38 - Wiedergeborenes Scorpio
lagen savannenähnliche Gebiete, grasbewachsene freie Ebenen, angefüllt mit einem reichhaltigen Tierleben; dort gab es aber auch Straßen und Städte und Zivilisationen. In dem Maße, wie sich das Land änderte, wandelten sich Vegetation, Boden, Klima und Bewohner. Der Weg, den wir nahmen, der alte Lorn-Weg, folgte dem Gürtel zwischen Gras und Wüste. Ich stellte natürlich allerlei Fragen und erfuhr, daß die Völker des Nordens die hiesigen Tsungfariler bedrängten, so daß sie sich an den Flüssen und in den Oasen niederließen. Sie wagten sich in bewachten Karawanen durch die echten Wüsten des Südens, um mit den breiten fruchtbaren Küstenebenen einen lebhaften Handel zu treiben. Ng'groga, Zamran, Din'nagul und andere Nationen, ausnahmslos wohlhabend zu nennen, wurden regelmäßig besucht. Nach Westen, nach Tarankar, wagten sich die Tsungfariler nicht vor. War nicht allgemein bekannt, daß die bestialischen Tarankarer menschliche Kleinkinder brieten und aßen?
Trotz dieser wirtschaftlichen Verflechtungen und trotz seines ausgedehnten Gebiets war Tsungfaril ziemlich abgeschieden und isoliert. Die Menschen blieben unter sich. Nun ja, das ist bekannt. Auch meine Djangs verlassen ihre Grenzen nur, wenn sie etwas wirklich Wichtiges zu erledigen haben.
Während dieser Frage-und-Antwort-Gespräche kam die Sprache auch auf Leute, die Paol-ur-bliem genannt wurden. Meine natürliche Neugier stieß auf abgewendete Blicke, Kopfschütteln und Schweigen oder Themenwechsel. Auch Llodi machte sich hastig davon, sagte aber kurzangebunden: »Da mußt du mit einem Dikaster sprechen, der doch ein Zaubermensch ist und so.«
»Wo finde ich ihn?« rief ich ihm nach.
»Kann ich dir nicht sagen.«
»Kannst du nicht, oder willst du nicht?« Aber er verschwand hinter den angebundenen Lictrixes, und ich folgte ihm nicht, denn Strom Hangols Zelt war nicht allzuweit entfernt, und ich mußte in meinem noch immer geschwächten Zustand seinen Freunden aus dem Weg gehen.
Mevancy hatte allerdings mit ihrem Freund Leotes gesprochen, der einen klaren Befehl gegeben hatte. Hangol und seine Kerle mußten sich Zurückhaltung auferlegen.
Trotzdem war Vad Leotes viel zu nachsichtig. Sein roter Schnurrbart sträubte sich gutgelaunt, und er lachte gern und lange. Nun ja, bei Vox! – dazu hatte er auch jedes Recht, oder nicht? Er war reich und verwöhnt, wurde von oben bis unten bedient, tat keinen Handschlag für seinen Unterhalt und brauchte, soweit ich mitbekommen hatte, nichts zu tun, was ihm nicht behagte. Außer in einer Hinsicht.
»Manchmal sitzt ihm die Königin im Nacken, Kohlkopf.« Mevancy schüttelte den Kopf. »Leotes ist ihr überaus treu ergeben. Warum würde er sich wohl auf den alten Lorn-Weg wagen, wenn sie ihn nicht geschickt hätte?«
»Ist er verheiratet?« fragte ich brutal. Ich wußte, daß Ehen in Tsungfaril eine gebräuchliche Form des Zusammenlebens waren.
»Er war verheiratet. Seine Frau ist gestorben. Er hat allerdings Kinder ...«
»Dann tut er mir doppelt leid, zugleich freue ich mich für ihn.«
Wie erwartet, war sie so klug, meine Bemerkung zu verstehen. Sie legte den Kopf auf die Seite. »Du hast auch Kinder«, sagte sie.
»Ja.« Ich war nicht gewillt, ihr zu sagen, daß Drak Herrscher von Vallia, Zeg König von Zandikar und Jaidur König von Hyrklana waren. Ebenso behielt ich für mich, daß Lela noch immer um Prinz Tyfar von Hamal herumstrich und daß beide noch ziemlich viel Vernunft hinzugewinnen mußten; daß Dayra – nun ja, wo war Dayra, Ros die Klaue, und was führte sie im Schilde? Und die kleine Velia – nun ja, die kleine Velia war nicht mehr klein, sondern ebenso wie Didi ein Mitglied der Schwestern der Rose.
O ja, ich hatte Kinder; dennoch fühlte ich mich jung und vermochte, sobald ich nur die Sorgen des Reiches abzulegen wußte, mit der gedankenlosen Begeisterung des Jugend zu handeln. Mevancy warf mir einen langen Blick zu, dann wurde das Thema gewechselt. Allerdings vermittelte sie mir den Eindruck, daß Vad Leotes' Kinder unwichtig waren, völlig nebensächlich.
Wir überquerten den Farang Parang, schwierig, aber bei weitem nicht so unangenehm wie die Große Salzwüste. In einem etwas leichter zugänglichen Gebiet im Norden hauste ein gefährliches Nomadenvolk und versperrte uns den besseren Weg. Manchmal wurden Karawanen nicht nur von Berufsbanditen überfallen, sondern von Angehörigen solcher Nomadenstämme, der Glitch-Reiter. Sie galten auch als Geißel der zivilisierten Länder
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