Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
überlassen. Hörst du? Ich will euch ganz befreien; ihr sollt nichts dazu tun. Waffen werdet ihr auch haben. Es gibt hier Lanzen, Bogen, Pfeile und Blasrohre genug.“
    Da nahm der Weiße zum erstenmal das Wort: „Was nützen mir Bogen und Pfeile! Ich möchte mein Gewehr, mein gutes Gewehr haben.“
    „Wo ist es?“
    „Der Häuptling dort hat es bei sich liegen. Er hat es mir abgenommen. Ich hole es mir.“
    „Ich kenne dich nicht und weiß nicht, ob du vorsichtig genug sein kannst. Ich werde es selbst holen.“
    Da meinte El Cráneo duro: „Du darfst diesen Señor nicht du nennen, denn er ist Offizier. Auch ist er im Leben der Wildnis erfahren, und ich versichere dich, daß er sehr wohl imstande ist, sich sein Gewehr selbst zu holen.“
    „Und die Patronen dazu“, ergänzte der Weiße, indem er mit den Zähnen knirschte. „Dieser Hund hat mir auch die Uhr und den Kompaß abgenommen. Er soll keinen Nutzen davon haben!“
    „Tun Sie, was Ihnen beliebt“, meinte der Inka; „nur wecken Sie niemand auf!“
    „Wird mir nicht einfallen! Ich habe es nur mit einem zu tun, und der wird länger schlafen, als er, da er sich niederlegte, für möglich gehalten hat. Er hat es gewagt, einen Offizier mit Füßen zu treten!“
    Der Inka steckte sein Messer wieder zu sich, stand auf und patrouillierte wieder hin und her. Nach einiger Zeit ging er von Feuer zu Feuer und überzeugte sich, daß alle schliefen. Auch zum Häuptling begab er sich. Dieser schnarchte. Er hatte das Gewehr nicht neben sich liegen, sondern zu sich in die Decke gewickelt.
    Darauf schritt der Inka wieder nach der anderen Seite, stellte sich an dem Rand der Lichtung auf und klatschte leise in die Hand. Infolge dieses Zeichens kamen sie herbeigekrochen, erst der ‚Harte Schädel‘, dann seine vier Cambas und endlich der Offizier. Der Inka deutete auf die in der Erde steckenden Spieße und sagte zu dem Weißen, als die Cambas sich beeilten, zu den Waffen zu gelangen: „Ihr Gewehr ist leider nicht zu erlangen. Der Häuptling hat dasselbe zu sich in die Ponchos gewickelt.“
    „Unsinn! Ich werde es mir nehmen, ohne ihn darum zu bitten.“
    Er eilte davon, ehe es möglich war, ihn zurückzuhalten. Ja, dieser Mann mußte, wie der Häuptling gesagt hatte, sich in der Wildnis bewegt haben! Er glitt unhörbar und doch blitzschnell über den Platz hinüber. Man sah, wie er sich auf den Häuptling warf und daß er eine Minute lang auf ihm liegen blieb. Kein Laut war zu hören.
    Dann erhob er sich wieder und steckte etwas ein. Hierauf kam er ebenso gewandt herüber, sein Gewehr in der Linken und ein bluttriefendes Messer in der Rechten.
    „Ich habe alles wieder, was er mir abgenommen hat!“ sagte er grimmig. „Die Büchse, das Messer, die Uhr, die Munition, alles, alles; dieser Mann tritt keinem Offizier wieder mit den Füßen gegen den Leib. Aber nun weiter! Wo geht es jetzt hin?“
    Der Inka schritt ihnen voran, unter die Bäume hinein bis zu Anton, welcher alles mit angesehen hatte. Der niedergeschmetterte Aripone hatte sich noch nicht geregt. Man ließ ihn natürlich liegen. Von hier aus wendete man sich den Weg zurück, den Hauka und Anton gekommen waren, bis man die Glocke der Madrina hörte. Da blieb der Inka stehen und sagte: „Wartet hier, bis ich den anderen Wächter unschädlich gemacht habe!“
    „Nicht du! Das ist meine Sache“, entgegnete der ‚Harte Schädel‘.
    „Nein, sondern die meinige!“ fiel der Offizier ein. „Diese Hunde wollten mich morgen im See ersäufen. Nun können sie die Leiche ihres Häuptlings hineinwerfen, und den Posten da bei den Pferden will ich ihnen auch noch liefern.“
    Hauka wollte das nicht gelten lassen; aber der grimmige Mensch war bei dem letzten Wort auch schon fort. Die anderen warteten und lauschten in die Nacht hinein. Es war nichts zu hören, aber nach höchstens zwei Minuten tauchte er wieder vor ihnen auf und berichtete: „Es ist gut; der Bursche hat kein Wort dazu gesagt. Nun wollen wir uns Pferde nehmen, für jeden eins.“
    „Nein“, antwortete der Inka. „Wir nehmen alle.“
    „Alle? Wie ist das zu machen?“
    „Es ist doch eine Madrina dabei, welcher sie folgen werden.“
    „Qué pensamiento! Das ist wahr! Dieser Knabe ist kein dummer Kerl; das können wir machen. Also jenseits des Sees lagert der Vater Jaguar? Werdet ihr ihn finden?“
    „Ja“, antwortete der Inka.
    „So steigst du auf die Madrina, um voranzureiten, und wir anderen treiben die ganze Herde hinterdrein.“
    Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher