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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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davon.
    „Tave-schala!“ wiederholte der Weiße, welcher bis zu diesem Augenblick unbeweglich gestanden hatte. Dann fügte er in englischer Sprache hinzu: „Alle Teufel, wo habe ich meine Augen gehabt! Der Häuptling hat recht!“
    In einem Nu war er beim zweiten Pferd, im Sattel und hinter dem Roten her, sein Gewehr auch liegen lassend. Es fiel mir nicht ein, ihn oder den anderen zurückzuhalten. Was hatten die beiden Worte Tave-schala zu bedeuten? Sie gehörten einer Sprache an, welche ich nicht kannte.
    Als die beiden davongaloppierten, ertönte von dem Felsen herab ein dreistimmiges Jubelgeschrei. Die Frau und die beiden Knaben hatten gesehen, was geschehen war; sie sahen sich gerettet und gaben durch diese Laute ihre Freude kund. Sie schrien und jubelten zu früh, das sah ich gerade in diesem Augenblick von unten, während sie es von da oben aus, wo sie standen, nicht zu sehen vermochten.
    Es erschien nämlich über ihnen auf der obersten Höhe des Felsens, an der Kante desselben, ein Kopf, welcher auf sie herabblickte; dann kam ein Gewehr zum Vorschein, erst der Doppellauf desselben und dann die Arme, welche es hielten. Der Mensch, welcher sich da oben befand, wollte auf sie zielen, auf sie schießen. Sie befanden sich in der größten, unmittelbarsten Todesgefahr. Die Worte, welche sie mir jubelnd herabgerufen hatten, gehörten der Sprache der Mimbrenjos an, welche mir, da der Apachenhäuptling Winnetou in derselben mein Lehrmeister gewesen war, ziemlich geläufig zu Gebot stand. Darum rief ich zu ihnen hinauf:
    „Te sa arkonda; nina akhlai to-sikis-ta – drückt euch an die Felswand; über euch ist ein Feind!“
    Sie gehorchten augenblicklich meinem Ruf und zogen sich so nahe an den Felsen zurück, daß ich sie von hier unten nicht mehr zu sehen vermochte. Der Mann da oben schien sie mit seinen Augen auch nicht mehr erreichen zu können; aber er gab seine Absicht doch nicht auf, sondern er verschwand nur für einen Augenblick und erschien an einer anderen Stelle, welche kanzelähnlich weiter vorwärts lag und von welcher aus er, wie mir schien, sie doch zu sehen und mit seinen Kugeln zu treffen vermochte. Es galt, drei Menschen zu retten. Dies konnte nicht geschehen, wenn ich diesen einen schonte. Es war ein schwerer Schuß in diese Höhe hinauf. Der Stutzen reichte nicht soweit. Und traf meine erste Kugel nicht, so fand der Mann Zeit, seine Absicht auszuführen. Mein Pferd stand nicht ruhig. Ich sprang also aus dem Sattel, warf den Stutzen weg und nahm den Bärentöter vor. Eben als ich den Lauf desselben erhob, richtete der Mann den seinigen nach unten. Ein kurzes, aber festes Zielen – ich drückte ab. Der Schuß krachte und hallte von den Talwänden wider. Das alte, schwere Gewehr hatte hier eine wahre Böllerstimme. Der Körper des Mannes lag oben auf der Felsenhöhe; ich hatte nur seinen Kopf und seine Vorderarme sehen können, und auch das nicht deutlich, der großen Entfernung wegen. Es war mir, als ob der Kopf nach meinem Schuß zur Seite zucke, aber er zog sich nicht zurück, und die Arme hielten das Gewehr nach unten gerichtet. Ich schickte also eine zweite Kugel hinauf. Der Mann verschwand noch immer nicht: aber er schoß auch nicht. Darum lud ich schnell wieder. Dabei sah ich, daß meine drei Schützlinge wieder nach vorn traten, und der eine Knabe rief mir zu:
    „Schießt nicht mehr; er ist tot. Wir kommen zu dir hinab.“
    Es kommt vor, daß man nach einer Schlacht die Leichen von Soldaten genau in derselben Stellung findet, in welcher sie von den Geschossen getroffen worden sind. Sollte diese augenblickliche Erstarrung auch hier eingetreten sein? Ich sah die drei herunterklettern, ging auf sie zu und traf am Fuße des Felsens mit ihnen zusammen. Die Frau war eine noch junge und nach indianischen Begriffen sehr schöne Squaw. Die Knaben schätzte ich den einen auf fünfzehn und den anderen auf siebzehn Jahre. Ihre Anzüge zeigten, daß sie längere Zeit unterwegs gewesen waren. Ich reichte allen dreien die Hand und fragte, da es bei den Indianern Sitte ist, sich bei solchen Veranlassungen lieber an einen Knaben, als an ein Weib zu wenden, den ältesten:
    „Kanntest du eure Feinde?“
    „Das Bleichgesicht nicht, aber die beiden roten Männer. Der Alte war Vete-ya (‚Großer Mund‘), der Häuptling der Yuma, und de andere Gaty-ya (‚Kleiner Mund‘), sein Sohn.“
    Da ich trotz ihre Jugend nicht so unhöflich sein wollte, sie, die vielleicht noch gar keine Namen hatten, nach ihren

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