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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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licht.
    „Aber Freund, das sagen Sie erst jetzt?“ rief ich aus. „Dieser Suegro ist am Paraná gewesen und kommt jetzt zurück. Auf wen paßt das wohl? Wen meinen Sie?“
    „Wen ich meine? Zum Henker, ich meine eben gar niemanden! Wen soll ich denn eigentlich meinen?“
    „Dieser Suegro ist vielleicht noch weiter gewesen, aus dem Paraná in ein kleines Nebenflüßchen gefahren und dann kurz vor uns wieder zurück!“
    Er blieb stehen. Ich sah trotz der Dunkelheit, daß er mich groß anstarrte, und erst nach einer Weile stieß er hervor:
    „Teufel! Zielen Sie etwa auf Geronimo Sabuco, den Sendador?“
    „Natürlich.“
    „Das wäre kühn! Sie denken jetzt, ebenso wie ich, natürlich stets an diesen Kerl, und folglich denken Sie auch in diesem Augenblick an ihn und bringen ihn mit diesem Schwiegersohn, dessen Schwiegervater er gar nicht ist, in Verbindung!“
    „Meine Vermutung ist nicht so grundlos, wie Sie meinen! Wissen wir nicht, daß der Sendador einen geheimen Aufenthalt hier im Chaco hat und daß er Indianer als Verbündete besitzt?“
    „Allerdings.“
    „Daß er, der berühmte Anden- und Pampasführer, Leute über das Gebirge gebracht hat, die niemals wieder gesehen worden sind?“
    „Auch das ist richtig.“
    „Daß wir ihn infolgedessen in Verdacht gehabt haben und noch haben, daß er diejenigen, die sich ihm anvertrauen, falls er dabei einen Gewinn ersieht, nicht durch die Pampa und über die Alpen, sondern irreführt?“
    „Wetter noch einmal! Sie steigen mir da ganz gehörig auf das Leder!“
    „Ferner, hat nicht der Schwiegersohn gesagt, daß sein Schwiegervater sich am Paraná wohl nach fremden Reisenden umgesehen haben werde?“
    „Das waren allerdings seine Worte.“
    „Und daß es dann wieder gute Geschäfte geben werde?“
    „Caracho! Es wird hell in mir! Señor, ich habe wirklich wunder gedacht, was für ein Kerl ich bin; aber mich dahinein zu denken, dazu habe ich mir die Zeit gar nicht genommen; das habe ich gar nicht für nötig gehalten!“
    „Ja, so ist es. Ich fragte Sie nach Nebensachen, und Sie besannen sich nicht einmal auf solche; jetzt aber stellt es sich heraus, daß dieses scheinbar Nebensächliche und Unwichtige gerade die Hauptsache ist!“
    „So meinen Sie wirklich, daß der Sendador der Schwiegervater dieses Schwiegersohnes ist?“
    „Ja. Es steht bei mir als Gewißheit da.“
    „Man hat doch nie gehört, daß er eine Tochter hat!“
    „Wer spricht von Töchtern und Mädchen! Und nun erklärt es sich sehr leicht, daß der Weiße, welcher sich heute bei den Mbocovis befindet, von diesen nur El Yerno genannt wird. Der Sendador ist für sie der wichtigste Mann, den sie kennen; darum bezeichnen sie andere nach dem Verhältnis, in welchem sie zu diesem stehen. Er hat, wenn er von seinem Schwiegersohn mit ihnen sprach, diesen jedenfalls stets nur ‚mein Yerno‘ genannt, und nun bezeichnen sie denselben eben ausschließlich nur mit diesem Wort.“
    „Es leuchtet mir immer mehr ein, daß Sie recht haben!“
    „Und mir leuchtet immer mehr ein, daß ich ganz richtig sprach, als ich sagte, daß noch nicht alles verloren sei. Die Mbocovis wollen die Tobas überfallen, um den alten Desierto zu bekommen; wir aber drehen den Spieß um, indem wir sie überrumpeln, um den Sendador zu fangen!“
    „Und nun wollen wir laufen, daß wir vorwärts kommen!“
    „Ja. Ich war teufelmäßig müde; jetzt aber spüre ich nichts mehr davon. Mit Anbruch des Tages müssen wir an der Laguna de Carapa sein.“
    Wir schritten trotz der Dunkelheit aus, als ob wir wochenlang ausgeruht hätten. Es ist erstaunlich, welche Macht der Geist über den schwachen, müden, ja erfahrungsgemäß sogar über den wirklich kranken Körper hat! Meine vorher so steifen Beine waren plötzlich ganz gelenkig und die hohen Stiefel, welche mir zentnerschwer an den Füßen gehangen hatten, waren federleicht geworden.
    So ging es durch die Lichtung, welche sich bald verengte und bald verbreiterte, durch den Wald, bis dieser von Baumeshöhe zu niederem Buschwerk niederstieg und sich dann in einzelne Sträucher auflöste, welche nach und nach verschwanden und einem sterilen Sand die Herrschaft überließen.
    „Nun müßten wir uns eigentlich mehr rechts halten“, sagte Pena, „aber ich gehe nicht einmal geradeaus, sondern nach links hinüber, damit die Roten morgen früh ja nicht auf unsere Spur geraten, wenigstens so lange nicht, als sie aus derselben erraten können, daß wir aus demselben Wald gekommen

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