38 - Satan und Ischariot II
Kommende getrost erwarten, denn es mußte günstig für uns ausfallen.
Drüben hatten sich die beiden Häuptlinge in der Nähe des Feuers niedergesetzt und ihre ältesten Krieger um sich versammelt. Es sollte beraten werden. Wir hatten Zeit zu warten. Dem ‚Starken Büffel‘ aber wurde die Zeit zu lang. Anstatt draußen bei seinen Mimbrenjos zu bleiben, kam er herbeigeschlichen, um zu erfahren, ob Krieg oder Friede zu erwarten sei. Ich zankte ihn tüchtig aus und jagte ihn fort, denn wenn sein bekanntes Gesicht von den Yumas gesehen wurde, mußten sie erwarten, daß er nicht allein gekommen war. Und das sollten sie nicht wissen.
Die Beratung dauerte wohl zwei Stunden; es ging sehr heftig bei derselben her. Dann sahen wir, daß die ‚Listige Schlange‘ drüben aufstand. Er kam zu uns herüber. Er wollte es nicht sehen lassen, daß er sich geärgert hatte, aber seine Augen blitzten, wie es oft noch lange nach einem Gewitter wetterleuchtet.
„Meine Brüder sollen hinüberkommen, um zu hören, was beschlossen worden ist“, meldete er.
„Das kannst du uns hier ja sagen!“ warf ich ein.
„Ich soll nicht; der ‚Große Mund‘ will es selbst sagen.“
„Dagegen haben wir nichts; er mag herüberkommen.“
„Haben meine Brüder Mißtrauen?“
„Natürlich!“
„Mir könnt ihr vertrauen, wenn auch dem ‚Großen Mund‘ nicht.“
„Wieviel deiner Leute halten zu dir?“
„Der Hälfte bin ich sicher. Die anderen hat mir der Zorn des ‚Großen Munds‘ abspenstig gemacht.“
„Meinst du, daß es zum Kampf kommt?“
„Ja, wenn ihr nicht auf die Vorschläge des ‚Munds‘ eingeht.“
„Wir sind bereit, sie zu hören, aber nachlaufen werden wir ihm nicht, zumal wir ihn nicht für einen ehrlichen Mann halten.“
„Herkommen will er auch nicht!“
„So mag er drüben sitzen bleiben, bis er klüger wird, worüber allerdings der Sommer und Winter gar viele vergehen können! Sage ihm das!“
Dieser Bescheid war ihm sehr unlieb. Man sah ihm das an; er sann nach und kam dann auf das Auskunftsmittel:
„Würdet ihr zur Hälfte gehen, wenn er zur Hälfte kommt?“
„Ja. Wir wollen uns dort unter der Buche treffen, doch ohne Waffen. Ich komme mit Winnetou, und er bringt dich mit. Von jeder Seite zwei; mehr dürfen es nicht sein.“
Er ging hinüber und stritt sich eine Viertelstunde mit dem ‚Großen Mund‘ herum; dann kam er wieder, um uns zu sagen, daß derselbe bei seiner hohen Würde unmöglich zu zweien kommen könne; er müsse wenigstens sechs Begleiter haben.
„Zwei von hüben und zwei von drüben, mehr nicht. Sag ihm das! Wir gehen nicht davon ab, und wenn ihm das nicht gefällt, so mag er sehen, was geschieht.“
Die ‚Schlange‘ mußte noch zweimal hin und her, ehe sich der Alte entschloß, nachzugeben. Dann kam er mit ihm nach der Buche geschritten, unter welcher sie sich niedersetzten. Ohne Waffen, war ausgemacht, man weiß aber, daß selbst auch dann der Indianer wenigstens ein Messer in irgendeiner Falte verborgen hat; darum behielten wir, als wir hingingen, jeder einen Revolver bei uns. Um einem Hinterhalt zu begegnen, hatten wir unsere Vorsichtsmaßregeln getroffen.
Der ‚Große Mund‘ nahm uns mit haßerfüllten Blicken in Empfang, und als ich mich bei ihm niederließ, zog er den Zipfel der Decke, in welche sein Oberkörper gehüllt war, rasch an sich, damit derselbe ja nicht mit mir in Berührung kommen möchte. Dann sah er finster vor sich nieder. Er mochte denken, daß wir zu beginnen hätten; aber wir wollten ihm infolge seiner ‚großen Würde‘ den Anfang machen lassen und schwiegen also ebenso hartnäckig wie er. Von Zeit zu Zeit hob er den Kopf, um uns mit einem dolchähnlichen Blick zu durchbohren; als wir uns aber weder durchbohren noch zum Reden bringen ließen, fuhr er uns, da er sich nicht länger halten konnte, ganz plötzlich und unerwartet an:
„Meine Ohren sind offen, also redet!“
Winnetou sagte nichts, und ich sagte nichts. Darum kam nach einiger Zeit die Drohung hervorgepoltert:
„Wenn ihr nicht redet, laß ich euch erschießen!“
Da deutete Winnetou nach unserer Seite hinüber, welcher der Alte den Rücken zukehrte; er drehte sich um und sah sämtliche Mimbrenjos, die sich bei uns befanden, auf der Erde mit ihren Gewehren im Anschlag liegen.
„Uff! Uff! Was ist das?“ rief er aus. „Wollt ihr mich erschießen lassen!“
„Nein“, antwortete der Apache. „Die Gewehre sind so lange auf dich gerichtet, bis wir uns wieder dort bei unseren
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