Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
alle möglichen und unmöglichen Bedeutungen unterlegte. Wenn er ‚o Sallam!‘ ausrief, so konnte dies ebensowohl o Wonne, wie o Schande, o Freude, o Unglück, welche Schlechtigkeit, wie herrlich, wie entzückend, wie armselig, wie schändlich und hundert anderes bedeuten. Es kam nur darauf an, wie er es aussprach, welche Miene er dabei zeigte und welche Armbewegungen er dabei machte.
    „Ist der Herr der Heerscharen daheim?“ antwortete ich auf seine Frage.
    „Nein.“
    Er sah mich noch immer nicht an. Ich kannte das.
    Er ließ seinen Obersten nie eher daheim sein, als bis er ein Bakschisch erhielt.
    „Aber ich weiß, daß er da ist!“ entgegnete ich. „Nimm diese fünf Piaster und melde mich an.“
    „Gut! Da Allah dir den Verstand so hell erleuchtet, sollst du zu ihm dürfen. Gib also her und –“
    Er stockte. Er hatte, indem er diese Worte sprach, den Blick nun doch zu mir erhoben. Er sah von der Hand, mit welcher ich das Geld ihm entgegenhielt, in mein Gesicht, ließ den angefangenen Satz fallen, sprang empor und rief freudig aus:
    „O Sallam, Sallam, Sallam, abermals Sallam und dreimal Sallam! Du bist es, o Wonne meiner Augen, o Glanz meiner Seele, o Entzücken meines Angesichtes! Allah führt dich zur rechten Zeit zu uns; wir brauchen dich. Laß dich umarmen und behalte dein Geld; behalte es! Lieber mag mir die Hand verdorren, als daß ich von dir ein Bakschisch nehme, wenigstens heute; später kannst du es mir doppelt geben.“
    Er umarmte und küßte mich und rannte dann ins Nebenzimmer, wo ich ihn laut „o Sallam, Sallam, Sallam!“ rufen hörte. Man denke ja nicht, daß ich zornig darüber war, von einem einfachen Unteroffizier umarmt und geküßt zu werden, o nein! Seine Freude war aufrichtig. Zwar hatte er sein Gesicht wohl wochenlang nicht gewaschen; sein grauer Bart hing voller Hammelfett, welches beim Essen auf denselben tropfte und nie entfernt wurde, wenn es nicht von selbst abfiel, und sein Mund roch nach dem Saft der Pfeife, die wohl nie gereinigt worden war; aber ich wischte mir die Lippen erst mit dem rechten Ärmel ab, wischte dann mit dem linken tüchtig nach und freute mich herzlich darüber, meinen alten Sallam so wohl und munter wiedergefunden zu haben. Der Mensch darf sich nicht überheben. Vielleicht gibt es Personen, welche, wenn ich sie küßte, sich den Mund ebenso abwischen würden – besonders wenn mir vorher der alte Sallam einen Kuß gegeben hätte!
    Nun war ich gespannt auf das Wiedersehen mit Krüger-Bei. Ich durfte überzeugt sein, von ihm sogleich mit einem seiner deutschen Rattenkönigssätze empfangen zu werden. Die Tür wurde aufgerissen. Sallam trat heraus, packte mich beim Arm, schleuderte mich hinein und rief dabei:
    „Da ist er, der von Allah Gesandte! O Sallam, Sallam!“
    Dann machte er die Tür hinter mir zu. Ich befand mich im Selamlük des Herrn der Heerscharen, welcher vor mir stand, etwas gealtert, etwas gebeugter als früher, aber mit leuchtenden Augen und lachendem Angesicht. Er streckte mir beide Hände entgegen und begrüßte mich mit den schönen deutschen Worten:
    „Ihnen hier? Ihnen hier im Tunis? Ich bitte Ihnen, zu wollen nehmen den Empfang auf herzliche Willkommen zu richten die edle Freundschaft desselbiges Gefühle in Überraschung den schönen Augenblick auf Ansicht der Gegenwart wegen tausend Grüßen bei hundert Empfindungen zu sein gewesen und wollen zu bleiben Ihnen der Freund und Sie der Bruder wegen Deutschland und trotzdem immer Afrika!“
    Wer diese Worte so schnell wie möglich liest, bekommt wenigstens einen ungefähren Begriff von der virtuosen Art und Weise, in welcher der liebe Krüger-Bei seine Muttersprache zu handhaben pflegte. Er umarmte und küßte mich ebenso herzlich oder noch herzlicher als der alte Sallam, zog mich auf seinen Teppich nieder, auf welchem er gesessen hatte, und fuhr eifrig fort; aber ich kann seinen Satzbau meinen Lesern nur etwas korrigiert bieten, sonst verstehen sie keine Zeile davon.
    „Setzen Sie Ihnen nieder! Setzen Sie Ihnen, setzen Sie! Mein alter Sallam werden bringen Pfeife und Kaffee mit geschnellter Ungeheurigkeit, um Sie zu beweisen den verzückten Zustand, daß Sie heute so plötzlich hierhergekommen sind. Wann sind Ihnen angekommen?“
    „Soeben erst aus Ägypten.“
    „Haben Sie Wohnung im Hotel zu nehmen gesonnen sein?“
    „Noch nicht fest, wenigstens für mich nicht. Meine Freunde aber haben sehr wahrscheinlich jetzt eingemietet. Ich habe zwei Begleiter

Weitere Kostenlose Bücher