Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
wenn die Heiligen der letzten Tage mit Weibern und Kindern, mit Hab und Gut die Staaten verlassen! Man hat gefragt, wohin? Nach Norden, also nach Kanada? Nein, denn Kanada ist englisch, und das fromme und doch so sündhafte England duldet die Vielweiberei auch nicht. Nach Ost oder West, also über das Meer? Auch nicht. Also nach Süden! Da liegt Mexiko mit seinen weiten, der Kultur noch harrenden Strecken und seiner großen, nach Süden gerichteten Expansionsfähigkeit. Die Gesetze Mexikos erwähnen die Vielweiberei gar nicht; sie ist also nicht verboten, folglich erlaubt. Mexiko wird sich, wenn seine Regierung einmal längere Zeit in kräftigen Händen liegt, weit nach Süden ausdehnen und zu einem großen, mittelamerikanischen Weltreich werden, welches sich von den Vereinigten Staaten keine Gesetze vorschreiben läßt. Hier ist der Platz für uns; hier ist die Wohnstätte unserer Nachkommen, welche sich vermehren werden wie der Sand am Meer. Hier also müssen wir uns bei Zeiten festsetzen, und darum strecken wir zunächst die Fühler aus, um zu erfahren, mit welchen Verhältnissen wir zu rechnen haben. Wir brauchen diese Hazienda, weil sie eine reiche Besitzung ist und uns so gut und bequem am Weg liegt. Wir müssen sie haben, und da der Besitzer sie nicht veräußern will, zwingen wir ihn, sie zu verkaufen. Das ist der erste Schritt, den wir über die Grenze tun; gelingt er uns, so werden bald zahlreiche andere Brüder folgen.“
    Das war ja geradezu eine Vorlesung, welche der Mann seinem Sohn hielt, ein Vortrag über die Ab- und Aussichten der Mormonen! Die beiden Wellers wollten den Haziendero zum Verkauf zwingen. Wodurch? Durch die Indianer, wie es schien. Aber auf welche Weise? Den Darlegungen des alten Weller nach sollte die Besitzung durch die Roten entwertet werden; man wollte den Haziendero bankrott machen. Also handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Überfall, dem die Verwüstung des schönen Besitztums folgen sollte. Ich hatte keine Zeit, diesen Gedanken weiter zu verfolgen, denn Weller fuhr fort:
    „Der Anfang ist also gemacht, und die Fortsetzung wird folgen. Es war alles so gut eingefädelt und würde sich ganz glatt entwickelt haben, wenn nicht der verdammte Deutsche dazwischen gekommen wäre. Was man gar nicht für möglich halten sollte, dieser eine Mensch ist imstande, unseren ganzen schönen Plan über den Haufen zu werfen. Wer hätte denken sollen, daß dieser Old Shatter – – –“
    „Ist es denn wirklich Old Shatterhand?“ fiel ihm der Sohn in die Rede. „Das müßte doch wohl erst bewiesen werden. Es ist sehr leicht möglich, daß wir uns irren.“
    „Von einem Irrtum ist keine Rede mehr. Der Beweis ist gestern erbracht worden, denn er selbst hat zugegeben, daß er Old Shatterhand ist. Denke dir, es ist zum Kampf zwischen ihm und Melton gekommen!“
    „Alle Wetter! Wie konnte Melton das geschehen lassen? Er mußte sich doch sagen, daß er gegen den Deutschen, wenn derselbe wirklich Old Shatterhand ist, unmöglich aufkommen kann. Was hat ihn denn zu einer so unverzeihlichen Unvorsichtigkeit verleitet?“
    „Es war keine Unvorsichtigkeit. Ich denke, daß ich an seiner Stelle ganz ebenso gehandelt hätte. Der Deutsche hat ihn halb und halb durchschaut. Die Faxe mit dem Pferd spielte er, um nach Ures zu kommen. Was dann geschehen ist, weißt du. Er befreite die drei Mimbrenjos, als wir sie angriffen, und erschoß dabei den Sohn des ‚Großen Mundes‘. Darauf ist er nach der Hazienda geritten, um den Besitzer zu warnen, und hat ihm von einem Überfall der Yumas gesprochen und Melton als Schwindler bezeichnet.“
    „Das ist freilich gefährlich für uns. Weiter, weiter!“
    „Glücklicherweise hat der Haziendero darüber gelacht. Du weißt, wenn Melton sich einmal vorgenommen hat, einen Menschen für sich einzunehmen, so ist der Erfolg sicher. Und dieser ebenso gute wie dumme Don Timoteo Pruchillo hat ein Vertrauen zu ihm gefaßt, welches gar nicht zu erschüttern ist. Er hat dem Deutschen einfach den Rat gegeben, die Hazienda zu verlassen.“
    „Hat er das getan?“
    „Ja. Er hat fortreiten wollen, gerade als Melton gekommen ist. Dieser hielt ihn für kurze Zeit zurück, ging schnell zum Haziendero und erfuhr von diesem Wort für Wort, was der Deutsche gesagt hatte. Es galt zu handeln. Der Kerl mußte verschwinden. Melton begleitete ihn also ein Stück und verabschiedete sich dann von ihm, eilte ihm aber heimlich voraus, um sich ins Gebüsch zu stecken und ihn

Weitere Kostenlose Bücher