Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Decken große Fleischstücke hervor, welche sie, wie am Mittag, am Feuer brieten. Während des Essens ging es heiter her, dann aber wickelten sich die Leute in die Decken und legten sich nieder, um zu schlafen.
    Zwei taten dies nicht, nämlich der Häuptling und der Weiße. Sie saßen ein Stück abseits der andern, mit dem Rücken gegen einen Baum, der so nahe hinter ihnen stand, daß sie ihn beinahe mit den Händen erreichen konnten, und unterhielten sich.
    „Hinter diese beiden müssen wir kommen“, sagte ich. Wir huschten also nach der andern Seite hinüber und schlichen uns dann hinzu. Da ich die Sprache des Mbocovis nicht verstand, so ließ ich Pena voran und hielt mich nur bereit, ihm sofort beizuspringen, falls man ihn sehen sollte.
    Aber er machte seine Sache gar nicht übel. Als er den Baum erreicht hatte, legte er die Arme auf die Erde und seinen Kopf darauf, so daß das Gesicht nach unten lag und nicht gesehen werden konnte. Bei dem Schein des flackernden Feuers, dessen Schatten gespenstisch hin und wider huschten, hatte er das Aussehen einer Bodenerhöhung, und es gehörte mehr als ein gewöhnlicher scharfer Blick dazu, in ihm einen Menschen zu erkennen. So blieb er lange Zeit liegen, während ich geduldig wartete. Ich hörte die Stimmen der beiden Sprechenden und konnte nur dem Ton derselben entnehmen, ob sie sich von etwas Angenehmen oder Unangenehmen unterhielten. Sie sprachen jetzt nicht mehr so angeregt wie vorher, sondern schläfriger; sie machten Pausen. Darum blieb Pena so lange liegen, denn er wollte natürlich nicht eher wieder gehen, als bis er wußte, woran er war, als bis er erfahren hatte, welchen Zweck der Zug hatte.
    Endlich, nachdem er seine Stellung fast drei Viertelstunden eingenommen hatte, kam er zurückgekrochen und raunte mir zu:
    „Kommen Sie! Ich weiß zwar nicht alles, aber doch genug!“
    Wir schoben uns auf Händen und Füßen weit genug zurück, um nicht gesehen zu werden, und erhoben uns dann vom Boden, um nach der Stelle, an welcher wir uns vorher befunden hatten, zurückzukehren.
    „Nun“, sagte ich dort, „ich bin begierig, Ihren Bericht zu hören.“
    „Jetzt noch nicht. Nehmen Sie ihre Gewehre und Ihr Fleisch auf, und folgen Sie mir! Wir dürfen nicht ruhen, sondern müssen sofort aufbrechen, um einen Weißen, der vielleicht gar ein Europäer ist, zu retten!“
    Das war genug für mich. Ich schritt hinter ihm drein, ohne ihn weiter zu fragen. Er ging in einem Bogen um das Lager herum bis an den Rand des Waldes und dann immer weiter, diesem letzteren entlang. Dabei hütete er sich, hinaus in die Grasprärie zu treten, wo wir eine sichtbare Spur zurückgelassen hätten, sondern er ging stets unter den ersten Bäumen hin, wo die Bodenvegetation niedriger war und die von unsern Füßen niedergetretenen Stellen sich bis morgen früh jedenfalls wieder aufgerichtet hatten. Freilich ging es in der Dunkelheit nicht so schnell, wie wir gewünscht hätten, aber in den anderthalb Stunden, die es in dieser Weise fortging, hatten wir doch gewiß eine gute Wegstunde zurückgelegt. Dann gelangten wir an eine Lücke, welche unseren Weg rechtwinkelig berührte, und wir lenkten in dieselbe ein, um ihr zu folgen.
    „Jetzt dürfen wir sprechen“, sagte er. „Die Roten werden gleich von dort, wo sie liegen, durch den Wald gehen. Ich aber bin bis hierher gegangen, um ihn von hier aus zu passieren, damit sie nicht etwa morgen unsere Fährte sehen.“
    „Wußten Sie denn, daß diese Lücke sich hier befindet?“
    „Nein, ich erfuhr es von dem Weißen. Er stellte es dem ‚Giftigen‘, dem Häuptling anheim, einen der beiden Wege, welche er beschrieb, zu wählen, und dieser entschied sich für den ihm nächstgelegenen. Darum nahm ich den andern, also diesen hier.“
    „Haben Sie nicht vielleicht eine Bemerkung gehört, aus welcher sich erraten läßt, wer dieser Weiße ist?“
    „Leider nicht.“
    „Der Häuptling muß ihn aber doch wohl genannt haben!“
    „Allerdings, aber er bediente sich eines so eigenartigen Wortes, daß ich gar nicht glauben kann, es sei der Name des Weißen. Wenigstens habe ich noch keinen Menschen gekannt, der so geheißen hat.“
    „Wie denn?“
    „El Yerno.“
    „Das ist freilich ein sonderbarer Name, denn Yerno heißt doch Schwiegersohn.“
    „Allerdings. Jedenfalls lautet der eigentliche Name dieses Mannes anders, und er wird nur von den Rothäuten so genannt. Diese pflegen die Menschen lieber nach einer ihnen in die Augen fallenden oder sonst

Weitere Kostenlose Bücher