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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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abbrechen, doch konnte ich ihm weiter keine Aufmerksamkeit schenken, denn dieselbe wurde auf eine bedeutende Pferdeschar gelenkt, welche, von mehreren roten Reitern geleitet, im Galopp von Norden her herangeflogen kam. Es waren die Rosse, nach denen die ‚Listige Schlange‘ einen Boten geschickt hatte. Sie kamen in der letzten Viertelstunde des Tages an, und als sie ringsum angepflockt waren, brach der Abend herein.
    Die Führer dieser Pferdeherde waren so umsichtig gewesen, dürres Holz in Bündeln mitzubringen, so daß einige Feuer angebrannt werden konnten. Der in den Wagen befindliche Proviant ermöglichte es, ein Festmahl zu veranstalten, ein Festmahl freilich nach dortigen Begriffen, denn nach der Ansicht zivilisierter Menschen war es sehr einfach und sogar fast knapp, da wir mit den Vorräten sparen mußten.
    Nach demselben legte ich mich schlafen; meine Landsleute und die Mimbrenjos taten dasselbe; die Yumas aber nahmen sich noch nicht die Zeit dazu, sondern sie gingen nach Almadén hinüber, um das Nest auszuplündern. Früh sah ich, daß sie sich nicht weniger als alles, was dort zu finden gewesen war, angeeignet hatten. Für den Indianer hat der geringste Gegenstand, den ein anderer als unnütz liegen lassen oder wegwerfen würde, noch immer seinen, und zwar vielleicht großen Gebrauchswert. Sie hatten auch die beiden alten Frauen mitgebracht. Das Schachtloch war von ihnen mit Steinen verschlossen und der Eingang zur Höhle verschüttet worden. Wahrscheinlich hat sich bis heute noch niemand gefunden, der die Mittel und den Mut besitzt, das wertvolle Innere des öden Felsens auszubeuten.
    Ich war der erste, welcher früh erwachte, und weckte den guten Don Endimio de Saledo y Coralba nebst seinen Wagenführern. Ich ordnete das Geschäft mit ihnen, dann wurden die anderen Schläfer geweckt, worauf die Arbeit des Verladens begann. ‚Listige Schlange‘ leitete dieselbe, da ihm die Packpferde gehörten. Die Jüdin und ihr Vater waren nicht zu sehen; sie mochten in dem Zelt ihres Häuptlings stecken und Angst vor mir haben. Ich saß neben Winnetou und sah der Arbeit zu. Da näherten sich uns zwei Männer, denen man es ansah, daß sie sehr Wichtiges mit uns zu besprechen hatten – der Haziendero und der Jurisconsulto. Daß sie noch einmal kommen würden, um mir Forderungen und Vorwürfe zu machen, hatte ich gewußt. Seit gestern abend, wo ich Melton den Yumas überantwortet hatte, befand sich derselbe unter strenger Bewachung in einem der Zelte.
    Die beiden grüßten höchst zeremoniell, der Jurisconsulto mit einer sehr strengen Amtsmiene; dann sagte der letztere:
    „Ich sehe, daß Sie sich zur Reise rüsten, Señor. Wohin soll es gehen?“
    „Nach Chihuahua“, antwortete ich.
    „Das kann ich nicht zugeben! Ich muß darauf dringen, daß sämtliche Personen, welche sich hier befinden, mit mir nach Ures kommen!“
    „Wahrscheinlich als Arrestanten?“
    „So ähnlich!“
    „So arretieren Sie uns!“
    „Das möchte ich nicht gern, denn ich hoffe, daß die Amtswürde, in welcher ich mich befinde, Sie veranlassen wird, freiwillig mitzugehen.“
    „Da ich noch nichts von dieser Würde bemerkt habe, kann sie mich auch zu nichts veranlassen. Übrigens denke ich, daß wir uns auf dem Gebiet der Yuma-Indianer befinden, und ich habe die feste Absicht, die Sitten und Gebräuche derselben mir als Gesetz dienen zu lassen. Und selbst wenn es anders wäre, worüber ich mich aber gar nicht mit Ihnen streite, so bin ich ein Deutscher und habe nach der Anweisung, welche Sie selbst mir gaben, ganz und gar nicht die Pflicht, mich nach Ihrem Willen zu richten.“
    „Ich? Ich selbst hätte Ihnen so etwas gesagt? Das ist nicht wahr!“
    „Es ist wahr. Als ich bei Ihnen war, um Sie um Schutz für die deutschen Emigranten zu ersuchen, behaupteten Sie, daß Sie mit denselben nichts zu tun hätten, und verweigerten mir den erbetenen Schutz. Infolgedessen bin ich in die Berge geritten, um mich ihrer anzunehmen, und nun ich sie aus der fürchterlichen Lage befreit habe, in welche sie infolge Ihrer Verweigerung gekommen sind, treten Sie vor mich her und behaupten, daß wir uns unter Ihre amtliche Gewalt und Würde zu stellen hätten. Damit richten Sie sich aber an eine sehr falsche Adresse, Señor. Ich bin nicht der Mann, der nach Laune und Belieben mit sich schalten läßt.“
    „Was gehen mich Ihre deutschen Arbeiter an! Befinden sie sich etwa allein hier? Es sind noch andere Leute auch da. Es sind auch Dinge geschehen, in

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