3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
ich es selber bis jetzt nicht kapiert, dass mein Körper mal mehr als nur eine Nacht Entspannung braucht, so zeigt er mir heute meine Grenzen und zwingt mich zur Ruhe. Ich schlafe bis zum Abend durch und beim Abendessen geht’s mir schon wieder besser.
Fazit des Tages: Man sollte rechtzeitig auf die Signale seines Körpers achten, bevor es zu spät ist!
Dienstag, 27. Mai, 15. Tag:
Rüeggisberg - Freiburg/Fribourg, 34 km
Gott sei Dank erhole ich mich bis zum nächsten Morgen so gut, dass ich mir zutraue, die über 30 km lange Etappe bis nach Freiburg, dem ersten Etappenziel in der französischsprachigen Schweiz, zu laufen. Das Wetter ist fantastisch und ich schaffe die Strecke in drei Teiletappen. Die dritte wird die längste und anstrengendste, aber auch die schönste.
Die letzten Kilo meter ab Tafers befolge ich den Tipp meines Wanderführers, komme freiwillig vom offiziellen Jakobsweg ab und wandere durch eine, nur bei gutem Wetter begehbare, wildromantische Schlucht, die mich direkt in die schöne Altstadt von Freiburg führt. Dieser Umweg ist zwar anstrengender, aber er lohnt sich! In Freiburg treffe ich Alexandra und Harald in der Jugendherberge wieder und verbringe mit ihnen unseren letzten gemeinsamen Abend, weil sich ab hier unsere Wege endgültig trennen werden.
Alexandra, übrigens die erste Pilgerin, die auch bis nach Santiago pilgern möchte, werde ich einige Wochen später zufällig noch einmal wiedersehen, Harald wird von Freiburg aus einen anderen Weg Richtung Rom einschlagen. In der Jugendherberge gönne ich mir mal den Luxus einer Übernachtung mit Halbpension. Das brauche ich jetzt mal.
Fazit des Tages: Adieu Röstigraben, Bienvenue en Suisse Romande!
Mittwoch, 28. Mai, 16. Tag:
Freiburg - Autigny, 20 km
Nach dem sehr anstrengenden Tag gestern habe ich mir heute mit 20 km eine kurze Etappe vorgenommen, also reicht es, wenn ich gegen Mittag loslaufe. Vormittags schaue ich mir, zusammen mit einer Schweizerin, die ich am Abend zuvor in der Jugendherberge kennengelernt habe und die mit dem Fahrrad unterwegs ist, die sehenswerte Freiburger Altstadt an. Als ich loslaufe, ist das Wetter mal wieder durchwachsen, aber angenehm, und die Etappe ist nicht sehr anstrengend.
Der Weg selbst ist zuerst ziemlich uninteressant und nicht wirklich schön, weil er durch die Vororte Freiburgs führt, wird aber , nachdem ich die Stadt hinter mir gelassen habe, wieder ganz nett. Am Abend erreiche ich den kleinen Ort Autigny. Dort nehme ich mir in der privaten Herberge von Marie Rose ein Zimmer und schnell wird mir klar, warum ihre Herberge von meinem Wanderführer so angepriesen wird. Bei Marie Rose erlebe ich Warmherzigkeit und Gastfreundschaft in absoluter Vollendung.
Ich bin mal wieder der einzige Pilger und kann in der oberen Etage zwischen drei verschiedenen gemütlichen Zimmern mit frisch bezogenen Betten wählen, von denen eins hübscher ist als das andere. Ein Zimmer mit wunderschönem Blick ins Grüne macht das Rennen. Außer der kompletten Etage habe ich auch das Badezimmer für mich alleine, das hinsichtlich seiner Ausstattung eine Sensation ist und bis zum Ende meiner Pilgerreise nicht mehr übertroffen werden soll:
H ier gibt es nicht nur eine Badewanne und eine Dusche, sondern es steht für Marie Roses Gäste auch alles zur Verfügung, von dem geschundene Pilgerkörper und Füße nur träumen können. Angefangen bei verschiedenen (!) Duschgels und Shampoos bis hin zu Fußpflegecremes, Blasenpflaster und so weiter - es bleibt kein Wunsch offen.
Nach der ausgiebigen Körperpflege begebe ich mich in Marie Roses Küche. Mittlerweile ist auch ihr Lebensgefährte Robert eingetroffen, der ebenso wie Marie Rose kein Englisch spricht. Da ich selbst leider nur ca. 20 Worte mehr Französisch spreche, als die beiden Deutsch, habe ich nun also, westlich des Röstigrabens, wie es in der französischen Schweiz heißt, zum ersten Mal Probleme mit meinem Französisch. In der internationalen Jugendherberge von Freiburg kam ich ja noch mit meinem Englisch weiter, aber hier eben nicht.
Trotzdem verständigen wir uns irgendwie mit Händen und Füßen und als ich zu verstehen g ebe, dass ich ins Dorf gehen wolle, um mir irgendetwas zu essen zu besorgen, bietet mir die unwahrscheinlich liebe Marie Rose an, für mich zu kochen. Da kann ich natürlich nicht Nein sagen und so wird’s ein feuchtfröhlicher Abend
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