3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
Messe in David, dem Priester, sofort meinen richtigen Ansprechpartner.
Mit meinen paar Worten Französisch erkläre ich ihm, dass ich Pilger bin und völlig unkompliziert und ohne weitere Fragen teilt mir David in fließendem Englisch mit, dass er im Haus nebenan wohne und ich gerne bei ihm und seiner Familie übernachten könne.
Vor der Kirche warte ich auf ihn , komme dabei mit einem Ehepaar ins Gespräch und sie bieten mir ebenfalls eine Übernachtungsmöglichkeit an. Da sie immerhin 5 (fast 6!) Kinder haben, würde aber leider kein Bett mehr zur Verfügung stehen, wofür sie sich schon fast entschuldigen!
Hätte ich Da vids Einladung nicht schon angenommen, wäre mir natürlich egal, ob ich ein Bett hätte oder nicht und als Fremder von einer so großen Familie mit kleinen Kindern in ihr Haus eingeladen zu werden, spricht schon für sich und hat sicher Seltenheitswert in unseren Breitengraden. Davids Familie ist sogar noch größer!
S eine Frau und er haben sechs Kinder und das siebte ist unterwegs! Ich scheine in einer mit vielen Kindern gesegneten Gemeinde gelandet zu sein. Trotzdem haben auch sie Platz für mich und andere Pilger. Im Keller ihres kleinen gemütlichen Hauses steht in Davids Arbeitszimmer ein Etagenbett.
Ich darf ihre Dusche benutzen und später gibt es im Kreise einer echten Großfamilie - einschließlich Davids Mutter, die auch im Haus wohnt, sind wir zu neunt am Tisch - Abendessen (es gibt Crepes mit Nutella!).
Spät er schau ich mir die kleine aber feine Altstadt von St. Prex an, fotografiere Fledermäuse, laufe barfuß durch nasses Gras und genieße zu schöner Live-Musik, die von einer Party zu kommen scheint, den Blick auf den Genfer See!
Fazit des Tages: Platz ist in der kleinsten Hütte!
Sonntag, 1. Juni, 20. Tag:
St. Prex - Nyon, 27 km
Viel Spektakuläres passiert heute nicht. Da ich wegen der anstrengenden und langen Etappe bis Lausanne ziemlich erschöpft war und deshalb gestern nur 17 Kilometer gelaufen bin, laufe ich heute wieder eine längere Etappe, weil ich morgen in Genf ankommen will und die letzte Schweizer Etappe sonst zu lang werden würde.
Nach einem tollen Frühstück bei der unglaublich netten XXL-Familie, pilgere ich gegen späten Vormittag los. Christina, Davids Frau , hat mich bei der katholischen Gemeinde in Nyon angekündigt, bei der ich auch kostenlos übernachten kann, und gibt mir die Telefonnummer des Priesters, bei dem ich mich nach meiner Ankunft melden soll. Ich bin echt dankbar, weil es immer teurer wird, je mehr ich mich Genf nähere. Als ich nach einem anstrengenden Tag in Nyon ankomme, bekomme ich von einem spanischen Pater eine Art Versammlungsraum in der Nähe der Kirche gezeigt, der der Gemeinde gehört.
Hier gibt es zwar keine Dusche und kein Bett, aber eine Toilette und fließendes Wasser und schlafen kann ich ja mit Schlafsack und Isomatte auf dem Boden. Den Blick auf die Hauptsehenswürdigkeit Nyons, dem schönen weißen Chateau, gibt’s gratis dazu. Einem geschenkten Gaul schaut man auch ungeduscht nicht ins Maul. Also wasch ich mich ausgiebig und begebe mich danach auf die Suche nach einem bezahlbaren Abendessen in einer mondänen Stadt direkt am Genfer See.
Hört sich fast aussichtslos an, aber ich finde dann doch noch einen Döner-Laden, wo ich für unverschämte 12,-- Franken (7,20 €!) einen läppischen Döner bekomme, was wohl das günstigste in diesem Ort zu sein scheint. Auch was die hohen Lebenshaltungskosten angeht, bin ich echt froh, bald in Frankreich zu sein.
Fazit des Tages: Der Countdown läuft…!
Montag, 2. Juni, 21. Tag:
Nyon - Genf, 31 km
Die scheinbar letzte Etappe in der Schweiz hat es noch mal ordentlich in sich. Das Wetter ist durchwachsen und wird gegen Nachmittag immer schlechter. Am Ende laufe ich mal wieder einige Stunden im Regen, und mir kommt es vor, als wollte irgendjemand sagen: “Schau mal, wie scheiße das Wetter ist, willst du nicht doch endlich aufgeben?” Von den drei Wochen die ich jetzt unterwegs bin, war das Wetter zwei Wochen durchwachsen bis schlecht, aber ich hab mich ja mittlerweile dran gewöhnt, also kann mich das Scheiß-Wetter mal kreuzweise.
Wird schon irgendwann Sommer werden! Ein paar schöne Steigungen erinnern mich auch heute nochmal daran, in welchem Land ich gerade unterwegs bin und die fast schon lächerlich pompösen Häuser erinnern mich daran, dass ich
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