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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erscheinen.“
    „Aber unsere Waffen nehmen wir mit!“
    „Nein. Wir haben unsere Fäuste, und gilt es, so genügt ein Griff, um uns in den Besitz von Messern und anderen Waffen zu bringen. Droht uns Gefahr, so ist es natürlich das erste, dem nächststehenden Roten seinen Kneif, seine Pfeile oder was er sonst hat, zu entreißen.“
    „Ist diese Maßregel partout notwendig?“
    „Ja. Wenn die Tobas uns feindlich behandeln und uns alles nehmen, so werden sie uns doch nicht gerade im Besitz dessen lassen, was für sie den größten Wert besitzt und, wenn sie es uns lassen, ihnen gefährlich werden könnte, nämlich unsere Waffen.“
    „Sie haben recht. Wir wagen viel; aber ich denke, daß es gelingen wird.“
    Jetzt sahen wir Leute am Ufer erscheinen, welche die Boote losmachten, um ihre Habseligkeiten nach den Inseln zu schaffen. Weiter oben lag ein Floß, welches als Fähre für die Tiere diente. Auch dieses wurde in Gebrauch genommen. Es entwickelte sich zwischen dem Ufer und den Eilanden ein sehr reges und bewegtes Leben, welches selbst in größerer Ferne zu sehen war und auffallen mußte. Wir verließen die Insel. Als wir landeten und aus dem Boot stiegen, sagte ich zu dem Alten:
    „Nun öffnen Sie die Schleuse!“
    „Wie? Ich soll das Wasser in den Graben laufen lassen? Sie sagten doch, daß dies Verdacht erregen würde!“
    „Den erregt es nur in dem Fall, daß die Mbocovis diese Maßregel auf sich beziehen. Haben sie aber erfahren, daß Sie von den Chiriguanos überfallen werden sollen und vor diesen auf die Inseln geflüchtet sind, so werden sie es als ganz selbstverständlich nehmen, daß Sie Ihre verlassenen Wohnungen durch einen Wasserring vor der Zerstörung schützen wollen.“
    Die Schleuse wurde aufgezogen, und das Wasser ergoß sich in einem breiten, starken Strahl in den Graben, so daß ich annahm, daß der Ringgraben sich zwar nicht binnen einigen Stunden, aber doch bis zum Abend gefüllt haben werde. Nun galt es, den Umzug zu beaufsichtigen, und noch manches andere Nötige zu tun. Unser Plan wurde noch viel ausführlicher durchsprochen, als es bisher möglich gewesen war, wo es sich bloß um die Hauptzüge desselben gehandelt hatte. Alle möglichen Bedenken und Störungen wurden erwogen, um Beschluß zu fassen, was in den einzelnen, unvorhergesehenen Fällen getan werden sollte. Und dann erhielten die mithandelnden Indianer ihre genauen Instruktionen.
    Darüber war die Zeit des Mittags und auch ein ziemlicher Teil des Nachmittags vergangen, und wir, Pena und ich, mußten nun an den Aufbruch denken.
    Der Alte besaß einen Vorrat von Stoff zu Anzügen für seine Leute, auch fertig gemachte Stücke, und bot uns diese zur Auswahl an. Ich durfte aber nicht darauf eingehen, da es unserm Zweck nicht entsprochen hätte, neue Sachen zu tragen. Darum wurden zwei alte Hosen und indianische Hemden herbeigeschafft, und wir begaben uns nach dem Felsen, um uns in der Wohnung des Desierto umzuziehen und dort unsere Waffen aufzubewahren, da sie dort jedenfalls am sichersten lagen.
    Als wir dann noch einmal in den Garten gingen, sahen wir wirklich aus wie zwei Menschen, welche der Gefangenschaft entronnen sind. Ich blickte durch eine Maueröffnung hinab zum See und rechts hinüber nach der Uferseite der Richtung, aus welcher wir nach der Lagune gekommen waren. Der Alte stand bei uns und erklärte uns den Weg, welchen wir einschlagen mußten, um nach dem Versteck der Mbocovis zu gelangen.
    „Jammerschade, daß ich um mein Fernrohr gekommen bin!“ sagte ich. „Es würde mir jetzt gute Dienste leisten. Vielleicht könnte ich durch das Rohr den Schwiegersohn entdecken.“
    „So kann Ihnen geholfen werden, denn ich habe ein Perspektiv.“
    „Wirklich? Das ist vortrefflich! Holen Sie es!“
    Er holte mir das Rohr, welches größer und besser als das meinige war, und ich richtete es nach dem Ufer der Lagune. Ich suchte dasselbe einige Male sehr sorgfältig ab, ohne etwas anderes als einige Vögel zu sehen.
    „Sie irren“, meinte der Alte. „Der Yerno ist nicht da. Er wird sich hüten, am Tag nach der Lagune zu kommen, wo er so leicht entdeckt werden kann.“
    „Und doch möchte ich darauf wetten, daß er da ist oder daß er dagewesen ist oder auch noch kommt!“
    „Geben Sie sich weiter keine Mühe! Es ist vergeblich!“
    Ich war auch davon überzeugt und setzte das Rohr ab. Pena nahm es mir aus der Hand und meinte:
    „Lassen Sie sehen, ob ich ihn vielleicht erwische! Ich habe zwar kein Geschick dazu,

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