34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
kann ich freilich nicht!‘ Seid froh, wenn wir Euch nicht zeigen, was wir können!“
Er setzte sich wieder nieder, und auch Gomarra nahm seinen Platz von neuem ein. Der letztere sucht den Eindruck, den die Stärke des Friesen auf ihn gemacht hatte, zu verwischen und sagte zu mir:
„Trotz alledem kann Euch die Stärke nichts helfen. Was nützt die Stärke eines Riesen gegen eine Kugel! Und Sie, Señor, sind wohl der Ungefährlichste von allen. Ich weiß gar nicht, mit welchem Recht man mir eine solche Beschreibung von Ihnen gemacht hat!“
„So! Hat man das?“
„Ja. Nach dem, was ich von Ihnen hörte, hätte man sich bereits schon vor Euerm Blick fürchten mögen. Und Scharfblick, Scharfsinn sollten Sie haben, einem jeden die Gedanken sofort aus dem Kopf zu lesen! Aber Sie sind nicht der Mann, mit uns zu kämpfen! Ihnen fällt es gar nicht ein, Ihr Leben an eine Kugel zu wagen. Sie werden sich uns ergeben.“
„Natürlich! Aber ich möchte doch gern günstige Bedingungen haben.“
„Für sich selbst haben Sie solche nicht zu erwarten.“
„Aber für meine Gefährten?“
„Vielleicht.“
„Nun gut, so will ich Ihnen meine Vorschläge machen. Ich hoffe trotz alledem, auch noch eine bessere Beurteilung meiner Person selbst zu finden. Ich verlange also, daß mein Führer und seine Mutter freigegeben werden. Wir dagegen geben uns gefangen –“
„Gut.“
„Wollen auch unsere Waffen abliefern –“
„Das ist unumgänglich nötig.“
„Aber alles andere, unser Geld zum Beispiel, behalten wir.“
„Was noch?“ fragte er höhnisch.
„Auch die Pferde. Wir brauchen sie natürlich zum Reiten.“
„Pferde? Sie haben doch nur eins!“
„So wissen Sie nicht, daß wir unsere Pferde auf dem Dampfer haben. Wir müssen ja ihrethalben dorthin zurück. Wir nahmen nur das eine für die Mutter unseres Führers mit, weil dieselbe krank geworden war.“
„Ah so! Also gut, die Pferde holen wir. Was noch?“
„Wir werden nicht gefesselt. Sie nehmen uns in die Mitte, so daß wir nicht fliehen können.“
„Sind Sie nun fertig?“
„Ja. In genau einer halben Stunde erwarte ich Ihre Antwort, weder eher noch später, sonst schießen wir. Ich werde sogleich die Gänge besetzen lassen.“
Ich gab den Yerbateros einen Wink. Sie und der Steuermann mit dem Kapitän gingen sofort, um sich zu je Zweien mit den Gewehren an den betreffenden Punkten aufzustellen. Gomarra blieb stehen, bis das geschehen war, nickte ernst vor sich hin, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte:
„Señor, besser wäre es, Ihr könntet die Sache mit dem Major abmachen, der euch allen gleich Bescheid zu sagen vermag.“
„Auf welche Weise ist das möglich?“
„Sie kommen mit zu ihm.“
„Danke! Das ist denn doch zu viel von mir verlangt!“
„Sie kommen als Unterhändler und sind also unverletzlich!“
„Ich kenne das! Man hat mir nicht nur einmal das Wort gebrochen!“
„Nun gut, so mag der Major zu Ihnen kommen!“
„Das kann er ohne Sorge. Bei uns hat niemand einen Wortbruch zu befürchten.“
„Geben Sie mir Ihr Ehrenwort, daß der Major als Parlamentär von Ihnen betrachtet wird und, sobald es ihm beliebt, zu uns zurückkehren kann?“
„Ja.“
„Der Herr Oberst auch?“
„Ich auch“, antwortete der Gefragte.
„So werde ich es ihm sagen.“
„Schön!“ stimmte ich bei. „Aber nun sind wir auch nicht gewillt, einen andern zu empfangen. Entweder den Major oder keinen. Verstanden? Wir wollen sogleich sicheren Bescheid haben. Und damit Sie dem Major alles hier Gesehene und hier Gehörte gehörig mitteilen können, wollen wir Ihnen eine volle Stunde Zeit lassen. Auf jeden, der vorher oder nachher kommt, wird geschossen. Sollte aber ein Angriff unternommen werden, so erschießen wir den Ranchero mit seiner Familie.“
„So sind wir nun fertig.“
Er kreuzte die beiden Arme über seine Brust, sah mich dann mit einem ganz eigenartigen Blick an und sagte:
„Señor, ich kann nicht anders, wirklich nicht. Sie haben aber das Pulver nicht erfunden. Das muß ich Ihnen unbedingt noch sagen, bevor ich gehe. Man hat mich wirklich über Sie belogen. Sie locken keinen Papagei vom Baum – wirklich nicht!“
Er lachte heiser vor sich hin, drehte sich um und entfernte sich. Ich blickte ihm nach, bis er nicht mehr in dem dunkeln Gang zu sehen war, dann sagte der Bruder:
„Schon oft habe ich Sie nicht begriffen und dann stets erfahren, daß das für mich Unbegreifliche eine Klugheit von Ihnen war. Jetzt
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