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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind, in welchem sie übernachtet haben.“
    Der Sand war tief; wir versanken bis über die Knöchel in demselben. Aber obgleich wir über drei Stunden lang durch diese Wüste zu waten hatten, fiel es keinem von uns ein, an Müdigkeit zu denken. Dann kam wieder Gras, diesmal kurzes, welches uns größere Schnelligkeit erlaubte. Pena bewies, daß er ein guter Cascarillero war, denn ich beobachtete die Sterne und fand, daß er bis jetzt nicht im geringsten von der geraden Linie abgewichen sei. Ich machte ihm eine lobende Bemerkung darüber, und er antwortete in selbstgefälligem Ton:
    „Ja, ich muß Ihnen doch beweisen, daß ich wohl nicht ganz der Schulknabe bin, für den Sie mich ansehen werden. Jetzt aber halten wir uns wieder rechts, damit wir auf die richtige Linie kommen, was in anderthalb Stunden der Fall sein wird.“
    Als diese Zeit vergangen war, blieb er stehen und sagte:
    „Jetzt muß ich Ihnen etwas zumuten, was Sie mir nicht übelnehmen dürfen.“
    „Was ist's?“
    „Ziehen Sie ihre Stiefel aus!“
    „Ah, wir befinden uns auf der Marschlinie der Mbocovis?“
    „Ja. Sie werden unsere Spur deutlich sehen, denn es kommt bald wieder Sand. Bemerken sie die Eindrücke unseres Schuhwerks, so wissen sie, daß Weiße dagewesen sind. Ziehen wir es aber aus, so halten sie uns für Indianer.“
    „Ein guter Fährtenleser läßt sich dadurch nicht irre machen. Er weiß selbst bei Barfußtapfen diejenigen eines Weißen von denen eines Roten auf den ersten Blick zu unterscheiden.“
    „Das wäre viel! Fuß ist doch Fuß!“
    „O nein! Erstens setzt der Weiße beim Gehen seinen Fuß aus-, der Rote aber einwärts; das ist die Folge einer Verschiedenheit des Körperbaues, besonders der Beckengegend. Und sodann ist der Rote, eben weil er, wie hier in Südamerika, barfuß geht, oder, wie in Nordamerika leichte, absatzlose Mokassins trägt, fast ausnahmslos mit Plattfuß gesegnet, während der Weiße eine hohe Fußbeuge besitzt. Die Folge davon ist, daß der Barfußstapfen des Roten glatt gedrückt ist, während derjenige des Weißen in der Mitte eine Erhabenheit zeigt. Bei dem ersteren sind die Zehen weniger, weil er mit dem ganzen Fuß auftritt, bei dem letzteren aber mehr eingedrückt, weil er mit Ferse, Zehen und nur dem auswärts liegenden Rand des Fußes schreitet.“
    „Wenn Sie es in dieser Weise erklären, so leuchtet es mir freilich ein. Um die Roten irre zu machen, müssen wir also mit einwärts gerichteten Füßen laufen und die Füße platt aufsetzen.“
    „Ich glaube nicht, daß die Mbocovis so scharfsinnig sind, auch hierauf zu achten. Sie werden unsere Spur nur daraufhin ansprechen, ob sie barfuß ist oder nicht, und damit basta.“
    Wir hatten die Stiefel ausgezogen. Ich hing mir die meinigen auf den Rücken und dachte nun endlich auch an den Coatibraten, den wir ganz vergessen hatten. Wir speisten köstlich im Gehen und kümmerten uns nicht darum, daß wir wieder eine Sandhöhe zu durchqueren hatten. Diese war viel breiter als die vorige, und der Morgen begann zu dämmern, als wir sie hinter uns bekamen und eine Gegend erreichten, welche aus lehmigem Boden bestand, der allerlei Kräuter und kurzes Strauchwerk trug. In den Ästen dieser Büsche hingen dürre Halme, Grasstengel und anderes Zeug, ein sicheres Zeichen, daß wir uns einem größeren Gewässer näherten, welches zur Regenzeit seine niedrigen Ufer überschwemmte und später beim Zurücktreten diese Hochwasserzeichen an den Sträuchern hängen ließ. Dann trafen wir bald auf Bäume, die ich nicht kannte, auch noch nicht gesehen hatte.
    „Das sind die Carapas, von denen die Lagune ihren Namen hat“, erklärte Pena. „Ich denke, daß wir nun bald das Wasser erreichen werden.“
    „Wir brauchen uns nur dahin zu wenden, wo wir den üppigsten Pflanzenwuchs bemerken, und das ist geradeaus.“
    „Das denke ich auch. Aber nun wollen wir die Stiefel wieder anziehen; sie noch weiter zu tragen, hat keinen Zweck, und es ist auch nicht notwendig, daß die Roten hier uns mit nackten Füßen sehen.“
    „Die Roten – das bringt mich auf eine Frage, auf welche ich schon längst hätte kommen sollen. Können Sie sich mit den Tobas-Indianern verständigen?“
    „Sie etwa?“
    „Keine Spur! Ihre Sprache ist mir gerade so unbekannt wie das Innere des Mondes.“
    „So bin ich Ihnen doch einmal überlegen. Ich spreche diese Mundart noch besser als diejenige der Mbocovis.“
    „So bin ich beruhigt. Wir müssen jeden Augenblick erwarten, Tobas zu

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