34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Sie nicht so laut! Der Mann könnte es hören, und dann würde er es verraten. In diesem Fall würde es dann keine Rettung für uns geben.“
Wir gaben uns noch für ein kleines Weilchen den Anschein, als ob wir miteinander verhandelten, dann wendeten wir uns zu den andern zurück. Um die Lippen des Soldaten spielte ein triumphierendes Lächeln. Er war vollständig überzeugt, in unser tiefstes Geheimnis eingedrungen zu sein. Die Art und Weise, wie wir das ausgeführt hatten, hätte wohl auch einen Klügeren, als dieser war, zu täuschen vermocht. Unsere Unterhaltung hatte einen so natürlichen Anstrich gehabt, daß nur schwer auf eine beabsichtigte Täuschung zu schließen war.
„Ich bin mit diesem Señor einig geworden“, sagte ich zu dem Mann. „Er hat sich auch entschlossen, daß wir unterhandeln. Der Major soll uns sagen, wen er überhaupt gefangen nehmen will.“
„Alle natürlich, alle!“
„Oho! Es sind auch Männer bei uns, mit denen er gar nichts zu schaffen hat.“
„Das weiß ich nicht. Das ist seine Sache.“
„Und das Lösegeld will ich wissen.“
„Das wird's nicht geben, weil er die Gefangenen abzuliefern hat.“
„Das wollen wir doch sehen. Also sagen Sie dem Major, daß wir nur Señor Gomarra als Parlamentär haben wollen!“
„Wenn er nun nicht darauf eingeht, sondern einen andern schickt?“
„So behalten wir diesen als Gefangenen, als Geisel bei uns. Nur Señor Gomarra lassen wir wieder fort, weil er der Freund unseres Führers ist. Er weiß vielleicht schon, daß dieser sich hier befindet, nämlich Gomez, sein Anverwandter.“
„Er wird es wohl gleich bei seiner Ankunft erfahren haben. Soll ich auch noch anderes melden?“
„Ja. Gomarra soll allein kommen, ohne alle Begleitung.“
„Das versteht sich ganz von selbst.“
„Sagen Sie ferner, daß wir die vier Ausgänge der Kaktushecken, welche nach dem Rancho münden, besetzen werden, um jeden niederzuschießen, welcher sich zu uns wagt. Ich betrachte nämlich die Zeit zwischen jetzt und dem Ende unserer Verhandlung als die Zeit des Waffenstillstandes, während welcher jede Feindseligkeit zu unterbleiben hat. Sollte das nicht beobachtet werden, so würden wir den Unterhändler augenblicklich erschießen. Jetzt gehen Sie!“
„Gott sei Dank!“ rief er tief aufatmend. „Endlich, endlich!“
Als er verschwunden war, fragte der Oberst:
„Señor, Sie scheinen einen Rettungsplan zu haben?“
„Einen ganz vortrefflichen. Wir rücken aus, vielleicht noch während der Verhandlung.“
„Das ist doch nicht möglich!“
„Sogar sehr wahrscheinlich. Wenigstens beabsichtige ich es.“
„Zwischen Absicht und Ausführung pflegt ein bedeutender Weg zu sein.“
„Hier nicht.“
„So! Aber wohin?“
„Nach Nord.“
„Also nicht nach Süd! Sie sagten vorhin doch so?“
„Weil ich diesen Mann täuschen wollte. Man wird nun südwärts die meisten Leute stellen. Übrigens wäre es eine Dummheit, nach dieser Richtung zu fliehen, da wir ja nach Corrientes, also nach Norden wollen und es uns überhaupt versagt ist, zum Schiff zurückzukehren.“
„Ganz recht! Aber in welcher Weise?“
„Nun, durchbrechen.“
„Das kostet Blut!“
„Allerdings.“
„Ah, ich begreife Sie, Sie werden einen Scheinangriff nach Süd unternehmen, aber sich dann schnell nach Norden wenden?“
„Dieses letztere jedenfalls.“
„Also eine Finte! Sie denken, daß die nordwärts postierten Soldaten ihren Ort verlassen, wenn sie im Süden die Schüsse hören?“
„Wahrscheinlich. Wir können dann recht gemächlich fort. Wir gehen durch die Kaktushecken.“
Er war starr vor Erstaunen.
„Ah – so! Glauben Sie denn, daß dies gelingt?“
„Ja. Wenn der Major seine bisherigen Dispositionen nicht verändert, so muß es gelingen, und zwar sehr leicht.“
„Man wird auf uns schießen!“
„Das bezweifle ich. Man schießt nicht auf jemand, den man weder sieht noch hört.“
„Señor, Señor, stellen Sie sich die Sache nicht so leicht vor!“
„Das pflege ich nie zu tun. Ich male mir im Gegenteil alles schwer aus, um dann nicht enttäuscht zu werden. Hören Sie!“
Indem ich meine Ausführung mit den erklärenden Handbewegungen begleitete, fuhr ich fort:
„Die Besitzung bildet ein großes Viereck, welches aus wieder vier zusammengeschobenen Vierecken besteht, in deren Mittelpunkt, da, wo sie mit den Ecken zusammenstoßen, der Rancho liegt. Diese Vierecke sind durch vier gradlinige Wege voneinander getrennt, welche alle zum
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