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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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von dem berühmten Häuptling soviel gelesen und auch gehört, daß ihm meine größte Hochachtung gehört. Bitten Sie ihn ja, mitzukommen!“
    „Ja“, nickte ihr Vater, „der Indianer muß ooch mit. Er braucht sich vor uns nich im geringsten zu fürchten; wir sind Leute, die keenen Wilden was zuleede tun. Aber fünf Personen gehen nich in unsere Ekipaasche; ich werde also mit meener Frau eene Droschke, oder wie man hier sagt, nehmen. Komm, Hanne, du gehst mit mir! Wir kommen schon ooch noch zur rechten Zeit eheeme.“
    Er zog sie fort. Winnetou hatte natürlich von unserem Gespräch, welches deutsch geführt wurde, nur wenig verstanden; dennoch war weder ein Wort, noch ein Wink nötig. Als ich Martha meinen Arm bot, nahm er sofort an ihrer rechten Seite Platz und schritt so stolz und selbstbewußt neben ihr her, daß sie sich seiner ganz sicher nicht zu schämen brauchte.
    Am Wagenplatz wartete die Equipage des ‚Ölprinzen‘. Einen solchen Wagen und solche Pferde konnte sich allerdings nur ein Millionär leisten. Wir stiegen ein und setzten uns der Dame gegenüber, um dann mit der Geschwindigkeit des Windes davonzurollen.
    Unser Zusammentreffen mit den Bekannten hier in Frisco war ein Zufall, über den ich mich nicht zu wundern brauchte; aber sie besaßen hier ein Haus oder gar einen Palast, und das kam mir verwunderlich vor. Warum wohnte Werner nicht droben in den Bergen bei seinem Ölwerk? Natürlich sprach ich diese Frage nicht aus; sie mußte sich in kurzer Zeit ganz von selbst beantworten.
    Da hielt der Wagen vor einem Gebäude, welches mit vollem Recht den Namen Palast verdiente. Wieviel mußte nur allein das herrliche Marmorportal gekostet haben! Über demselben waren große, echt vergoldete Buchstaben angebracht; ich fand nicht Zeit, dieselben zu lesen, denn wir mußten aussteigen, wobei uns zwei Neger behilflich waren, oder wenigstens Winnetou und mir behilflich sein wollten. Dann schritten sie vor uns her die Innenstufen empor nach einem prächtigen Vorsaal und öffneten eine Tür zu einem kleinen Gemach, welches fast wie ein Boudoir ausgestattet war. Kaum hatte die Hausherrin sich da auf dem Diwan niedergelassen, so begann dieses Boudoir sich nach oben zu bewegen; es war ein mechanischer Aufzug, ein durch Dampf getriebener Fahrstuhl in Gestalt eines reizend möblierten Zimmers. Ein anderer hätte einen Ausruf der Verwunderung oder gar des Schreckens ausgestoßen; Winnetou aber stand still und gleichmütig, als ob ihm diese Art, die Treppen zu vermeiden, etwas Alltägliches sei.
    Wir kamen in das Empfangszimmer, welches im zweiten Stock lag. Es war überreich ausgestattet. Man sah es ihm an, daß der Besitzer die Absicht hatte, zu prunken; aber verschiedene Kleinigkeiten und Anordnungen bewiesen, daß seine Frau bemüht war, diesen Eindruck zu mildern.
    Jetzt als wir den Fahrstuhl verlassen hatten, schien Martha sich erst ihrer selbst bewußt zu werden. Sie reichte mir und Winnetou beide Hände und sagte im herzlichsten Ton, den es nur geben kann:
    „Hier sind wir daheim. Sie dürfen nicht so schnell wieder fort. Sie müssen hier bleiben, mehrere Tage, einige Wochen. Versprechen Sie mir das!“
    Es war unmöglich, ihr diesen Wunsch zu erfüllen, besonders um ihres Mannes willen, mit welchem ich nicht unter einem Dach sein mochte. Darum antwortete ich:
    „Gern, wenn es möglich wäre, Frau Werner; aber wir müssen wirklich schon morgen fort.“
    „O Sie haben Zeit, sehr viel Zeit! Draußen in der Wildnis hätten Sie vielleicht einen Feind zu jagen; einen Menschen zu verfolgen, wobei freilich jede Minute kostbar ist; aber ich habe genug von Ihnen gelesen, um zu wissen, daß Sie unbeschäftigt sind, sobald Sie sich an einem Ort wie San Franzisco befinden.“
    „Sie irren sich wirklich. Es gibt für uns sehr zwingende Gründe, welche –“
    „Bitte, keine Ausreden!“ unterbrach sie mich. „Sprechen wir aufrichtig, ganz aufrichtig miteinander. Nicht wahr, mein Mann ist der Grund, daß Sie nicht bleiben wollen. Sprechen Sie nicht! Versuchen Sie keine Entschuldigungen! Ich werde Ihnen gleich beweisen, daß Sie ihm sehr willkommen sind. Ich werde ihn sofort aus seinem Büro holen lassen. Gestatten Sie mir dazu einige Augenblicke!“
    Sie entfernte sich. Winnetou wußte auch jetzt nicht, was gesprochen worden war; dennoch meinte er:
    „Diese Squaw ist so schön, wie ich fast noch keine gesehen habe. Mein Bruder mag mir sagen, ob sie einen Mann hat!“
    „Sie hat einen.“
    „Was ist ihr

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