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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Trupps, welche übrigens nur aus wenigen Mann bestehen können, zu gleicher Zeit am Versammlungsort eintreffen. Aus den fernliegenden Garnisonen rückt man eher, aus den näherliegenden aber später aus.“
    „Hm! Du triffst immer das Richtige und hast jedenfalls auch diesmal recht. Also brauchen wir noch keine Sorge zu haben.“
    „O doch! Wir haben bisher nur von den Soldaten gesprochen. Die fürchte ich am wenigsten. Unter einer Garnison verstehe ich etwas ganz anderes, als was man am Rio Salado darunter versteht. Du hast da Orte, deren Besatzung nicht zehn, ja oft nur fünf Köpfe zählt. Wir haben wohl kaum dreißig Mann zu erwarten, und mit diesen werden wir auf alle Fälle leicht fertig. Ich denke aber auch an die Indianer. Wer gibt uns die Gewißheit, daß diese nicht schon am Palmensee versammelt sind? Ich bin überzeugt, daß sie die Weißen erwarten, um von ihnen die versprochenen Gewehre zu bekommen. Vielleicht gehen sie ihnen sogar entgegen, um ihnen die Last, welche Pulver und Blei, Messer, Beile und Flinten bilden, noch eher abzunehmen.“
    „Carlos, das ist wahr! Wir müssen gewärtig sein, heute und hier schon ihren Besuch zu empfangen.“
    „Wir müssen wenigstens mit dieser Möglichkeit rechnen. Daher habe ich unser Lager hier am nördlichen Ufer des Wassers aufgeschlagen, während das südliche, wie ich weiß, dazu viel geeigneter wäre. Auch dürfen wir heute abend keine Feuer anzünden; sie könnten uns verraten. Die Fische müssen schon jetzt am Tage gebacken werden, und zwar bei kleinen Feuern, welche keinen dichten Rauch erzeugen.“
    „Und doch dürfte alle diese Vorsicht vergeblich sein, denn ich meine, daß die Roten dennoch gerade hierherkommen würden.“
    „Warum?“
    „Sehr einfach darum, weil die Quellen sich auf dieser Seite befinden. Dem Trinkwasser geht doch jeder nach.“
    „Sehr wahr; aber ich habe vergessen zu sagen, daß drüben am anderen Ufer sich eine noch viel größere Quelle befindet. Der Ort hat seinen Namen zwar von dieser Zwillingsquelle, die jenseitige aber wird öfters aufgesucht, weil sie viel bequemer liegt und sich an ihren Ufern ein Grasplatz erstreckt, an welchem bedeutend mehr Menschen lagern können als hier.“
    „Zugegeben! Aber, Carlos, wir müssen alles überlegen. Hier auf unserer Seite befindet sich der Ort, an welchem die Waffen versteckt waren; also werden die Roten unbedingt hierherkommen.“
    „Nein. Die Weißen werden sich gehütet haben, ihnen vorher mitzuteilen, wo die Magazine zu suchen sind. Höchstens weiß der Häuptling davon. Und gerade damit das Versteck auch nicht durch Zufall entdeckt werde, steht zu erwarten, daß die Indianer gegebenenfalls von ihren jetzigen Verbündeten an das andere Ufer beordert worden sind.“
    „Da kann ich dir nicht unrecht geben. Doch was war das jetzt? Habt ihr es gehört?“
    Man hatte ein kurzes, scharfes, dreifaches Klingen gehört, und in demselben Moment war allen Anwesenden ein ganz eigentümliches Gefühl angekommen, einem leichten Schüttelfrost ähnlich, der nicht länger als eine Sekunde anhielt.
    „Die Aria“, antwortete der Vater Jaguar, indem er nach seinem Nacken griff und dabei versuchte, ob er den Hals drehen und den Kopf frei bewegen könne.
    „Die Aria“, stimmten die anderen bei. Auch sie machten dieselben Bewegungen mit der Hand nach dem Nacken, mit dem Hals und dem Kopf.
    Was ist Aria? Niemand vermag es genau zu sagen. Sie tritt meist folgendermaßen auf: Man sitzt bei einem Glas Wein oder bei einer Tasse Tee; die Flasche oder Kanne steht dabei. Da überkommt die Anwesenden jener kurze, gar nicht unangenehme Schüttelfrost; zugleich erklingen Flasche und Glas, Kanne und Tasse. Sieht man nach, so sind sie zerbrochen, ohne daß jemand sie angerührt hat. Tiere, welche vorher geschwitzt haben, werden für längere Zeit an den Gliedern steif, und auch Menschen können für mehrere Tage ein steifes Genick davontragen. Das ist die Aria, eine elektrische Erscheinung, wie manche Forscher und Reisende sagen. Wen sie trifft, der pflegt sich sofort zu überzeugen, ob er den Nacken noch zu bewegen vermag.
    Woher aber war hier der scharfe, kurze Klang gekommen? Man forschte danach. Don Parmesan hatte die Flaschen, in denen die Blutegel gesteckt hatten, nicht wieder abgegeben, sondern sie in seiner Satteltasche mit sich geführt. Der Sattel lag neben ihm, und als er die Tasche öffnete und nach den Flaschen griff, zeigte es sich, daß sie mitten entzweigebrochen waren. Das war

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