollen, sind durch diese Wirren unsicher gemacht. Sie wagen viel, vielleicht gar Ihr Leben, wenn Sie darauf bestehen, diesen Vorsatz auszuführen. Ich rate Ihnen ganz entschieden ab.“
    Das sagte er natürlich nur zum Schein. Ich antwortete ihm:
    „Ich pflege einen einmal gefaßten und auch reiflich erwogenen Entschluß nicht wieder aufzugeben. Das ist auch hier der Fall.“
    „Nun, so habe ich meine Schuldigkeit getan und bin auch noch bereit, Ihnen die Reise zu erleichtern, so viel das in meinen Kräften steht. Natürlich vorausgesetzt, daß Ihnen das angenehm ist.“
    „Ich werde Ihren Beistand mit größter Dankbarkeit akzeptieren, Señor.“
    „Schön. So darf ich Ihnen vielleicht meinen Rat zur Verfügung stellen. Die Reise, welche Sie vorhaben, macht man gewöhnlich von Buenos-Aires aus, wohin Sie sich also von hier aus zu begeben hätten. Leider würden Sie da durch Gegenden kommen, welche zügellos gewordene militärische Banden unsicher machen. Aus diesem Grund schlage ich Ihnen eine andere Route vor, welche zwar ungewöhnlicher ist, Ihnen dafür aber die möglichste persönliche Sicherheit bietet. Gehen Sie

Weitere Kostenlose Bücher