38 - Wiedergeborenes Scorpio
Loyalität lag. Mein Gürtel kratzte auf das Unangenehmste über den Boden. Gleich würde ich etwas unternehmen müssen oder sterben.
Mevancy beruhigte sich. Mit leiser Stimme sagte sie etwas, und Leotes lachte – es war ein absonderlich-fröhliches Lachen, das aus vollem Herzen zu kommen schien, ohne jeden Spott: unglaublich bei einem Mann in seiner Situation. »Du wartest, meine Liebe?«
Mevancy antwortete: »Natürlich, Lieber.«
Und Leotes ließ los und stürzte in die Tiefe.
Ich spürte sofort den Unterschied und wußte, daß ich Mevancy würde halten können.
In dieser Stellung wurden wir schließlich gefunden.
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Mevancy sagte: »In der Karawane gibt es keinen zuverlässigen Mann, der mächtig genug wäre, den Shint im Zaum zu halten. Beeil dich, Fambly! Wir müssen in die Stadt reiten und dort so schnell wie möglich untertauchen.«
Sie war bekümmert und voller Trauer, das spürte ich. Bestimmt hatte sie in ihrem Zelt geweint, ehe sie voller Tatendurst wieder bei mir erschien. Sie war nicht durcheinander. Sie handelte wie ein Mensch, dessen Pläne unterbrochen worden waren – diesen klaren Eindruck gewann ich.
Eine Tragödie dieses Ausmaßes hätte sie vor Trauer verrückt machen müssen – so könnte man meinen. Aber nein, sie blieb gelassen und entschlossen, sie riß die Zügel an sich und organisierte unsere Flucht durch die Wüste nach Makilorn.
Meister Pandarun hatte uns gefunden, die Zorcareiter der Königin hatten uns hochgezogen. Angesichts der Szene bestand nicht die Gefahr, daß man uns den Tod des Vad zur Last legen würde. Aber das würde Hangol nicht bremsen. Eine Zeitlang hatte er freie Bahn und würde sich rächen. Ich, das darf ich sagen, legte großen Wert darauf, daß wir verschwanden.
Es überraschte uns kaum, als Llodi die Stimme verkündete, er wolle mit uns fliehen, denn Strom Hangol hatte es auch auf den kleinen Mann abgesehen.
Den Karren ließen wir im Stich, und Mevancy besorgte für Llodi eine Lictrix. Wir nahmen viel Wasser, ausreichend Proviant, unsere Waffen und zogen schließlich los. Wir ritten um unser Leben.
Ich weiß nicht, wie knapp unser Vorsprung war, wie bald Hangols Freunde uns zu suchen begannen, aber bestimmt war unser Vorsprung nicht groß, bei Krun!
Wir ritten im Eiltempo in die Nacht hinaus – in westlicher Richtung auf den Fluß der Treibenden Blätter zu. Unser Ziel war die große Stadt Makilorn, in der wir uns verstecken wollten. Was zwischen Mevancy und Leotes bestanden hatte, ging nur die beiden etwas an; ich hatte nur einige Brocken mitbekommen. Daß ich aus diesen Informationen keinen Sinn herauslesen konnte, ist nicht verwunderlich. Gedanken wehten mir durch den Kopf, aber nichts schien einen Zusammenhang zu ergeben. Meine intensive Beschäftigung mit der Frage war sicher der Grund, warum ich das Offensichtliche übersah. Ich erkannte nicht, was mit plötzlicher und nicht abzuwehrender Autorität in unser Leben treten würde.
Armer alter Llodi! Er würde wahrscheinlich überhaupt nichts mitbekommen.
Letztlich liefen die Dinge dann doch anders, als man bei ihnen hätte erwarten können.
Die Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln stand am Himmel und beleuchtete strahlend die Öde des Farang Parang. Eine Vielzahl von Sternen funkelte. Die Nacht war kühl, aber angenehm, und die Hufe unserer Tiere klangen gedämpft im Staub. Von Zeit zu Zeit warf ich forschende Blicke nach hinten.
In einer solchen Nacht konnten räuberische Glitch-Reiter unterwegs sein, in der Hoffnung, eine Karawane zu überraschen. Auch gewöhnliche Banditen waren in diesem Gebiet anzutreffen. Wir mochten unter den Monden dunkle Umrisse ausmachen und nicht wissen, welche Reiter das waren – nur eines würde klar sein: sie wollten uns nichts Gutes.
Mevancy hatte berichtet, daß San Hargon grausam gelacht hatte, als die anderen beiden Gauner sie und Leotes über die Kante schoben. Er hatte in die Tiefe geschaut und auf die logische Frage geantwortet, daß man die beiden Opfer ruhig hängen lassen sollte, aus zwei Gründen: erstens würde man einen Unfall vermuten, und zweitens gefiel ihm der Gedanke an das qualvolle Leid der Opfer vor dem Tod.
Ein kaltes, reptilienhaftes Geschöpf, der asketische Hargon.
Als es dann geschah und mein dummer alter Voskschädel endlich mitbekam, was da passierte, stieß ich einen durchdringenden Schrei aus, in den sich Kummer und Zorn mischten.
Außerdem – das erwähnte ich bereits – geschah es auf eine Weise, die mir
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