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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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edlen Steine, den Palast und das Schloß, auch auf die schönen Kleider, welche ihr versprochen worden waren, weil ihr in Beziehung auf ihren Vater nicht Wort gehalten wurde und weil der Häuptling ihr das alles auch geben wollte. Da wurde sie in den Schacht gelockt und dort eingesperrt von einem gewissen Melton.“
    „Mensch, seid Ihr bei Sinnen?“
    „Sogar sehr! Sie wurde eingesperrt, obgleich sie gedroht hatte, daß der Häuptling nach ihr suchen und sie von Euch fordern würde. Sie hatte sich nämlich am Abend vorher mit dem Häuptling verlobt und diesen auf Eure Absichten aufmerksam gemacht. Als die Jüdin verschwunden war, kam der Häuptling, um sich bei Euch nach ihr zu erkundigen. Er wurde überwältigt und auch in den Schacht geschafft.“
    „Mann, Ihr redet da einen Roman, der geradezu unmöglich ist!“
    „Es klingt allerdings wie ein Roman, wie eine phantastische Erfindung, wenn ich sage, daß er in dasselbe Loch gesperrt wurde, in welchem Judith steckte.“
    „Ihr tut ja, als ob Ihr allwissend wäret!“
    „Der Mensch braucht nicht allwissend zu sein, um von dem, was er gesehen und gehört hat, reden zu können.“
    „Wie? Was?“ fragte er, indem seine Stimme einen angstvollen Ausdruck annahm und seine Augen aus ihren Höhlen treten wollten. „Ihr wollt das gesehen und gehört haben?“
    „Ich will nicht nur, ich behaupte es nicht bloß, sondern es ist in Wirklichkeit so.“
    „Dann müßtest Ihr doch unten im Schacht gewesen sein!“
    „Das ist allerdings der Fall.“
    Er blieb stehen, starrte mich abermals wie im Traum an und fragte:
    „Wie wollt Ihr denn wieder heraufgekommen sein?“
    Da es nicht meine Absicht war, ihm die Wahrheit zu sagen, antwortete ich:
    „Kann ich nicht an der Kette des Förderkastens heraufgeturnt sein?“
    „Nein, denn ich habe dann den Kasten ganz aufgewunden.“
    „Ah, jetzt kommt's! Ihr sagt, daß Ihr den Kasten dann aufgewunden habt. Mit diesen Worten habt Ihr Euch soeben vergessen, ein Geständnis abzulegen!“
    „Nun zum Henker, ja! Mag es meinetwegen ein Geständnis sein! Ich habe es nur zu Euch gesagt, werde es zu keinem anderen wiederholen, und was Ihr behauptet, wird man nicht glauben. Übrigens werdet Ihr gar nicht zu einer solchen Behauptung kommen, denn Weller wird bald dafür sorgen, daß Euch die Lunge den giftigen Atem versagt. Ihr scheint mit dem Satan im Bund zu stehen, denn nur dieser kann es sein, der Euch hinunter in den Schacht geführt hat. Aber verlaßt Euch nicht zu sehr auf ihn! Der Teufel ist ein schlechter Freund und läßt einen gerade dann im Stich, wenn man seine Hilfe am nötigsten hat!“
    „Ja, das habt Ihr wohl genügsam an Euch selbst erfahren, und gerade jetzt fühlt Ihr Euch ganz und gar von ihm verlassen“, antwortete ich, indem ich mich von ihm abwendete, denn ich möchte behaupten, daß der Anblick seines Gesichtes mir geradezu körperliche Schmerzen verursachte. Die Regelmäßigkeit und männliche Schönheit seiner Züge war mit einem Mal verschwunden; er sah häßlich, diabolisch häßlich aus.
    „Ich mich verlassen fühlen!“ fuhr der Widerwärtige fort. „Da irrt Ihr Euch gewaltig! Ich bin Euch nicht so widerstandslos preisgegeben, wie Ihr denkt. Was wollt Ihr tun, wenn ich mich hier niedersetze und nicht von der Stelle zu bringen bin?“
    Er warf sich bei diesen Worten auf die Erde nieder.
    „Ihr habt den Kolben schon einmal gefühlt“, antwortete ich. „Er wird Euch auch diesmal zum Gehorsam bewegen.“
    „Versucht es doch! Stoßt mich, schlagt mich! Ich bleibe hier und laß mich lieber zuschanden schlagen, als daß ich weitergehe. Wir sind noch nicht zu weit von Almadén und von meinen Yumas. Sie werden nach mir suchen; sie werden unsere Fährte finden und uns folgen; dann werden sie Euch erwischen und mich befreien.“
    „Denkt Euch das letztere nicht gar so leicht! Daß dies so ist, werde ich Euch beweisen, indem ich Euch nicht zum Weitergehen zwinge. Wir werden also hier bleiben und die Ankunft Eurer Yumas erwarten. Es wird sich dann zeigen, ob sie sich um Euertwillen an mich wagen. Ich werde sogar darauf verzichten, Euch die Füße wieder zusammenzubinden, damit Ihr, wenn sie kommen, versuchen könnt, ihnen entgegenzulaufen.“
    Ich setzte mich neben ihm nieder; er legte sich ganz hin, spuckte vor mir aus und wendete sich dann um, damit er mich nicht anzusehen brauche. Das war mir lieb, denn in dieser Stellung sah er die Nahenden nicht, welche, wie ich jetzt bemerkte, nun in der Ferne erschienen.

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