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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Oberschenkelknochens sehr einfach aus dem Pfannengelenk des Beckens nimmt?“
    „Oberschenkelknochen, Os femoris genannt? Und Becken, Pelvis geheißen? Ich verstehe Sie nicht, Señor. Warum soll denn dem unglücklichen Mann das Bein amputiert werden? Ist er verwundet? Hat er schon den Brand darin?“
    „Keineswegs. Das Bein ist kerngesund.“
    „Aber weshalb soll es ihm da abgeschnitten werden?“
    „Weshalb? Cielo! Welche Frage! Der Mann ist ja ganz munter und wohl; es fehlt ihm nichts, gar nichts. Ich denke überhaupt gar nicht an einen bestimmten Menschen, sondern ich setze nur den Fall, verstehen Sie wohl, den Fall, daß ich ein Bein abzunehmen hätte. Würden Sie mir die nötige Geschicklichkeit zutrauen?“
    „Ganz gern, ganz gern, Señor. Aber dennoch bin ich herzensfroh, daß Sie nur den Fall setzen. Ich glaubte schon, ich sollte Ihnen helfen und das Bein des Unglücklichen halten.“
    „Das ist gar nicht notwendig, denn ich bedarf keiner Hilfe. Ich verfahre mit solchem Geschick und solcher Schnelligkeit, daß der Patient gar nichts davon empfindet. Erst dann, wenn er geheilt das Lager verläßt, bemerkt er, daß er nur noch ein Bein hat. Und das tue ich nicht nur beim Bein, sondern bei allen Gliedern. Ich sage Ihnen, Señor, ich säble alles, alles herunter!“
    Er machte dabei so energische Armbewegungen, daß der Doktor erschrocken ausrief: „Mein Himmel! Ich bin gesund, vollständig gesund! Mir brauchen Sie nichts zu amputieren!“
    „Leider, leider! Es ist wirklich jammerschade, daß Sie nicht verwundet sind oder einen hübschen Knochenfraß haben. Sie würden sich königlich über die Kunst freuen, mit welcher ich Ihren Körper von dem betreffenden Glied befreie. Ich habe meine Werkzeuge stets bei mir. Was meinen Sie wohl zum Beispiel vom Heraussägen des Ellenbogengelenks? Haben Sie diese wunderbare Operation schon einmal gesehen?“
    „Nein. Und ich versichere Sie, daß sich meine beiden Ellenbogen in vollster Ordnung befinden.“
    „O, was das betrifft, so würde es gar nichts schaden, wenn sie durch Schüsse zerschmettert worden oder durch eine komplizierte und veraltete Verrenkung unbrauchbar geworden wären. Ich sägte sie Ihnen zu Ihrem eigenen Entzücken heraus, und dann könnten Sie sich Ihrer Arme ganz leidlich wieder bedienen.“
    „Das will ich nicht bezweifeln, Señor; aber dennoch ist es mir lieber, gar nicht in die Lage zu kommen, sie mir heraussägen lassen zu müssen.“
    „So sind Sie zwar ein gelehrter Mann, besitzen aber nicht den Mut, der Wissenschaft ein Opfer zu bringen. Und das ist jammerschade, denn ich säble wirklich alles, alles herunter.“
    „Ich bewundere Ihre Geschicklichkeit, Señor, habe aber leider keine Zeit, mich weiter über dieses interessante Thema zu verbreiten. Ich suche Pferde für meine Reise, und da ich hier keine passenden gefunden habe, so muß ich jetzt weiter, um – – –“
    „Machen Sie sich keine Sorge“, unterbrach ihn der Chirurg. „Ich stelle mich Ihnen zur Verfügung.“
    „Sie? Wissen Sie vielleicht, wo vier kräftige und ausdauernde Tiere zu haben sind?“
    „Ich weiß es nicht nur, sondern ich stehe selbst auch im Begriff, mir eins zu kaufen.“
    „Wo ist das?“
    „Auf einer Kleinen Estancia, welche eine halbe Stunde von der Stadt entfernt liegt.“
    „Wie kommt man da hinaus? Hier geht kein Mensch so weit zu Fuß.“
    „Wir borgen uns Pferde von dem Wirt, bei dem wir uns jetzt befinden. Diese kurze Strecke vermögen sie uns zu tragen. Er gibt uns einen Peon mit, welcher sie ihm zurückbringt.“
    „So lassen Sie uns aufbrechen, Señor!“
    „Bitte, das hat keine solche Eile. Wir können den Handel erst morgen früh machen. Ich habe mich erkundigt und da erfahren, daß der Estanciero verreist ist und erst heute abend wiederkommt.“
    „So muß ich mich nach einer anderen Stelle umsehen, denn ich habe keine Zeit zu verlieren.“
    „Warum? Die vorsündflutlichen Skelette laufen Ihnen doch nicht fort.“
    „Nein; aber ich will eine Gesellschaft von Männern einholen, welche nach der Laguna Porongos vorausgeritten sind.“
    Der Chirurg horchte auf und erkundigte sich dann: „Wer ist das? Meinen Sie etwa den Vater Jaguar mit seinen Leuten?“
    „Ja, den meine ich. Kennen Sie ihn vielleicht?“
    „So genau wie mich selbst. Ich gehöre ja zu ihm. Wir hatten uns hier zu versammeln; ich wurde aber droben in Puerto Antonio unvermutet aufgehalten, so daß ich zu spät kam. Sie sind schon fort. Ich könnte mir freilich

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