38 - Satan und Ischariot II
vorgenommen worden ist, euch aber nicht gefunden.“
„Willst du die Wahrheit hören?“
„Ich werde wohl nicht daran sterben. Also nur heraus damit! Du weißt, daß ich kein Schwächling bin.“
Letzteres mochte wahr sein, dennoch lag eine furchbare Angst in dem fragenden Blick, den er erwartungsvoll auf den Player richtete. Der Vater machte sich in ihm geltend. Als der Gefragte nicht sogleich antwortete, fuhr er fort:
„Also aufrichtig gesagt, ist er tot?“
„Ja.“
„Tot, also tot!“ wiederholte er, indem er die Augen schloß. Man sah, welche Wirkung die Nachricht auf ihn ausübte. Die Wangen fielen nach innen, und sein Gesicht bekam für kurze Zeit das Aussehen eines Toten. Dann öffnete er die Augen wieder und erkundigte sich:
„Was für ein Tod?“
„Erwürgt durch – – –“
„Durch mich!“ antwortete jetzt der Athlet. „Ihr Schurken glaubtet mich tot, aber mein Schädel war fester, als ihr dachtet. Ich bekam nur ein kurzes Fieber, und in diesem Fieber habe ich deinen Buben mit den Fäusten erwürgt, sowie ich dich bei voller Besinnung erwürgen möchte und auch noch erwürgen werde!“
Weller schloß die Augen zum zweitenmal und für längere Zeit als vorhin. Was mußte jetzt in ihm vorgehen! Als er sie öffnete, zeigte sein Gesicht das Gegenteil von dem, was ich erwartet hatte, nicht Haß, Grimm und Wut, sondern einen, fast möchte ich sagen, sanften und rührenden Zug der Ergebung. Und in einem solchen Ton wendete er sich an den Player:
„Du hast also Winnetou und Old Shatterhand mit ihren Mimbrenjos hierhergeführt?“
„Ja, ich leugne es nicht; aber sie hätten den Weg auch ohne mich gefunden.“
„Mag sein, doch war es von dir dennoch ein Verrat gegen uns, den du besser unterlassen hättest. Mit deiner Gefangennahme und deinem Übergang zu den Gegnern hat unser Pech eigentlich erst begonnen. Es wird wohl aus mit uns sein, und da habe ich einen Wunsch, der meine Hinterlassenschaft betrifft. Würdest du ihn mir als alter Kamerad erfüllen?“
„Wenn ich kann, ja.“
„Du kannst es, ohne ein Unrecht zu tun und ohne alle Mühe. Komm her zu mir!“
Der Player trat ihm einen Schritt näher und bog sich leicht zu ihm nieder. Eine plötzliche Regung in mir wollte mich veranlassen, ihn zu warnen; aber was konnte ihm Weller tun? Er war an den Füßen und Armen gefesselt und außerdem durch meinen Schuß an der Rechten so verwundet, daß er dieselbe nicht bewegen konnte.
„Noch leiser muß ich reden, noch leiser. Komm also näher; knie da nieder!“
Der Player entsprach dieser Forderung, indem er sich auf das Knie niederließ, und ging damit in die ihm so schlau gestellte Falle des äußerlich so ergeben erscheinenden und innerhalb doch von unbeschreiblicher Wut durchtobten Verbrechers. Dieser stemmte nämlich die Ellbogen fest auf die Erde und hob blitzschnell die Beine hoch empor, um sie ebenso schnell auf die Achseln des Players niederzusenken. Es muß dabei daran erinnert werden, daß nicht seine Beine, sondern unten seine Füße, und zwar an den Fußgelenken, zusammengebunden waren; er konnte die Beine also in den Hüftgelenken hochheben und bei den Knien soweit auseinandernehmen, daß zwischen ihnen eine Öffnung entstand, in welche der Kopf des Players zu stecken kam. Darauf preßte Weller die Knie mit aller Kraft an dem Hals seines früheren Kameraden zusammen, so daß sich dessen Gesicht sofort blau färbte, und schrie dabei jubelnd und in einem ganz anderen Ton, als er vorhin gesprochen hatte:
„Habe ich dich überlistet, du zehnfacher Schurke? Und du hast meinem freundlichen Gesicht geglaubt, du hundertfacher Dummkopf! Rache will ich haben, Rache! Ist infolge deines Verrates mein Sohn erwürgt worden, so sollst nun du dafür auch erwürgt werden.“
„Ja, gib es ihm, gib es ihm!“ munterte ihn Melton unter teuflischem Lachen auf. „Laß ihn nicht los, ja nicht los!“
Man weiß, welche Kraft in den Knien eines erwachsenen Mannes liegt. Dazu kam, daß die Füße durch die Riemen vereinigt waren und in dieser Vereinigung einen Halte- oder Hebelpunkt fanden, durch welchen die ursprüngliche Kraft der Knie vervielfältigt wurde. Eine einzige Minute genügte, den Player zu erdrosseln. Ich sprang natürlich augenblicklich hinzu, um ihm zu helfen; der Goliath kam mir aber doch zuvor. Er warf sich nieder, klammerte seine Riesenhände um den Hals Wellers und rief:
„Du selbst wirst erwürgt werden, sowie ich deinen Sohn erwürgt und es dir soeben auch
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