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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich hatte allen Grund, mich über dieses Zusammentreffen zu freuen; das werden diejenigen Leser gern glauben, welche ‚Die Gum‘ gelesen haben. Es sei mir erlaubt, das zu wiederholen, was ich dort über seine Persönlichkeit gesagt habe:
    „Drüben im ‚Farwest‘ habe ich einen Mann getroffen, der sich ebenso wie ich aus reiner Abenteuerlust ganz allein in die finstern und blutigen Gründe des Indianergebietes gewagt hatte und mir bei allen Fährlichkeiten ein treuer Freund und Maat geblieben war. Sir Emery Bothwell war ein Engländer vom reinsten Kristall, stolz, edel, kalt, wortkarg, kühn bis zur Verwegenheit, voll Geistesgegenwart, ein starker Ringer, ein gewandter Fechter, ein sicherer Schütze, und dabei voller Aufopferungsfähigkeit, wenn sein Herz einmal freundschaftlichen Regungen zugänglich geworden war. Neben diesen zahlreichen Vorzügen besaß der gute Emery allerdings einige kleine Eigentümlichkeiten, die ihn sofort als Engländer charakterisierten und einen Fremden wohl gar abstoßen mußten. Mir gegenüber hatten sie keinerlei Störung, sondern im Gegenteil öfters eine kleine, allerdings heimliche und unschuldige Belustigung verursacht.“
    Ja, so, ganz so war Emery Bothwell, der dann mit mir und wenigen Männern in der Sahara eine ganze Raubkarawane vernichtet hatte. Daß er, der sonst so wortkarge Mann, uns mit so vielen Worten begrüßt hatte, war ein Zeichen der ebenso großen wie aufrichtigen Freude, welche er bei dem gegenwärtigen Wiedersehen empfand. Er kannte Winnetou ebensogut persönlich wie mich, da wir mit ihm den Südwesten der Vereinigten Staaten fast drei Vierteljahre lang durchstreift und dabei manches ungewöhnliche Vorkommnis erlebt hatten. Der Apache freute sich infolgedessen wohl in demselben Grad, wie ich über dieses ganz unerwartete Zusammentreffen, doch war es nicht seine Weise, sich dergleichen Regungen auffällig merken zu lassen.
    Daß wir hier und in dieser Zeit mit ihm zusammentrafen, war mir im hohen Grad willkommen. Er stand sich so, daß er stets über seine Zeit verfügen konnte, und ich war sofort überzeugt, daß er sich uns anschließen werde. Es handelte sich darum, nach einem Verschollenen zu suchen, vielleicht gar ein Verbrechen zu entdecken oder wenigstens zu verhüten, und das war seiner Abenteuerlust eine hochwillkommene Aufgabe. Und da er alles Nötige besaß, sie zu lösen, so konnte ich keinen bessern Begleiter finden als ihn. Und wenn die Gesuchten sich noch so schlau und sorgfältig versteckt hätten, mit Winnetou, dem berühmtesten Pfadfinder des Westens, und mit Emery, dem fast ebenso berühmten Behluwan-Bei der algerischen Wüste, mußten sie entdeckt werden.
    Der letztere war jedenfalls in hohem Grad erstaunt, den ersteren in Kairo zu sehen. Er sagte sich, daß nur ein ganz außerordentlicher Umstand den Indianer zu dieser Reise veranlaßt haben könne. Winnetou hätte nicht gefragt, sondern gewartet; Emery aber war ein Weißer; er legte seiner Wißbegierde keine Schranken an und wendete, als er bei uns Platz genommen hatte, sich mit verschiedenen Fragen über das Woher und Wohin an mich.
    „Ist's möglich!“ rief er. „Ihr wollt nach Tunis? Ich auch!“
    „Wann?“
    „Wann es euch beliebt.“
    „Schön! Wir reisen also zusammen. Was willst du dort?“
    „Welche Frage! Abenteuer. Und ihr?“
    „Wahrscheinlich finden auch wir Abenteuer. Ich meinte nur, es müsse eine nähere Ursache, welche dich nach Tunis zieht, vorhanden sein.“
    „Richtig! Die Ursache heißt Small Hunter.“
    „Uff!“ rief der Indianer, dem dieser Name so überraschend kam, daß er dadurch ganz wider Willen aus seinem Schweigen gerissen wurde.
    „Small Hunter?“ fragte auch ich schnell. „Ist das möglich? Kennst du ihn?“
    „Yes. Du auch, wie es scheint?“
    „Nein; aber ich suche ihn in Tunis.“
    „Bist auf falscher Fährte. Er ist in Ägypten, und zwar in Alexandrien.“
    „Und von dort her kommen wir! Hätten wir das gewußt! Wir haben uns hier nach ihm erkundigt und da erfahren, daß er schon vor etwa drei Monaten nach Tunis abgereist sei.“
    „Unsinn! Ist noch da.“
    „Aber er hat Anweisung gegeben, ihm alle Postsachen nach Tunis nachzusenden, und es sind ihm auch schon Briefe nachgeschickt worden!“
    „Tut auch nichts. Er ist doch noch da; aber er will fort, und zwar mit mir; er wartet in Alexandrien auf mich.“
    „So bist du schon vorher mit ihm zusammengewesen?“
    „Fragen und immer wieder Fragen! Soll ich dir etwa eine Erzählung

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