365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni
Er versuchte seinen rebellierenden Körper in den Griff zu kriegen und als Leon mit einem „bis später“ ausgestiegen war, spürte er wie zittrig seine Finger waren, nachdem er sie vom Lenkrad genommen hatte. Zum Glück wartete hinter ihm dieses Mal kein weiteres Taxi und so hatte er einen Augenblick, um sich wieder zu beruhigen. Wie sollte das nur die nächsten Tage werden?
Immer noch spürte er das Pulsieren an seiner Halsschlagader, an den Schläfen, aber vor allen Dingen an seinem kleinen Freund, der vor Freude gar nicht wusste, wie ihm geschah.
Beruhige dich endlich!
In dem Moment, als er losfahren wollte, wurde die Tür geöffnet. Eine ältere Dame streckte den Kopf herein und fragte: „Sind sie frei?“
Er räusperte sich zuerst, weil er seiner Stimme noch nicht ganz traute, bat sie dann aber mit einem „Steigen Sie ein. Wo darf ich Sie hinbringen?“ in das Taxi. Er dankte dem Himmel für diese Ablenkung, denn die Dame war sehr redselig und ein Schwall Wörter, denen er versuchte zu folgen, hagelt auf ihn ein. Schmunzelnd ließ er alles tapfer über sich ergehen und warf gelegentlich ein „da haben Sie recht“ oder ein „unglaublich“ ein. Nachdem Jan sie abgesetzt hatte, holte er sich schnell am Imbiss eine Rostbratwurst, denn sein Magen machte ihm eindeutig klar, dass er nicht länger auf Essen verzichten wollte. Auch da dankte er der Lady, dass sie ihn zumindest kurzfristig von seinem nervösen Magen befreit hatte. Anschließend beförderte er noch einige weiterer Gäste bevor er sich wieder auf den Weg zum Hotel machte.
Unverzüglich kamen die Schmetterlinge zurück, flatterten so heftig, dass ihm mehr als schlecht wurde. Leon stand bereits in der Auffahrt und sprang kaum dass er stand hinein.
„Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!“
„Wieso?“
Erstaunt schaute Jan auf seine Armbanduhr, die immer noch die gleiche Zeit anzeigte, wie beim letzten Mal, als er einen Blick drauf geworfen hatte.
„Mist. Meine Uhr ist stehen geblieben. Sorry!“
Er wechselte die Anzeige des Bordcomputers und stellte mit Schrecken fest, dass es bereits eine Viertelstunde nach der vereinbarten Zeit war.
„Kein Problem. Bist ja nun da.“
Vielleicht war es dieser Umstand, der das Eis zwischen ihnen gebrochen hatte, aber sie verfielen schnell in leichten Small-Talk, der bis vor ein paar Stunden für Jan noch unvorstellbar gewesen war. Locker plätscherte das Gespräch dahin, bis sie wieder einmal vor Leons Haustür standen. Fast mit Wehmut verabschiedete Jan seinen Fahrgast und nahm das Fahrgeld mitsamt des versprochenen Trinkgeldes entgegen. Irgendwie war ihm das unangenehm, denn selbst Hin- und Rückfahrt machte gerade Mal die Hälfte davon aus. Leon fragte noch einmal nach, ob es für die weiteren fünf Tage in Ordnung gehen würde und Jan nickte freudig.
„Alles klar. Dann bis morgen.“
Zwinkernd stieg er aus und ließ wieder einmal einen recht aufgelösten Jan zurück.
Die nächsten Tage verliefen immer gleich. Die Hinfahrt zum Hotel war meist recht wortkarg und zum Glück behielt Leon seine Hände an ungefährlichen Stellen. Es gab keine erneuten Vorkommnisse, wie bei den ersten zwei Fahrten und Jan glaubte schon, dass er sich geirrt haben musste oder ihm seine Phantasie einen Streich gespielt hatte. Und obwohl er jedes Mal der Rückfahrt mit gemischten Gefühlen entgegen sah, war sein Fahrgast dann wie ausgetauscht. Sie unterhielten sich immer öfter und so erzählte Jan häufig einige Anekdoten über Fahrgäste, die ihm im Gedächtnis haften geblieben waren. Wobei keiner an seinen Aktuellen heranreichen würde. Ihm fiel dabei gar nicht auf, dass Leon so gut wie nichts von sich erzählte, viel lieber seinen Fahrer mit Fragen bombardierte.
Der letzte Tag rückte immer näher und machte Jan zunehmend nervöser. Er konnte es sich nicht vorstellen, Leon nicht mehr wiederzusehen. Wusste aber nicht wie er es anstellen sollte, sich mit ihm einfach mal so zu treffen. Die letzte Nacht war dann die Schlimmste. Er konnte einfach keinen Schlaf finden und deshalb stand er bereits um 7h morgens unter der Dusche und versuchte seine Unruhe mit dem Wasser in den Ausguss zu spülen. Jedoch half es nicht wirklich und nachdem er einen starken Kaffee aufgesetzt hatte, öffnete er kurz den Kühlschrank, schlug ihn danach aber gleich wieder zu, weil seine Kehle wie zugeschnürt war. Schon in den letzten Tagen hatte er relativ wenig feste Nahrung zu sich genommen, aber nun glaubte er gar nichts mehr herunter zu
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