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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auch welche Ähnlichkeit! Ihr seid Schurken, seid Betrüger!“
    „Schurken! Und Betrüger? Wir?“ fragte Morgenstern. „Señor, wollen Sie uns gefälligst sagen, wie Sie zu einem Urteil gelangen, welches völlig unbegründet ist, inaniter würde der Lateiner sagen.“
    „Lassen Sie mich mit Ihrem Lateiner in Ruhe! Was werfen Sie überhaupt mit dem Latein um sich, da Sie, wie ich aus Ihrem Paß ersehe, ein Deutscher sind! Wie können Sie uns belügen und sich für den Obersten Glotino, den Schwager unseres Generals Mitre, ausgeben?“
    „Habe ich das?“ fuhr Morgenstern nun seinerseits scharf auf. „Wie können Sie es wagen, mich, einen deutschen Untertan, einen Lügner nennen? Haben Sie mich für irgendwen gehalten, so ist das Ihre, aber nicht meine Sache!“
    „Schweigen Sie! Wissen Sie, daß ich Sie sofort einsperren kann?“
    „Das können Sie; aber sich dann rechtfertigen, das können Sie nicht. Und ein Deutscher läßt sich nicht einsperren, ohne den Betreffenden dann zur Verantwortung ziehen zu lassen!“
    „Es sind Ihnen Honneurs erwiesen worden; ich habe Ihnen zu essen und zu trinken gegeben, und meine Soldaten haben sich mit den Gauchos herumgestritten, um Ihnen Pferde zu verschaffen. Und nun stellt es sich heraus, daß Sie ein Gringo (verächtliche Bezeichnung für Ausländer), ein deutscher Bücherwurm sind!“
    Morgenstern trat kräftiger auf, als von ihm zu erwarten gewesen war. Fritze hatte bis jetzt geschwiegen, nun aber antwortete auch er, und zwar nicht in höflichem Ton: „Mäßigen Sie sich, Señor, sonst können Sie in Erfahrung bringen, daß ein deutscher Gelehrter, den Sie Gringo und Bücherwurm schimpfen, kein so unbedeutender Mensch ist, wie Sie zu denken scheinen. Es läuft vielleicht mancher hier herum, mit dem zu tauschen uns gar nicht einfallen würde.“
    „Meinen Sie etwa mich?“ fragte der Kapitän scharf.
    „Wen ich meine, brauche ich nicht zu sagen. Wollen Sie meine Worte auf irgendwen beziehen, so habe ich gar nichts dagegen. Ich wundere mich über die Vorwürfe, welche Sie uns machen. Sie haben uns eingeladen, weil Sie uns verkannten; uns aber ist es nicht eingefallen, Sie zu täuschen. Was wir genossen haben, werden wir bezahlen. In Beziehung auf die uns erwiesenen Honneurs sind wir quitt, denn wir haben auch gegrüßt. Und was die Pferde betrifft, so können Sie dieselben ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückstellen, denn wir kaufen uns andere. Was kostet das Essen, und was kostet der Wein, dem man es anschmeckt, daß er kein echter Bordeaux ist, sondern aus einer hiesigen Fabrik stammt?“
    Er zog den Beutel, um zu bezahlen. Da aber fuhr der Kapitän zornig auf: „Was? Ich soll von einem Bedienten Geld annehmen? Bist du toll, Kerl!“
    Da trat Fritze einen Schritt auf ihn zu und drohte: „Kerl? Ich ein Kerl? Ich heiße Friedrich Kiesewetter und bin ein Preuße. Verstanden? Und wer mich du nennt, der macht mit mir Bruderschaft und wird von mir auch geduzt.“
    „Welch ein frecher Patron! Mensch, ich stecke dich unter meine Soldaten und werde dafür sorgen, daß dein Rücken für ein ganzes Jahr die schönste blaue Farbe annimmt!“
    „Versuche es! Ich bin ein Untertan des Königs von Preußen, dessen Arm gar wohl so weit reicht, dich zu fassen und zu bestrafen, wenn du es wagst, dich an mir zu vergreifen!“
    Diese Worte entflammten den Zorn des Offiziers auf das höchste. Er sagte sich zwar, daß er nicht wagen dürfe, seine Drohung auszuführen, wollte aber das Verhalten des Preußen nicht unbestraft lassen; darum eilte er zur Tür, hinter welcher die Ordonnanz stehen mußte, öffnete sie und rief hinaus: „Herein! Werft mir schnell diesen Menschen hinaus, bis vor das Tor, und greift so fest wie möglich zu! Je mehr blaue Flecke er bekommt, desto besser ist es.“
    Es standen auch noch diejenigen Soldaten draußen, welche die Pakete gebracht hatten. Sie waren durch die lauten Stimmen, welche sie gehört hatten, zurückgehalten worden und kamen schnell herein, um den Befehl auszuführen. Es war ein Gaudium für sie, einen Fremden hinauszuwerfen, und es kam bei ihnen gar nicht in Betracht, daß sie ihn noch vor wenigen Minuten für einen Offizier gehalten hatten.
    Fritze griff nach seinem Gewehr, um sich zu verteidigen, war aber klug genug, diese Absicht wieder aufzugeben. Er warf es am Riemen über den Rücken und sagte: „Rührt mich nicht an; ich gehe selbst! Kommen Sie, Señor Doktor!“
    Indem er diese Worte sprach, hob er das Bündel mit den

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