38 - Satan und Ischariot II
vortrefflichste Land in ganz Kalifornien sei. Der Hafer stach mich. Ich war jetzt Knecht und konnte selbst Besitzer werden. Die Kameraden des Yankee redeten mir auch zu, und ich kaufte das Land.“
„Wie teuer?“
„Vierhundert Dollar, bar bezahlt.“
„War der Yankee wirklicher Besitzer, oder konnte sein Recht bestritten werden? Sie wissen, welcher Schwindel mit solchen Käufen getrieben wird. Ich weiß, daß Ländereien ver- und gekauft worden sind, die gar nicht existierten.“
„Das war bei mir nicht der Fall. Ehe ich den Kauf abschloß, ließ ich alles von der Behörde prüfen. Das Land existierte wirklich; es gehörte dem Yankee, und er konnte es verkaufen.“
„Warum aber verkaufte er es? Wenn er es so lobte, hätte er es doch besser behalten sollen!“
„Dafür hatte er einen Grund. Er liebte das abenteuerliche Leben und konnte es auf der festen Scholle nicht aushalten.“
„Hm! Einen Haken hat es doch wohl gehabt!“
„Allerdings. Denn kaum war der Handel abgeschlossen und ich hatte das Geld bezahlt, wo wurde ich von ihm und seinen Gesellen ausgelacht. Sie sagten mir aufrichtig, daß ich einen Sumpf, einen völlig unbrauchbaren Sumpf gekauft habe.“
„Einen Sumpf, also einen Swamp? Ah, jetzt kommen wir also auf Ihren Oil-Swamp!“
„Allerdings. Als ich nach meiner Heimkehr meinem Herrn von dem Handel mitteilte, war er zornig über mich. Er verlor mich ungern und riet mir, mich um den Sumpf gar nicht zu bekümmern, sondern bei ihm zu bleiben und die vierhundert Dollar als verloren zu betrachten. Er meinte, damit erspare ich die letzten hundert Dollar, welche ich auf die Reise verwenden müsse, und werde das verlorene Geld bei ihm bald wieder zusammengespart haben. Ich ließ mich aber nicht halten. Hatte ich Land gekauft, so wollte ich es wenigstens auch sehen; mochte das letzte Geld dabei zu Ende gehen. Ich brach also auf und bekam bald Reisegefährten. Ein Deutscher nämlich, Namens Ackermann, welcher in San Franzisco wohlhabend geworden war, hatte da oben, ganz in der Nähe meiner sumpfigen Besitzung, Holzland angekauft und war hinaufgezogen, um eine Schneidemühle anzulegen. Das Werk war in seinen bescheidenen Anfängen schon im Gang und sollte später einen großartigen Umfang erhalten. Sein Sohn war aus geschäftlichen Rücksichten in San Franzisco geblieben, hatte diese Geschäfte erledigt und reiste nun dem Vater nach. Wir trafen uns, weil wir denselben Weg zu nehmen hatten. Er war schon einmal, allerdings nur kurze Zeit, oben gewesen, ließ sich meine Karte und den Plan zeigen, schüttelte den Kopf und sagte:
‚Ich sehe, daß Sie unser nächster Nachbar sind, und kann Ihnen keine Hoffnungen machen. Sie haben allerdings einen Sumpf gekauft. Es ist freilich für diesen Preis ein riesiges Stück Land, aber es taugt zu nichts, zu gar nichts geradezu.‘
Das war ein schlechter Trost. Als wir dann oben bei seinem Vater ankamen und dieser davon hörte, stimmte er seinem Sohn bei.
‚Sie besitzen‘, sagte er, ‚einen mächtigen Talkessel, welcher nur aus Sumpf besteht und rundum von kahlen, unfruchtbaren Höhen umgeben ist. Höchstens sehen Sie hier oder da einmal einen einsamen Strauch stehen. Was ist da zu machen! Sie haben Ihr Geld zum Fenster hinausgeworfen.‘
‚Dann will ich mir den Swamp wenigstens einmal ansehen‘, meinte ich niedergeschlagen. ‚Das ist das einzige, was ich davon habe.‘
‚Allerdings das einzige. Ruhen Sie sich heute bei mir aus; morgen reiten Sie hin, und wenn es Ihnen recht ist, werde ich Sie begleiten.‘
Am anderen Morgen brachen wir auf. Sein Sohn ritt auch mit. Es ging erst lange Zeit durch hohen Nadelwald, welcher ihm gehörte und seiner Schneidemühle Material zu liefern versprach. Dann ging es zwischen kahlen Höhen hin, welche sich plötzlich öffneten und eine weite Niederung umschlossen, welche ein allerdings trostloses Aussehen bot. Vor uns lag Sumpf und nichts als Sumpf. Am Rande desselben waren noch einige Büsche zu sehen. Dann kam Schilf, dann Moos, grünbraunes Sumpfmoos, zwischen welchem blöde Wasserlachen lagen. Jede andere Vegetation war erstorben, und auch das Tierleben hatte sich aus dieser traurigen Bodensenkung zurückgezogen.
‚Da haben Sie es!' sagte der alte Ackermann. ‚Dieser Anblick ist so trostlos, daß ich, so oft ich hierher komme, gleich wieder umkehre.‘
‚Weiter drüben waren Sie also wohl noch nicht?‘
‚Nein.‘
‚Ich möchte aber doch gern hinüber, um zu sehen, ob es dort ebenso aussieht wie
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