38 - Wiedergeborenes Scorpio
Schließlich war die Beute der Banditen zurückerobert worden – ich hatte mein eigenes Rapier vor mir! Ich hatte auch keinen Zweifel, warum ausgerechnet diese Waffe ausgewählt worden war. Schließlich war ich der Clown, der eine seltsame, ausländische, fremde und daher komische Waffe bekommen mußte. Strom Hangol beugte sich vor und brüllte etwas; Leotes rief ihn zur Ordnung, woraufhin Hangol sich wieder entspannte.
Ein Mädchen – Fashti, eine hübsch gebaute Fristle – lief herbei und schlug mir mit ihrem Stock über den Kopf, und die Blase verfing sich an einem meiner Ohren und riß es ab.
Schon in diesem Augenblick ahnte ich wohl, daß Strom Hangol mich erkennen würde.
Seine Aufmerksamkeit galt bereits dem Rapier; zweifellos hatte er etwas dagegen, daß bei einer primitiven Farce dieser Art eine so gute Waffe verwendet werden sollte. In diesen Fragen war er bestimmt empfindlich, dieser Cramph. Er beugte sich vor und starrte mich an. Aber schon hieb der Kleine Klanch, immerhin acht Fuß groß, nach mir, und traf mich an der Kehrseite. Ich sprang hoch. Das Publikum war außer sich vor Lachen. Mein grünes Gesicht, meine rote Nase und das fehlende Ohr zeigten nur zu deutlich an, daß ich der Unterlegene sein sollte. Das zweite Ohr löste sich nun ebenfalls. Strom Hangol erhob sich von seinem Sitz, woraufhin ich meinem Ruf als Onker aller Onker gerecht wurde und ihn anstarrte. Der Kleine Klanch versetzte mir einen Hieb, der mir den dummen ausgestopften Hut vom Kopf fegte.
Ich sah Hangols Gesichtsausdruck.
Bei manchen Slapstick-Vorstellungen dieser Art gehört es zur Tradition, daß sich Angehörige des Publikums in die Vorgänge einschalten. So zeigte sich daher niemand überrascht, als Hangol auf die Bühne sprang. Vielleicht hätte sich Leotes über die Handlungsweise seines Cadades ein wenig gewundert. Hangol schwenkte sein Rapier.
»Hier kommt jemand, der es dir zeigen wird!« brüllte er.
»Strom! Strom!« skandierte das Publikum. »Bring's ihm bei! Bring's ihm bei!«
Hangol konnte diese Reaktion nur recht sein.
Er ließ die Klinge vor meinem Gesicht hin und her fauchen. Dann sagte er mit keuchender Stimme: »Shint! Ich kenne dich! Rast – du wirst sterben!«
Ich sparte mir den Atem und antwortete nicht. Ich steckte ziemlich in der Klemme. Gewiß, ich hielt ein Rapier, das ich kannte. Aber der dazugehörige linkshändige Dolch fehlte. Meine Körperkräfte waren so minimal, daß Hangol beim ersten Durchgang meine Klinge zur Seite drücken und kaum eine Gegenwehr spüren würde.
Wie gut war er überhaupt als Schwertkämpfer?
Seit meinem Einbruch bei Mefto dem Kazzur waren meine alten Ansichten über den Schwertkampf verstärkt worden. Ich konnte mir nicht mehr einreden, daß ich eines Tages einen besseren Schwertkämpfer vor mir haben würde – das war bereits geschehen. Vielleicht war Strom Hangol ein zweiter Kämpfer dieser Klasse. Solche Gedanken waren beunruhigend. Wenn ich in dieser Auseinandersetzung überhaupt eine Chance hatte, konnte sie sich nur von meiner Geschicklichkeit herleiten. Wenn dieser unbeherrschte Schinder sich auch nur ein bißchen auf den Jiktar und den Hikdar, Rapier und Main-Gauche, verstand, würde ich nicht ohne ernsthafte Verwundung davonkommen oder gar sterben, sollte er es darauf anlegen.
Ungeschickt hielt ich das Rapier. Wenn ich Ihnen sage, daß sich das Ding so schwer anfühlte wie eines der ungeheuren Zweihandschwerter aus den Blauen Bergen, können Sie sich meine Muskelschwäche vorstellen. Ich führte die Klinge hin und her.
Das Publikum spendete Beifall. Hangol lachte. Er sagte: »Ich werde dich nicht sofort töten. Langsam – so muß man das machen.«
Jäh griff er an, ließ seinen Stahl hell aufblitzen und eine hellgrüne Fliege von meinem Kostüm zu Boden flattern.
Nun ja, dazu war auch ein Anfänger in der Lage, wenn ihm nur gezeigt wurde, wie so etwas gemacht wurde.
»Parier ihn doch!« rief Rikky Tardish aus den Kulissen. »Spiel die Szene aus!«
»Ich werde die Sache mit dir ausspielen, du Rast«, sagte Hangol auf seine rachsüchtig-freundliche Art. »Und ich werde meinen Spaß dabei haben.«
Ich schwenkte das Rapier vor mir, als er wieder zuhieb. Seine Klinge schlug die meine zur Seite und entfernte eine gelbe Fliege.
Ich hatte keine Main-Gauche. Er hatte die seine noch nicht gezogen. Das war immerhin ein Vorteil. Ich legte die linke Hand auf den Griffschutz des Rapiers. Dann packte ich Knauf und Schutz in ungeschicktem Doppelgriff, eine
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