35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
überwältigt.“
„Aber wie wollen Sie sie denn auf den Gedanken bringen, gerade nach der Insel zu fahren?“
„Ich sage ihnen, daß Sie sich drüben befinden. Sie haben doch gehört, daß es zumeist auf Ihre Person und Ihren Besitz abgesehen ist.“
„So! Daß ich drüben bin? Und das wollen Sie ihnen sagen? Sie haben also die Absicht, mit ihnen zu sprechen?“
„Wie Sie hören! Wir haben doch eingesehen, daß es keinen Kampf geben kann, der nicht uns selbst auch Opfer bringt. Um diese zu vermeiden und um den ‚Schwiegersohn‘ in unsere Hände zu bekommen, müssen wir zur List greifen, die einzig und allein darin besteht, daß wir die Feinde zu trennen suchen, um sie einzeln festnehmen zu können, und daß wir jeden Kampf mit ihnen vermeiden. Überfallen sie das Dorf, so können sie beisammen bleiben, und es wird unbedingt zum Kampf kommen. Müssen sie aber auf die Insel, so können sie nur einzeln oder vielmehr in kleinen Gruppen hinüber. Begreifen Sie mich?“
„Ja doch! Aber wie wollen Sie ihnen das mit der Insel plausibel machen?“
„Ich sage ihnen, daß Sie alle sich auf diese Eilande begeben haben.“
„Was können wir für einen Grund dazu haben?“
„Sie sollen überfallen werden und zwar von den Chiriguanos.“
„Ah, gegen welche meine Leute jetzt gezogen sind! Aber ich kann Ihren Plan doch nicht durchschauen.“
„Er ist sehr durchsichtig, weil einfach. Hören Sie! Pena und ich sind Cascarilleros. Wir sind zu Ihnen gekommen und haben uns mit Ihnen verfeindet. Sie haben uns festgenommen, um uns zu züchtigen. Dabei sind wir von ihren Tobas vollständig ausgeraubt worden.“
„Warum denn das?“
„Weil wir, um Glauben und Vertrauen zu finden, so tun müssen, als ob wir Ihre Feinde seien und einen großen Haß auf Sie geworfen hätten.“
„Ah so! Weiter.“
„Sie haben uns hier eingesperrt und außerordentlich schlecht behandelt. Inzwischen sind Ihre Leute gegen die Chiriguanos gezogen, von diesen aber geschlagen worden. Ein Bote ist heute gekommen und hat Ihnen das gesagt. Er hat Ihnen auch gemeldet, daß die Chiriguanos nun ihrerseits kommen, um Sie zu überfallen und sich zu rächen. Um sich zu retten, haben Sie mit sämtlichen Bewohnern das Dorf verlassen und sich auf die Insel geflüchtet. Verstehen Sie nun bald?“
„Jawohl! Sie wollen die Mbocovis nach der Insel locken und müssen ihnen also die Geschichte erzählen.“
„Das wird nicht nur erzählt, sondern auch getan!“
„Warum?“
„Erstens können die Männer auf den Gedanken kommen, sich zu überzeugen, ob die Geschichte wahr ist, und zweitens wird der ‚Schwiegersohn‘ sich gewiß herbeischleichen, um zu rekognoszieren. Er muß sehen, daß Sie nach den Inseln hinüberziehen!“
„Hm! Viel Arbeit!“
„Das müssen Sie mit in den Kauf nehmen. Bei diesem Umzug und da Sie nicht wissen, wie die Sache ablaufen kann, sind wir beide, Ihre Gefangenen, Ihnen im Weg. Darum geben Sie uns die Freiheit, behalten aber alles, was Sie uns abgenommen haben. Sie lassen uns sogar durch einige Ihrer Leute aus dem Dorf und eine Strecke fortbringen. Es schadet gar nichts, wenn uns einer dabei einen Hieb versetzt. Wir armen, ausgeraubten Teufel wandern nun mißmutig und voller Wut auf Sie fort und treffen dabei auf die Mbocovis.“
„Alle Wetter! Jetzt begreife ich Sie!“ rief der Alte. „Der Plan ist kostbar. Sie wollen sich den Leuten anschließen und ihnen helfen, sich an mir zu rächen?“
„So ist es. Der kleine Kahn, welcher uns vorhin getragen hat, muß hier am Ufer liegen. Er faßt im höchsten Fall sechs Personen. Die Mbocovis müssen also zehn- bis zwölfmal hinüber und herüber. So oft ein Trupp kommt, nehmen Sie ihn in Empfang.“
„Aber wenn sie schreien, so ist die Sache verraten!“
„Wenn sie schreien, so sind Sie schuld dran. Sie müssen sie eben gleich so fassen, daß keiner schreien kann.“
„So wie Sie mich bei der Gurgel nahmen, nicht wahr! Das kann zehnmal gelingen und beim elften Mal doch nicht. Oder es kommen sechs; fünf von ihnen fassen wir richtig; der Sechste aber bekommt Luft und ruft um Hilfe.“
„Hm! Wenn ich dabei sein könnte! Das aber geht nicht. Wie wäre es denn – hm, ja, wenn Sie sich dazu hergeben könnten!“
„Wozu?“
„Die Kirche ist das einzige Gebäude auf der Insel; sie ist nicht verschlossen. Wenn wir die Mbocovis da hinein lockten!“
„In das Gotteshaus!“
„Warum nicht? Ich halte das für keine Sünde. Denken Sie, wozu im Krieg die Kirchen
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