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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehalten wurden. Die Höhen, an denen man während der Nacht vorübergekommen war, blieben links liegen; die Gegend, durch welche man kam, konnte, obgleich man sich mitten im Chaco befand, als Campo bezeichnet werden. Sie waren eben und offen. Nur hie oder da wurde der weiche Rasen von einer sandigen Stelle unterbrochen, bis man am Nachmittag wüstes Land betrat, welches, wie der Häuptling sagte, erst am Palmensee ein Ende nahm.
    Der Vater Jaguar ritt heute hinter dem Zug. Er hatte Anciano und dem Inka einen Wink gegeben, sich zu ihm zu halten. Als sie dann zu seinen beiden Seiten ritten, sagte er zu ersterem: „Dein Mund wäre heute früh beinahe mitteilsamer geworden, als in deiner Absicht lag. Fast hättest du dein Geheimnis verraten.“
    „Du meinst, daß ich ein Geheimnis habe? Welches könnte das sein?“ fragte Anciano.
    „Ich kenne es nicht, aber ich errate es. Haukaropora ist nicht dein Sohn und auch nicht ein Enkel von dir.“
    „Wie kommen Sie auf diesen Gedanken, Señor? Sie haben ihn doch stets als meinen Enkel gekannt!“
    „Du hast ihn als solchen bezeichnet; ich aber ahnte längst, daß euer Verhältnis ein anderes sei. Du teiltest uns in deiner Aufregung mit, daß die Spange, von welcher der Leutnant sprach, nicht von Eisen, sondern aus purem Gold sei. Es gibt noch andere Gegenstände, welche aus Eisen zu sein scheinen und doch aus Gold gefertigt sind.“
    „Welche, Señor?“
    „Zum Beispiel der Streitkolben, den Hauka hier an seiner Seite trägt.“
    „Der soll aus Gold sein, Señor? Dann wären wir ja reiche Leute!“
    „Pah! Verstelle dich nicht! Ich bin dein Freund, und ihr wißt, daß ihr von mir nichts zu befürchten habt. Ich mag nicht aufdringlich erscheinen; aber wenn ihr euer Geheimnis wahren wollt, so müßt ihr vorsichtiger sein. Hauka hat gestern den feindlichen Indianer mit dem Streitkolben niedergeschlagen. Die Waffe muß auf etwas Hartes oder Scharfes oder Spitziges getroffen sein, wodurch der dunkle, harzige Überzug beschädigt wurde. Die kleine Stelle glänzt goldig gelb. Seht einmal nach!“
    Haukaropora nahm den Kolben zur Hand, betrachtete ihn und hing ihn dann errötend wieder an seine Stelle.
    „Nun?“ fragte der Vater Jaguar lächelnd. „Nicht wahr, er ist von Gold?“
    Keiner von beiden antwortete. Sie wollten nicht ja sagen, aber auch nicht den Freund belügen. Dieser fuhr fort: „Wißt ihr, wer ganz allein das Recht hatte, einen goldenen Streitkolben oder Humantschuay zu tragen? Ihr wißt es ebensogut wie ich; dennoch will ich es sagen: der Herrscher von Peru war es. Und dieser Streitkolben verrät mir, daß Hauka ein Abkömmling der Inkas ist.“
    „Señor, Sie irren!“ entfuhr es dem alten Anciano.
    „Ich irre mich nicht. Gib dir keine Mühe, mich zu täuschen! Das Geheimnis ist bei mir ebenso sicher wie in deiner eigenen Brust bewahrt. Überhaupt habt ihr ja gar nicht nötig, ein Geheimnis aus der Abstammung dieses jungen Mannes zu machen.“
    „O doch!“
    „Warum?“
    „Denken Sie an die Verfolgungen, welche wir erlitten haben!“
    „Ihr? Davon weiß ich nichts. Euren Vorfahren stellte man nach mit Feuer, Schwert und Gift; das ist wahr. Seitdem haben sich die Zeiten geändert, und kein Mensch wird euch eurer Abstammung wegen nach dem Leben trachten.“
    „Das denken wohl Sie; wir aber sind vom Gegenteil überzeugt.“
    „So hast du einen besonderen Grund zur Vorsicht und Verschwiegenheit. Der Umstand, daß Hauka ein Kind des Inka ist, bringt ihn in keine Gefahr; aber gefährlich könnte ihm etwas anderes werden.“
    „Was wäre das, Señor?“
    „Wenn ihr infolge seiner Abstammung gewisse Hoffnungen hegtet, welche niemals in Erfüllung gehen können.“
    „Nie? Wirklich nie?“
    „Niemals, sage ich euch! Ihr lebt in euren Erinnerungen und wißt nichts von der übrigen Welt, von dem Leben. Ihr träumt. Laßt diesen Traum einen Traum bleiben, da er nie zur Wirklichkeit werden kann! Das ist es, was ich euch sagen will. Weiter in euch zu dringen habe ich weder die Absicht noch das Recht. Ich wollte etwas anderes erfahren. Was ist es mit der Spange? Ich bin überzeugt, daß du richtig geraten hast, daß der Tote, dessen Skalp Antonio Perillo besitzt, dein Bekannter war. Wer ist dieser Mann gewesen?“
    Anciano zögerte zu antworten, darum fügte der Vater Jaguar hinzu: „Ich frage in einer bestimmten Absicht und nicht etwa aus müßiger Neugierde. Eine Antwort würde für dich wahrscheinlich von Vorteil sein.“
    „Wollte ich antworten, so

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