365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni
früher nach Hause zu entlassen.
***
Hektisch suchte Federico die nötigen Sachen zusammen, die er in dem vorübergehenden Unterschlupf bei Andri, seinem Bruder, brauchen würde. In zwei Koffern verstaute er wahllos Kleidung, Toilettenartikel und andere Kleinigkeiten, dann machte er die Gepäckstücke energisch zu, wobei er sich immer wieder über die tränennassen Wangen strich, um diese zu trocknen.
Obwohl er immer gewusst hatte, dass der Tag der Trennung von Tarek kommen würde, war er jetzt doch völlig unvorbereitet. Der Schmerz war kaum zu ertragen, dennoch wusste Federico, dass es der richtige Schritt war, dem Russen die Entscheidung abzunehmen und selbst zu gehen. Das war er dem Mann, den er liebte, einfach für die schöne Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, schuldig.
Mit einem tiefen Seufzer hob er die beiden Koffer auf und schritt zur Wohnungstür, als diese gerade aufgestoßen wurde und ihn beinahe getroffen hätte. Vor ihm stand Tarek, der in wütend anfunkelte.
„Was – verdammt nochmal – hat das hier zu bedeuten?“, fragte der Russe mit unheilverkündender, leiser Stimme.
Federico konnte an Tareks pulsierender Halsschlagader erkennen, dass dieser sein hitziges Temperament kaum unter Kontrolle hatte, was ihn im Moment aber wenig beeindruckte. Er musste diesen Schritt gehen, weil Tarek diesen wahrscheinlich nicht von sich aus machen würde.
„Es wird Zeit zu gehen“, sagte Federico deshalb mit – so hoffte er zumindest – sicherer Stimme und reckte entschieden das Kinn.
„Aha“, antwortete Tarek, schlug die Tür krachend ins Schloss und baute sich mit verschränkten Armen in seiner ganzen imposanten Größe davor auf.
„Ja, aha. Würdest du mir jetzt vielleicht den Weg freimachen?“
„Nein.“
„Aha“, sagte nun auch Federico, weil ihm im Moment nichts Besseres einfiel.
„Ja, aha. Du kannst dich gleich wieder umdrehen und deine Sachen auspacken“, sagte Tarek mit bedeutend lauterer Stimme.
„Das werde ich nicht machen!“, rief Federico, ebenfalls ungehalten, aus. „Was tust du eigentlich schon hier? Um diese Zeit machst du doch für gewöhnlich noch gar nicht Feierabend.“
„Tja, für gewöhnlich nicht, aber wenn mein Partner im Begriff ist, Dummheiten zu machen, dann ist das durchaus angebracht, nicht wahr? Wenn Lukas mir nicht gesagt hätte, dass du früher gegangen bist, hättest du dich doch klammheimlich davongeschlichen.“
Mittlerweile hatte Tarek ihm die Koffer aus den Händen gerissen und in eine Ecke gepfeffert. Unsanft wurde er jetzt ins Wohnzimmer dirigiert und auf das Sofa geschubst.
„Also, was ist hier los und weshalb findest du es an der Zeit, mich zu verlassen?“, fragte Tarek, wobei er sich erneut vor Federico aufbaute und ihm so den Fluchtweg abschnitt.
Es hatte wohl keinen Sinn, sich an Tarek vorbei zu drängen, genauso wenig, wie sich der Diskussion zu entziehen. Wenn Fredericos Lebensgefährte – oder besser gesagt: Ex-Lebensgefährte – in dieser Stimmung war, dann sollte man ihn auf keinen Fall noch mehr reizen.
„Hör zu, Tarek, so hat das doch keinen Sinn mehr“, seufzte Federico und blickte traurig zu dem Russen hoch. „Wir wissen doch beide, dass du in letzter Zeit nicht mehr derselbe bist. Immer, wenn ich ins Zimmer komme, versuchst du etwas zu verbergen, sei das nun ein Telefonat, das du sofort beendest, oder ein Gespräch mit Vladek, das in meiner Gegenwart abrupt beendet wird. Ich weiss ja, dass du mich immer noch magst und mir deshalb nicht wehtun willst, aber ich möchte gar nicht erst solange abwarten, bis du dich von mir angewidert oder genervt abwendest. Ich finde es besser, die ganze Sache zwischen uns jetzt und heute zu beenden.“
Tarek holte Luft, wohl um etwas zu sagen, doch Federico unterbrach ihn umgehend: „Und jetzt sag bloß nicht, dass es nicht stimmt, dass du ein Geheimnis vor mir hast, ich bin schließlich nicht auf den Kopf gefallen und deshalb …“
Weiter kam er nicht, weil Tarek ihn so schnell vom Sofa gezogen hatte, dass ihm der Atem stockte, und gleich darauf der Mund mit einem Kuss verschlossen wurde. Schon immer war dies Tareks Methode gewesen, Federico am Weitersprechen zu hindern, weshalb dieser jetzt energisch versuchte, sich aus der Umarmung zu winden.
„Hör auf, Herrgott nochmal, so kommen wir doch nicht weiter“, brachte Federico nur mühsam hervor, weil Tareks Küsse nach all der Zeit, die sie nun schon zusammen waren, noch immer dieselbe berauschende Wirkung auf ihn
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