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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die andere gegen seinen eigenen Kopf und drückte ab. Die meisten der Anwesenden schrieen vor Entsetzen auf. Ich hatte so eine Wendung der Szene mit in die Berechnung gezogen und mich sprungfertig gehalten. Daß er die Revolver bekam, konnte ich nicht verhindern; aber als er sie gegen sich und das Mädchen richtete, stand ich schon bei ihm und griff zu. Ich konnte nur seinen rechten Arm erlangen, welchen er nach Judith ausgestreckt hielt, und schlug denselben in die Höhe, so daß die Kugel über die Köpfe der Umstehenden hinwegflog. Er schoß mit dieser Hand noch ein zweites Mal und die Kugel nahm dieselbe Richtung; dann begann er zu schwanken, denn während es mir gelungen war, Judith zu beschützen, hatte er sich mit der Linken zwei Schüsse in die Schläfe gegeben. Seine Arme sanken herab; er drehte sich halb herum, und ich fing ihn in den Armen auf; seine Augen schlossen sich.
    „Ruhig, ruhig!“ brachte er noch hervor; dann war es mit seinem Leben und mit seiner unglückseligen Liebe zu Ende.
    Ich ließ ihn langsam niedergleiten und vermag nicht zu sagen, was ich dabei in meinem Innern empfand. Es erklangen alle zornigen und klagenden, alle tiefen und hohen Saiten desselben. Der Tote war ein charakterloser Schwächling, aber ein treuer und auch sonst guter Mensch gewesen, und die Untreue und Gefallsüchtigkeit der Jüdin hatte ihn erst in der Fremde und sodann in den Tod getrieben. Sie hatte für mich kein einziges Wort des Dankes dafür, daß ich ihr das Leben gerettet hatte; sie hatte auch kein Wort der Klage, des Bedauerns für den armen Teufel, dessen Selbstmord sie verschuldete; sie nahm ihren Vater bei der Hand und sagte:
    „Wie häßlich und wie dumm von ihm! Das konnte er gescheiter machen. Er konnte mit nach Texas gehen, oder, wenn er sich das Leben nehmen wollte, dies woanders tun, wo niemand dabei war. Ich mag ihn nicht sehen. Komm!“
    Sie zog ihn fort. Ich konnte es nicht über mich gewinnen, ruhig zu bleiben, und rief ihr voller Empörung nach:
    „Ja, gehen Sie, verschwinden Sie! Ich mag Sie auch nicht mehr sehen. Und wenn Sie sich noch einmal vor mir erblicken lassen, so vergesse ich, daß Sie ein Mädchen sind, und lasse Ihnen einen guten, starken Lasso auf den Rücken geben, um wenigstens dort Gefühl hervorzurufen, da Sie keines im Herzen haben, Sie stolze Königin der Yuma-Indianer!“
    Sie nahm die Drohung auch wirklich ernst und hütete sich, mir, solange wir noch mit den Yumas zusammen waren, vor die Augen zu kommen. Aber als ich sie später in anderer Umgebung und unter anderen Umständen als reiche und vornehme Dame wiedersah, schien sie meine Anweisung auf einige Dutzend Lassohiebe vollständig vergessen zu haben.
    Alle seine übrigen Gefährten bedauerten von ganzem Herzen den Toten, den das Schicksal so schnell und unerwartet neben Weller als Leiche hingestreckt hatte. Die Roten hatten, da zwischen uns deutsch gesprochen worden war, dies nicht verstehen können und wußten also nicht, weshalb er sich das Leben genommen hatte. Als ihr Häuptling kam, um sich nach dem Grund zu erkundigen, berichtete ich ihm:
    „Judith hatte ihm versprochen, seine Squaw zu werden, und er ist ihr aus Liebe über das Meer gefolgt. Nun er aber hörte, daß sie die deinige werden will, hat er sich den Tod gegeben.“
    „Ich hörte doch, daß er auf sie geschossen hat?“
    „Er wollte auch sie töten, weil er sie dir nicht gönnte.“
    „Und du hast sie gerettet? Ich danke dir! Die Bleichgesichter sind sonderbare Leute. Kein Indianer tötet sich, wenn ein Mädchen sich weigert, seine Squaw zu werden. Entweder zwingt er sie dazu, indem er sie raubt, oder er lacht sie aus und nimmt sich eine bessere. Haben denn die Bleichgesichter gar so wenig Mädchen, daß sie eines jungen Gesichtes wegen den Verstand verlieren können? Ich beklage sie!“
    Wir hatten während dieser aufregenden Vorkommnisse nicht auf den Player achten können. Jetzt sahen wir, daß er sich von der Umschlingung Wellers leidlich wieder erholt hatte. Er saß noch an der Erde und war von da aus Zeuge des Geschehenen gewesen. Nun stand er auf, kam langsam zu mir und erkundigte sich:
    „Weller ist tot, wie ich sehe. Er wollte mich erwürgen; ich weiß, daß mir der Atem ausging; es muß mich jemand gerettet haben. Wer ist das gewesen, Sir?“
    „Ich habe Euch Wellers Beine vom Hals genommen.“
    „Konnte es mir denken, denn als ich zu ihm trat, sah ich, daß Ihr Besorgnis hegtet und zur Hilfe bereit standet. Ich werde es Euch nie

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