38 - Wiedergeborenes Scorpio
dünnemachen, Dom. Bis sich die Dinge beruhigt haben.«
Ich schüttelte das Rapier und ließ einen Tropfen Blut zu Boden fallen. »Du hast recht, Kleiner, ich danke dir.«
Wenn ich ehrlich sein will, war mir zumute, als hätte ich zehn Jahre lang eine sechzehn Tonnen schwere Last einen Hügel hinaufgeschafft. Ich keuchte. Ich spürte ein Brennen in den Muskeln. Bei Krun! Welche Last ist es doch, schwach zu sein!
Rikky Tardish erschien schwitzend und zitternd.
»Verschwinde, Drajak. Ach, warum habe ich nur auf die glatte Zunge Mevancys gehört? Ich wußte, daß sie mir Ärger machen würde ...«
»Die Schuld kannst du Hangol geben, diesem Shint!« sagte ich barsch. »Mevancy hat dir Gold gezahlt.«
»Aye, aye, das hat sie getan, bei der Gnade Tsung-Tans. Nun verschwinde, schtump!«
Ich zögerte nicht und marschierte zwischen den Karren und Zelten fort. Ich hatte meine Reaktion auf den schlimmen Kampf noch nicht überstanden. Mein Val! So kämpfen zu müssen! Es war ein Wunder, daß ich nicht aufgespießt auf der Bühne lag.
Ein blauer Schimmer erschien in der Luft. Überrascht schnappte ich nach Luft und hob den Blick.
Hoch oben am Himmel führte eine breiter werdende Bahn blauer Strahlung zur Erde. »In einer Herrelldrinischen Hölle – was wollen die Everoinye denn schon wieder von mir?« rief ich. »Vermutlich willst du mich wieder bei Mevancy absetzen, Skorpion!«
Über mir loderte der riesige Phantom-Skorpion, als stünde er unter Feuer. Aus diesem Blickwinkel hatte ich ihn noch nicht gesehen. Er wirkte irgendwie entrückt. Die Umrisse kamen näher. Der Boden vor mir strahlte blau. Und doch hörte ich das Zirpen der Insekten im Gras und spürte den schwachen Wind. Pulsierend-durchsichtig waberte der riesige Skorpion vor mir. Der Schimmer schmolz, strömte, zuckte und löste sich auf – und innerhalb von drei Herzschlägen war der Skorpion der Herren der Sterne verschwunden.
Ich atmete aus.
Ich stand ziemlich reglos da und riß die Augen auf und konnte nicht glauben, was ich sah. O nein, bei Vox! Das war wirklich nicht zu glauben.
Denn aus der Stelle, wo die blaue Strahlung des Phantom Skorpions erloschen war, trat eine Frau und kam auf mich zu.
Ich stand da, und die Augen hingen mir an Stielen aus dem Gesicht: Mevancy kam aus dem Skorpion der Herren der Sterne zu mir.
9
»Es sieht wirklich so aus, als könnte ich dich nicht allein lassen, Kohlkopf, ohne daß du gleich wieder in dumme Fettnäpfchen trittst. Ich war ganz sicher, daß der Shint dich unter der tollen Maske nicht erkennen würde.«
»Er hat es aber getan.« Ich murmelte eine Bemerkung über den Kleinen Klanch und die Fristle-Fifi Fashti. Wir saßen in Mevancys Zelt. Aber ich war nicht wirklich hier. Noch immer stand ich da draußen am Rand der Ebene und sah die blaue Strahlung vor mir erlöschen. Ich erinnere mich mit völliger Klarheit, daß sich der Duft von Mondblüten in jenem Augenblick mit dem Duft gebratener Momogrosses vermengte. Ganz in der Nähe sang ein Mädchen in einem Zelt ›Oh, das Schwert meines Liebhabers‹, eine traurige kleine Melodie voller langer Kadenzen und gedehnter Vokale, die Trauer anzeigen. Immer wenn ich das Lied höre, fühle ich mich auf die staubige Grasebene vor den Toren Ankharums zurückversetzt, wo ich zum erstenmal Zeuge wurde, wie die Herren der Sterne ein anderes Wesen durch den Raum beförderten.
Kein Zweifel – der Bedeutung dieses Ereignisses war ich mir bewußt!
Ich war schon früher anderen Kregoinyes begegnet, die für die Herren der Sterne arbeiteten.
Einmal war Pompino zu mir zurückgekehrt, von den Herren der Sterne dazu angehalten, seine Pflicht zu tun. Aber dies – es war völlig anders. Außerdem hatte ich es hier nicht mit einem Kregoinye zu tun, sondern mit einer Kregoinya.
Mevancy nal Chardaz war eine Kregoinya!
Ich saß in dem Zelt und schüttelte den Kopf und hörte ihre gereizten Worte wie durch einen Schleier: »Ich kann jetzt nicht zur Küste reisen, Kohlkopf. Also begleite ich dich einfach nach Makilorn.«
»Aber ja«, murmelte ich, wußte aber nicht, was ich da eigentlich bejahte. Nun gab es keinen Zweifel mehr, daß sie mich die letzte Strecke aus dem verdammten Feuer gezerrt hatte. Ich hatte vermutet, daß sie deswegen ein gewisses Verantwortungsgefühl für mich entwickelt hatte. Dabei hatte sie die ganze Zeit den Auftrag von den Herren der Sterne, für mich zu sorgen! Ich hatte angenommen, ich sollte auf Mevancy aufpassen. Nun sah es so aus, als
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