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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sterben, wenn nicht rechtzeitig ein Retter erscheint.“
    „Davon bin ich auch überzeugt. An seiner Stelle wird Jonathan Melton erscheinen und die Erbschaft heben. Es muß folglich ein tüchtiger Mann nach Kairo, um beim Konsulat nachzufragen und die Spur dann weiter zu verfolgen.“
    „Dieser Mann sind Sie!“ fiel da Vogel ein, indem er meine Hände ergriff. „Gehen Sie; reisen Sie; beeilen Sie sich, ehe es zu spät wird!“
    „Hm! Die Sache interessiert mich allerdings ungeheuer; aber meinen Sie, daß ich nur hier sitze, um auf irgendeine Veranlassung hin meine Arbeiten wegzuwerfen und mich da drüben jenseits des Mittelmeers mit Verbrechern herumzuschlagen?“
    „Tun Sie es dennoch, tun Sie es! Wenn Sie Small Hunter retten, wird er Sie reich belohnen. Ist er aber schon tot und sie entlarven seinen Doppelgänger, so sind wir gern bereit, Ihnen einen Teil der Erbschaft auszuzahlen.“
    „Uff!“ rief der Häuptling zornig. „Old Shatterhand nimmt kein Geld, und solches Fährtenspüren kann überhaupt kein Mensch bezahlen!“
    Ich milderte diesen Einwurf durch die Erklärung ab:
    „Beruhigen Sie sich, ich war schon vorhin im stillen bereit, mich sogleich nach Kairo aufzumachen, wenn die Hindernisse, welche mir für heute und morgen entgegenstehen, beseitigt sind.“
    Wie scharfdenkend und feinfühlend Winnetou war, zeigte er auch jetzt wieder, indem er mit einer mir sehr verständlichen Bewegung die Hand auf seinen Gürtel legte und dabei sagte:
    „Winnetou bittet Old Shatterhand, keine Hindernisse gelten zu lassen. Wie ist der Weg nach Kairo?“
    „Von hier mit der Bahn nach Brindisi und dann per Schiff nach Alexandrien.“
    „Wie lange fährt man mit der Bahn, und wann geht das Schiff ins Meer?“
    „Die Fahrten finden ganz regelmäßig an bestimmten Wochentagen statt. Wer morgens von hier abreist und übermorgen in Brindisi ankommt, kann schon am nächsten Tag mit dem Dampfer in See stechen.“
    „So fahren wir morgen. Howgh!“
    Ich hatte so etwas geahnt. Winnetou war nicht herübergekommen, um mich nach Afrika zu schicken und allein wieder heimzukehren. Dennoch frappierte mich der feste entschlossene Ton, in welchem er diese Worte sprach. Ich fragte:
    „Aber Winnetou geht in ein Land, welches ihm fremd ist?“
    „Mein Bruder kennt das Land um so besser. Er mag nicht versuchen, mich irre zu machen! Hast du mir nicht hundertmal erzählt, was du in jenen Ländern gesehen hast, und sodann gesagt, du wünschest, daß auch ich einmal hinkommen möge?“
    „Ja.“
    „Dieser Wunsch wird dir jetzt in Erfüllung gehen; also sprich kein Wort dagegen.“
    Ein Apachenhäuptling in Kairo! Welch ein Gedanke! So etwas war noch nie dagewesen. Ich freute mich darüber, denn erstens fand nun auch ich einmal Gelegenheit, seinen Lehrer zu machen, und zweitens lag für uns die Möglichkeit vor, in Lagen zu kommen, wo das Urteil dieses Scharfsinnigsten aller Scharfsinnigen mir von großem Nutzen sein konnte. Und drittens, und das war momentan die Hauptsache, hatte er die Hand auf seinen Gürtel gelegt. Ich befand mich nicht in der Situation, ein so bedeutendes Reisegeld, wie nötig war, vorrätig im Kasten liegen zu haben; der Hinweis auf den Gürtel aber sagte mir, daß in demselben des schnöden und doch so edlen Mammons genug vorhanden sei.
    Die Freude Vogels über unseren Entschluß war groß. Er begann immer wieder, von neuem sich zu bedanken, bis wir ihm dies rundweg und streng verboten. Er wurde ins Hotel geschickt; der Apache aber schlief natürlich bei mir, doch nicht lange, denn schon zur frühen Morgenstunde mußten wir den Zug besteigen. Das machte uns aber keine Schmerzen, denn umfangreicher Reisevorbereitungen bedurfte es nicht, da ich alles, was dazu gehört, stets für den augenblicklichen Gebrauch beisammen habe.
    Vogel war mit genügenden Mitteln zur Rückkehr nach San Francisco versehen. Er verabschiedete sich am Coupé von uns und erhielt noch ausführlich gesagt, wie er und seine Verwandten sich in gewissen Fällen zu verhalten hätten.
    Großen Spaß gewährte mir die Aufmerksamkeit, welche die Erscheinung des Apachen überall erregte. Ich scheute mich nicht, zu sagen, daß er für kurze und oberflächliche Blicke wie ein neugekleideter Stromer aussah. Aber wer auf seine Haltung und auf die edlen, stolzen und meist unbeweglichen Züge seines hellbronzenen Gesichtes achtete, der war gezwungen, auf den Gedanken zu kommen, daß er keinen gewöhnlichen Menschen vor sich habe.
    Kleine Erlebnisse,

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