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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anknüpfte. Er war ein drolliger Mann, sprach den possierlichen Dialekt der dortigen Gegend und erzählte mir von einem Sohn und einer Tochter, die noch viel musikalischer seien als er selbst, der erstere ‚spiele Violini, grad wie Paganini‘, und die letztere sei ‚auf jeden Fall eine sächsische Nachtigall‘, eine so prächtige Stimme besitze sie. Dies machte mich so neugierig, daß ich ihn am nächsten Tag in seiner Wohnung aufsuchte. Ich fand die Familie in sehr ärmlichen Verhältnissen, doch hatte er wirklich nicht zuviel gesagt; die Kinder waren hochbegabt. Franz, der Sohn, geigte mir sofort alles nach, was ich ihm vorspielte, und Martha, die Tochter, hatte eine so vielversprechende Stimme, daß die Mittellosigkeit des Vaters aufrichtig zu bedauern war. Ich beschloß, mich der beiden anzunehmen, und trug, nach Dresden zurückgekehrt, den Fall einem mir befreundeten Musikdirektor vor, bei dem ich früher Generalbaßstudien getrieben hatte. Er ging zu meiner Genugtuung auf meine Gedanken ein; es gelang uns, einige wohlhabende Musikfreunde zu gewinnen, durch deren Freigebigkeit wir die Mittel zusammenbrachten, welche zur Ausbildung der beiden jungen Leute erforderlich waren. Wir holten sie nach Dresden; der Musikdirektor beteiligte sich selbst an ihrem Unterricht, und auch ich ließ sie, so oft ich von meinen Reisen nach der Heimat zurückkehrte, merken, daß sich mein Interesse für sie nicht verringert habe. Sie machten unseren Empfehlungen alle Ehre; nicht lange, so trat Franz Vogel als erster Violinspieler in eine hervorragende Kapelle, und seine Schwester wurde der Liebling des feineren Konzertpublikums. Beide verdienten nun so viel, daß sie ihre armen Eltern und die alte Großmutter unterstützen konnten. Später gab Franz sein Engagement auf, um sich noch weiter auszubilden. Er wollte es zum Virtuosen bringen, wozu er die Begabung und auch den eisernen Fleiß besaß. Er rechnete dabei auf die Unterstützung der bisherigen Gönner und auf das Einkommen der Schwester, welche sich auch äußerlich zu einer Schönheit entwickelt hatte. Beide waren besonders mir, den sie ihren Entdecker nannten, sehr dankbar und gaben das, so oft ich nach Dresden kam, in wahrhaft rührender Weise zu erkennen.
    Es konnte nicht fehlen, daß Martha Vogel von der jungen Herrenwelt angeschwärmt und angeschmachtet wurde; es wurden ihr Gelegenheiten geboten, glänzende Verbindungen einzugehen, doch wollte es keinem ihrer Bewunderer gelingen, dieses Ziel bei ihr zu erreichen; sie schien nur für ihre Eltern und ihren Bruder leben zu wollen.
    Nebenbei bemerkt, hatte ich von ihrer Großmutter erfahren, daß ein Sohn derselben, also ein Onkel der Geschwister, nach Amerika gegangen und dort verschollen sei; er wurde, da man nie wieder etwas von ihm gehört hatte, für tot gehalten.
    Als ich jetzt aus Südamerika zurückkehrte, war es mein erstes, die Geschwister aufzusuchen. Franz stand seinem Ziel nahe, und Martha war schöner noch als vorher; beide aber schienen mit Sorgen zu kämpfen. Ich erriet das nur; sie sagten nichts davon. Sie beiden Gönner waren gestorben, und der Bruder hatte sich nur noch auf seine Schwester zu verlassen. Das hätte weniger zu bedeuten gehabt, wenn die Eltern die anspruchslosen Leute geblieben wären, die sie früher waren; aber besonders dem Vater war die Künstlerschaft seiner Kinder in den Kopf gestiegen. Er hatte das kleine Dorf verlassen, war in die Residenz gezogen und lebte da so anspruchsvoll, als ob das Einkommen seiner Tochter dasjenige einer Diva sei. Ich erfuhr das nicht von ihr, sondern von fremden Leuten, und nahm mir vor, ihn einmal recht ernstlich vorzunehmen, wurde aber durch einen ganz unerwarteten Umstand verhindert, dies zu tun.
    Der ‚Ölprinz‘ nämlich, welcher während einiger Tage nicht mehr bei mir gewesen war, suchte mich auf und teilte mir triumphierend mit, daß er gekommen sei, mich zu seiner Verlobung mit der Sängerin Martha Vogel einzuladen. Ich war weniger überrascht als vielmehr betroffen. Wie hatte das so schnell kommen können? Ich wußte zwar, daß er ihre Konzerte besuchte, war aber ohne Ahnung gewesen, welche Absichten er dabei verfolgt hatte. Liebte sie ihn? Ich konnte dies kaum glauben. Er war Millionär, ob aber eines solchen Mädchens wert, das bezweifelte ich. Ich besuchte die Sängerin sofort und fand sie in einer so heiteren, freien Stimmung, daß ich die Absicht, meine Bedenken zu äußern, fallenließ. Ich gönnte sie ihm nicht, weil ich ihn nicht für

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