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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Mann hielt, sie glücklich zu machen, hatte aber nicht das mindeste Recht, Einblicke in das Seelen- oder Herzensleben meines bisherigen Schützlings zu verlangen. Sie heiratete einen amerikanischen Ölprinzen, machte also, wie ihr Vater sagte, ‚eine ungemein großartige Partie‘; dagegen ließ sich meinerseits nichts sagen, doch fand ich eine hinreichende Entschuldigung, daß ich bei der Verlobungsfeier nicht erscheinen könne.
    Werner war als einstiger Durchbrenner eigentlich legitimationslos. Wie er so schnell in den Besitz der zur Trauung nötigen Papiere kommen konnte, das weiß ich nicht, doch fand die Hochzeit schon vier Wochen nach der Verlobung statt. Das sei ganz selbstverständlich, sagte man, da er bald nach Amerika zurück müsse. Ich wurde natürlich zur Vermählung geladen und ging auch, nicht seinet-, sondern ihretwegen, da mein Nichterscheinen sie gekränkt hätte. Zwei Stunden nach der Trauung war Werner so – – – betrunken, daß er verschwinden mußte. Er ließ sich erst nach einigen Stunden wieder sehen und setzte sich gleich wieder zum Champagner. Bald hatte er wieder einen Rausch, in welchem er sich in seiner wahren Gestalt zeigte. Er protzte mit seinen Millionen, prahlte mit den armseligen Verhältnissen seiner Jugendzeit, schüttete, um seinen Reichtum zu zeigen, Ströme von Sekt unter die Tafel, warf mit beleidigten Ausdrücken um sich und beantwortete die dagegen gerichteten Bitten der Gäste so mit Hohn, daß sie sich, einer nach dem anderen, mit ihren Damen entfernten. Auch ich wollte gehen, doch bat mich die junge Frau tränenden Auges so innig, doch zu bleiben, daß ich ihren Wunsch erfüllte. Wir waren bald allein, das neuvermählte Ehepaar, die Verwandten Marthas und ich. Werner trank und trank weiter. Die Sängerin sah mich flehend an. Ich verstand sie und nahm ihm mit einer scherzhaften Äußerung die Flasche weg. Er sprang auf, entriß sie mir wieder und schlug sie mir, ehe ich es hindern konnte, an den Kopf, wobei sein Mund von Schimpfworten überfloß. Nun ging ich doch fort, ohne ein Wort zu sagen. Am anderen Tag erwartete ich, daß er kommen werde, mich um Verzeihung zu bitten; er kam nicht, schickte mir aber einen Brief des Inhalts, er müsse mir vor seiner heutigen Abreise sagen, daß er sehr bedaure, mich kennengelernt zu haben; er habe wohl gemerkt, daß ich gegen seine Verheiratung sei, und seiner Frau streng verboten, von mir Abschied zu nehmen.
    Einige Tage später kam Franz Vogel zu mir. Er war nicht zu bewegen gewesen, mit nach Amerika zu gehen, hatte die Seinen bis nach Bremerhaven begleitet und brachte mir einige Zeilen seiner Schwester, in denen sie sich für alles bedankte, nicht zum mindesten auch dafür, daß ich am Hochzeitsabend so außerordentlich nachsichtig gegen ihren Mann gewesen sei.
    Franz blieb in Dresden. Er wurde von seinem Schwager unterstützt, trotz der Millionen desselben aber, wie es schien, nicht in ausreichender Weise, und brachte mir zuweilen Grüße von drüben. Seinen gelegentlichen Äußerungen entnahm ich, daß seine Schwester sich nicht sehr glücklich fühle, was keineswegs geeignet war, meine Ansicht über Werner günstig zu verändern. Er war ein Lump, und ich machte mir Vorwürfe, daß ich keinen ernstlichen Versuch gemacht hatte, die Verbindung der braven Sängerin mit diesem Mann zu verhindern.
    Geraume Zeit später ging ich wieder nach den Vereinigten Staaten, wurde von Frisco aus als Berichterstatter nach Mexiko geschickt, machte die in den vorigen Kapiteln erzählten Erlebnisse durch und kam nach denselben glücklich in Texas an, wo ich von dem Geld, welches ich erbeutet hatte, den deutschen Emigranten und dem Player Ländereien kaufte. Ich blieb längere Zeit bei ihnen und ritt dann mit Winnetou durch den Llano estacado nach Neu-Mexiko und Arizona, um zu jagen und verschiedene Indianerstämme zu besuchen. Dann ging's durch Nevada nach Kalifornien und San Franzisco, wo Winnetou den Goldstaub und die Nuggets, welche wir während dieses Rittes aus seiner verborgenen ‚Sparbüchse‘ geholt hatten, in Geld umwandeln wollte.
    Unser Aufenthalt dort war nur auf einige Tage berechnet. Wir waren schon oft in Frisco gewesen, kannten es fast ebensogut wie ein dortiger Einwohner, und sagten uns, daß wir unsere Zeit weit besser anwenden könnten, als uns in einer bekannten Stadt herumzutreiben. Wir wollten hinauf in die Sierra, nach Nevada, Utah und Colorado, um uns dort zu trennen, denn von dem letzteren Staat aus wollte ich

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