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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Flüchtlinge wiederkehren würden, um nach dem ‚Kleinen Mund‘ zu suchen.
    Der ‚Große Mund‘ hatte sehr wahrscheinlich angenommen, daß sein Sohn mich von oben sehen und sich schnell in Sicherheit bringen werde. Er wartete jedenfalls irgendwo auf ihn. Kam der Sohn nicht, so kehrte der Vater zurück, fand die Leiche, und ich konnte mich dann darauf gefaßt machen, einen unerbittlichen Todfeind hinter mir her zu haben.
    Natürlich hätte ich gar zu gern gewußt, wer der weiße Gefährte des ‚Großen Mundes‘ war. Das Doppelgewehr war das Eigentum dieses Mannes gewesen. Ich betrachtete es also genau und fand zwei Buchstaben, nämlich ein R und ein W in den unteren Teil des Kolbens eingeschnitten. R war wohl der Anfangsbuchstabe des Vor- und W derjenige des Familiennamens. Ich mußte sofort an den Namen Weller denken. Weller hieß ja der Vater des Kajütenwärters. Dieser Mann war vorgestern abend mit einem Indianerhäuptling bei dem Mormonen Melton gewesen. Das stimmte ja ganz außerordentlich! Gar kein Zweifel, der ‚Große Mund‘ war jener Häuptling, und der Weiße, den ich vorhin mit in die Flucht getrieben hatte, war der vorgestrige Unbekannte, welcher den Mormonen mit ‚Bruder‘ angeredet hatte. Jedenfalls war der ‚Kleine Mund‘ auch mit dabei gewesen. Daß ich heute und hier auf sie gestoßen war, konnte mich nicht wundern, denn das Tal lag in der Richtung nach der Hazienda del Arroyo, welcher ja wohl der Anschlag galt, den man vorgestern abend abgekartet hatte. Traf ich mit diesen Gedanken das richtige, so war weiter zu folgern, daß sich eine Schar von Yumas in der Nähe befand, welche die beiden Flüchtlinge aufsuchen und herbeiholen würde. Es galt also, das Tal ohne weiteren Aufenthalt zu verlassen, um baldigst nach der Hazienda zu gelangen. Die letztere lag eigentlich nicht genau in der Richtung, welche die drei roten Geschwister einzuhalten hatten; sie entschlossen sich jedoch leicht zu diesem Abstecher, da sie hofften, dort Ersatz für die zwei nun fehlenden Pferde zu finden. Die Squaw bestieg das Pferd, welches ich erbeutet und ihr geschenkt hatte, und ich das meinige. Die Knaben mußten gehen. Gern hätte ich ihnen mein Tier abgetreten und wäre gelaufen, wenn sich das mit ‚Old Shatterhands‘ Würde hätte vereinbaren lassen. Auch wäre es ihnen nicht im Traum eingefallen, ein solches Anerbieten anzunehmen. Übrigens waren die zwei Pferde ziemlich bepackt, da sie außer uns auch die bereits oben erwähnten Gegenstände tragen mußten.
    Ich ritt voran; die drei folgten mir in einiger Entfernung. Es wäre mir nicht unangenehm gewesen, mich mit ihnen unterhalten zu können, aber ein Krieger meines Schlages durfte unmöglich mit einer Squaw und zwei Knaben plaudern! Der ganze Stamm der Mimbrenjo-Apachen, dem sie angehörten, hätte darüber sämtliche Hände über sämtliche Köpfe zusammengeschlagen.
    Wenn man mir in Ures gesagt hatte, daß es von dort aus bis zur Hazienda eine gute Tagesreise sei, so war dabei wohl die Absicht, mir das Herz nicht schwerzumachen, maßgebend gewesen. Der Mittag kam und ging vorüber, und erst am Nachmittag sah ich die bewaldeten Berge vor mir liegen, welche man mir beschrieben hatte. Die Kühle, welche unter den Bäumen herrschte, tat uns unendlich wohl nach der glühenden Hitze, in welcher wir seit Vormittag förmlich geschmort hatten. Die Beschreibung des Weges, nach welcher ich mich richtete, ließ mich keinen Augenblick im Stich, nur daß die Zeit viel zu kurz angegeben gewesen war. Wir erreichten zwei Stunden vor Abend den kleinen See, in welchen der Arroyo mündete. Da sah ich wieder einmal, was Indianer auszuhalten vermögen. Die beiden Knaben waren nicht ein einziges Mal hinter mir zurückgeblieben, und nichts ließ vermuten, daß sie durch die weite Fußtour angegriffen seien. Ich wäre wohl gern am Bach abgestiegen, um einen kühlen Trunk zu tun, wenn ich mich nicht hätte vor ihnen schämen müssen, die keinen Bick für die glitzernden Wellen und kein Ohr für das liebe Rauschen derselben zu haben schienen.
    Der See lag am unteren Ende eines dichtbewaldeten Tales, welches sich weiter aufwärts ansehnlich verbreiterte, bis man wohl eine halbe Stunde zu gehen hatte, um von einer Seite nach der anderen zu kommen. Hüben und drüben vom Wald eingefaßt, bildete es eine saftig grüne Wiese, deren Gras- und Blumenteppich oft durch blühendes Buschwerk unterbrochen wurde. Hier weideten zahlreiche Rinder und Pferde, welche von berittenen und

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