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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein. Gegen Mittag, als mein Maultier sich erholt hatte, ritt ich weiter, nach der Barranca del Homicidio hinauf. Ich mochte ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt haben, als ich auf die Leiche stieß. Sie lag in einer Blutlache und machte mit dem skalpierten Schädel einen gräßlichen Eindruck. Ich untersuchte sie und war natürlich sofort der festen Überzeugung, daß der Mensch, den ich gesehen hatte, der Mörder sei.“
    „Wie war der Tote gekleidet?“
    „Ganz in Leder, so, wie jetzt du es bist und wie ich es bin.“
    „Das stimmt. Wir trugen stets solche Anzüge, weil leichtere im dichten Wald schnell zerreißen. Was hatte er sonst noch bei sich?“
    „Nichts, gar nichts. Er war vollständig ausgeraubt worden. Aber als ich, um ihn zu untersuchen, seinen Körper hin und her wendete, sah ich etwas blinken, was unter ihm im Blut gelegen hatte. Es war diese Opferschale, welche ich seitdem stets bei mir getragen habe.“
    „Nun eine Hauptsache: Was haben Sie mit der Leiche gemacht?“
    „Ich konnte sie nicht liegenlassen; sie wäre eine Beute der Raubtiere geworden. Ich schaffte sie in eine nahe Felsenspalte und verschloß dieselbe mit Steinen. Das Blut löschte ich mit Sand aus. Dann aber machte ich mich auf, um den Mörder zu verfolgen.“
    „Verfolgt haben Sie ihn, Señor? Schon wollte ich Ihnen den Vorwurf machen, dies unterlassen zu haben! Hatten Sie Glück dabei?“
    „Nein, wie du doch schon längst gemerkt haben mußt. Als ich den Mann sah, war es am frühen Vormittag. Zu Mittag ritt ich von der Salina fort, und mehrere Stunden später fand ich die Leiche. Ich konnte beim besten Willen und bei der größten Eile an diesem Tag nur bis zur Salina zurück und eine kurze Strecke weiterkommen. Ich sah die Spur des Reiters und folgte ihr, solange es noch Tageslicht gab; beim Mondschein aber war es unmöglich, die Fährte zu erkennen, denn es gab kein Gras, sondern nur Sand, Stein und Geröll. Als der Tag graute, ging es weiter. Ich brannte darauf, den Menschen einzuholen, mußte aber sehr bald einsehen, daß dies unmöglich war. Er hatte sich wohl gesagt, daß ich die Leiche finden würde, und war die ganze Nacht geritten, um einen möglichst großen Vorsprung zu bekommen. Dabei hatte er den Weg über felsiges Terrain genommen, um keine Spur zurückzulassen. Es gehörte meine ganze Übung und Aufmerksamkeit dazu, sie festzuhalten. Das erforderte aber Zeit. Hundertmal mußte ich absteigen, um das Gestein zu untersuchen, und zehnmal kehrte ich wieder um, weil ich eine falsche Richtung eingeschlagen hatte. Am Abend dieses Tages fand ich, daß noch kein halber Tagesritt hinter mir lag. Während der darauffolgenden Nacht mußten die spärlichen Spuren vollends unsichtbar werden. Ich sah ein, daß ich ihn nicht einholen könne, und gab also die Verfolgung, wenn auch im höchsten Grade ungern, auf.“
    „Schade, jammerschade, Señor! Was hätten Sie mit ihm gemacht, wenn Sie ihn erreicht hätten?“
    „Das wäre auf die Umstände angekommen. Die Todesstrafe wäre ihm aber auf keinen Fall erspart geblieben.“
    „Wären Sie mit ihm nach der Salina zurückgekommen, so hätten Sie mich dort gefunden, und wir hätten zu Gericht über ihn gesessen. Sie hatten alle Spuren der Tat verwischt, und so konnte ich nichts entdecken. Halten Sie es für möglich, die Spalte zu finden, in welcher Sie die Leiche begraben haben?“
    „Ja. Es ist, als ob ich sie jetzt ganz deutlich vor Augen hätte.“
    „Ich höre, Sie wollen hinauf und über das Gebirge. Welchen Weg schlagen Sie ein?“
    „Eigentlich wollte ich weiter nördlich; aber bei einem solchen Fall darf es auf einen kleinen Umweg nicht ankommen. Wenn ihr wollt, werde ich euch zu der Stelle führen.“
    „Natürlich wollen wir! Der Tote darf nicht in dieser Weise liegenbleiben; er muß nach der Art und den Gebräuchen seiner Ahnen bestattet werden.“
    „Du gibst zu, daß er ein Inka, ein Nachkomme der Herrscher war?“
    „Ja. Nun würde es die größte Undankbarkeit sein, es zu verschweigen.“
    „Und einen verborgenen Schatz hat er gehabt?“
    „Ja. Als sein Ahne mit dem meinigen und einigen Getreuen vor den Spaniern floh, gelang es ihnen, viele Kostbarkeiten mit sich zu nehmen. Diese wurden in der Barranca del Homicidio versteckt. Die Flüchtlinge und ihre Nachkommen lebten einsam in den Bergen, und zuweilen ging der Inka nach dem Versteck, um einiges Gold zu holen, welches verkauft wurde, weil sonst er und die Seinigen nicht genug zu leben gehabt

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