39 - Meuchelmörder von Scorpio
führende Steintreppen stieß. Ich stieg hinauf und fand einen langen sauberen Gang ohne ein einziges Beobachtungsgitter. Statt dessen spannten sich Stricke durch Löcher in den Wänden zu hölzernen Zylindern mit eisernen Griffen. Hier oben war niemand, und ich erkannte, daß dies der Bedienungsraum für die Fächer des unter mir befindlichen Gemaches war.
Ich eilte weiter, stieg wieder hinunter und war schnell erneut in den staubigen schmalen Gängen zwischen den Wänden.
An einer Ecke lag ein unordentlicher Haufen gelber Knochen. Voller Mitgefühl dachte ich an den armen Unglücklichen, der sich hier verirrt hatte und in die Falle geraten war, dann bemerkte ich den rostigen Dolch in der einen Augenhöhle. Den Hauern zufolge, die an beiden Seiten seines Unterkiefers herausragten, war es ein Chulik gewesen. Als ich weiterging, fragte ich mich, was ihm wohl zugestoßen sein mochte.
Der Gang machte eine erneute Biegung, und gezwungenermaßen mußte ich ihr folgen. Es war mir klar, daß ich im Kreis ging und auf der gegenüberliegenden Seite des Badegemaches in die andere Richtung zurücklief. Ein Lichtstrahl, der aus einem in der verborgenen Tür installierten Gitter drang, teilte den Gang vor mir. Ich blieb stehen und schaute hindurch.
Mädchen tollten mit viel Gelächter und Geplansche herum. Einige tauchten ins Wasser ein und schwammen spritzend umher; ihre Körper schimmerten in dem Dampf, der aus dem warmen parfümierten Wasser aufstieg. Andere lagen träge auf Sofas oder Teppichen, die neben dem Becken standen. Dieses Bild bot einen Anblick voller Schönheit, der mich, einen alten grauen Leemjäger, daran erinnerte, wie das Leben sein konnte und sein sollte. Und doch arbeiteten natürlich viele arme Leute lange und harte Stunden bei den Bewässerungskanälen und in den Fabriken, damit diese Oberklasse den schwelgerischen Luxus genießen konnte.
Eine Gruppe Zofen verteilte sich am Beckenrand, und die Königin erhob sich rosig schimmernd aus dem Wasser, glänzend und voller Pracht.
Nun, das war nicht der richtige Ort für mich. Wenn ich auch spionierte, so war ich doch kein Spanner. Also wandte ich mich ab, um die Suche nach dem Ausgang fortzusetzen, und aus dem Augenwinkel sah ich die schnellen katzenhaften Bewegungen und das Aufblitzen von Schwertern, als Mörder in das warme Gemach eindrangen.
Es war ein halbes Dutzend Männer, alle in Schwarz gekleidet; schwarze Tüchern verbargen die Gesichter. Das barbarische Funkeln in den Augen paßte zum Funkeln der Schwerter. Aufruhr und Chaos brachen aus. Mädchen schrien und erstickten an ihren Schreien; Mädchen rannten und starben, während sie liefen.
Die Königin richtete sich tief durchatmend auf, anmutig und prächtig. Sie starrte ihrem Tod entgegen. Paol-ur-bliem oder nicht, diese Erfahrung mußte sich ihr einprägen. Sie trat den Meuchelmördern tapfer und unerschrocken entgegen, ihre Fäuste waren in die Hüfte gestemmt, während das Wasser an ihr herabrann, und ich hätte schwören mögen, daß ihr ein verächtliches Lächeln um die weichen Lippen spielte.
Das Schwert lag in meiner Faust, und ich warf mich gegen die Tür mit dem Gitter.
Ein Vorhang aus blauer Strahlung fiel vor mir nieder. Durch den schimmernden blauen Schleier sah ich eine andere Szene. Ich glaubte nicht, daß das, was ich sah, geschah, aber ich sah ein anderes Geschehen, ein andere Szene, die auf eine schreckliche Art und Weise das gleiche darstellte.
Schwarzgekleidete Meuchelmörder stürzten vor, um die zusammengekrümmte Gestalt einer jungen Frau niederzumachen, und ein Junge mit leeren Händen stellte sich tapfer vor sie. Die Zwillingssonnen warfen rubinrote und grüne Schatten auf den Wüstenboden. Ich konnte beide Bilder mit der gleichen Schärfe sehen: die Königin standhaft am Rande ihres Schwimmbeckens, während ihre Zofen kreischten und sich davonmachten, und die junge Frau, wie sie sich zusammenkrümmte, als der junge Mann sich vor sie stellte. Die Bilder waren übereinandergelegt, beide wurden von der blauen Strahlung vor mir berührt.
Ich warf mich vorwärts, um die Tür aufzustoßen und brüllend über den Marmor in das abgelegene Badegemach zu stürmen. Ich wollte für diese Frau kämpfen, Königin Leone von Tsungfaril. Ich würde tun, was in meiner Macht stand, um sie zu beschützen.
Die Tür war nicht da.
Zerschmetternde Kälte packte mich. Der Schock des Erkennens ließ mich aufstöhnen.
Zwei Frauen in Gefahr, schwarzgekleidete Meuchelmörder im Begriff,
Weitere Kostenlose Bücher