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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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während andere viel höhere Ansprüche an Sie machen würden. Überlegen Sie sich mein Angebot! Jetzt aber wollen wir weiterreiten, um ganz um den Sumpf zu kommen und zu sehen, was er verspricht.‘
    Was wir zu sehen bekamen, befriedigte ihn dermaßen, daß er mir gleich auf der Stelle die vorteilhaftesten Vorschläge machte, auf welche ich kurz entschlossen einging. Ich will nicht ausführlich berichten, wie sich nun das Geschäft entwickelte: kurz gesagt, Ackermann war ehrlich und übervorteilte mich nicht, und bald ging die Kunde von unserem Oil-Swamp durch die Vereinigten Staaten und noch weit über dieselben hinaus. Das Großkapital stellte sich uns zur Verfügung; das Unternehmen wuchs zu riesiger Höhe, und jetzt nach Verlauf von noch nicht zwei Jahren werde ich Ölprinz genannt, zu den Millionären gezählt und bin herüber, um meine Mutter hinüberzuholen.“
    „Lebt dieselbe noch?“
    „Ich hoffe es; gewiß aber weiß ich es nicht. Das war der eine Grund, welcher mich nach Deutschland gezogen hat.“
    „Haben Sie noch einen zweiten?“ fragte ich, da er nicht weitersprach, sondern mich so anblickte, als ob er diese Frage erwarte.
    „Ja. Ihnen werde ich ihn mitteilen, da Sie Amerika kennen und mich nicht auslachen werden. Ich will mir nämlich in Deutschland etwas suchen, etwas – etwas –“
    „Nur heraus damit, mein Lieber! Sie brauchen sich nicht zu schämen. Wenn Sie sich genieren, das Wort auszusprechen, so will ich es Ihnen sagen: Sie wollen sich hier hüben eine Frau suchen?“
    „Ja, so ist es!“
    „Weil die Amerikanerinnen Ihnen nicht gefallen wollen?“
    „Richtig! Was tue ich mit einer Frau mit kleinen Füßen und winzigen Händen, aber desto größeren Ansprüchen? Ja, ich könnte diese Ansprüche leicht befriedigen, aber ich möchte mir auch einige erlauben, und das duldet eine Amerikanerin nicht. Ich habe nie, nie ein Familienglück gekannt; ich möchte es kennenlernen, möchte es selbst fühlen und empfinden, und hege die Ansicht, welche vielleicht nur ein Vorurteil ist, daß man es nur an der Seite einer deutschen Frau zu finden vermag.“
    „Ihr Vorurteil ist auch das meinige. Aber bleiben wir bei unserem Thema. Wann sind Sie hier gelandet?“
    „Gestern.“
    „Wann reisen Sie ab?“
    „Morgen.“
    „Ich auch. Ich fahre über Leipzig; dies ist auch Ihre Tour. Wollen Sie sich mir anschließen?“
    „Wenn Sie erlauben, herzlich gern.“
    „Abgemacht! Wir fahren miteinander!“
    Ja, wir fuhren bis Leipzig zusammen. Dort trennten wir uns. Ich mußte nach Dresden, und sein Weg führte ihn über Zwickau ins Gebirge. Vor unserer Trennung aber versprach er mir, mich, sobald er könne, in Dresden aufzusuchen, um mir Nachricht von seiner Mutter zu bringen.
    Er suchte mich eher auf, als ich gedacht hatte, schon nach zwei Tagen, und ich erfuhr da von ihm, daß sein Besuch in der Heimat vergeblich gewesen war; er hatte seine Mutter nicht mehr am Leben gefunden; sie war schon vor längerer Zeit am Säuferwahnsinn gestorben. Er erzählte mir das in einem so gleichgültigen Ton, als ob von einer ihm vollständig fremden Person gesprochen werde. Es war bei ihr zwar von keiner Mutterliebe die Rede gewesen, aber es hätte doch besser geklungen, wenn dabei etwas mehr Gemüt von ihm verraten worden wäre. Da die Mutter nicht mehr lebte, hatte er sich nach seinem früheren Lehrmeister gar nicht erst erkundigt und war von der einstigen Heimat fortgegangen, ohne irgend jemandem zu sagen, wer er sei. Diese Kälte ließ auf keine Tiefe des Gemütes schließen, und nun fiel es mir auf, daß er nicht gewußt hatte, ob seine Mutter überhaupt noch lebe. Er, der so schnell reich gewordene Mann, hatte ihr also weder eine Unterstützung geschickt noch ihr einmal geschrieben. So wenig mir das von ihm gefallen wollte, gab es doch Gründe, die ihn hinreichend entschuldigten.
    Er wohnte im besten Hotel der Residenz und besuchte mich täglich, doch hatte ich keine Zeit, in der Weise, wie er wohl wünschte, mit ihm zu verkehren. Seine Person hatte als diejenige eines früheren Schusterjungen und jetzigen Ölprinzen ein gewisses Interesse für mich; das war aber auch alles. Ich nahm seine Besuche zwar aus Höflichkeit entgegen, fühlte aber keine Veranlassung, sie zu erwidern. Bald sollte ich mich eingehender mit ihm beschäftigen.
    Ich hatte auf einem Ausflug in das Erzgebirge in einem kleinen Dorf einen Musikus namens Vogel getroffen, welcher so vortrefflich Cello spielte, daß ich ein Gespräch mit ihm

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