39 - Meuchelmörder von Scorpio
Turban zu richten. Von meiner kleinen Lampe fiel aus einem anderen Winkel Licht auf ihn. Er fuhr fort: »Die Tatsachen lassen sich leicht darlegen und sind recht einfach. Es ist die Deutung, die das Rätsel darstellt. Vor langer Zeit – es gibt unterschiedliche Berichte darüber, wie lange – starb ein großer Zauberer aus Walfarg. Du verstehst jetzt die Unterschiede zwischen einem Zauberer aus Loh und einem echten Zauberer von Walfarg, Jak?«
»Ähm, ich glaube schon, auch wenn ... egal. Mach weiter.«
»Seine Macht war wirklich groß. Es gab einen Gegenstand – einige behaupten, es war ein Armreif, anderen zufolge war es eine Halskette, wieder anderen zufolge war es ein lederner Brustpanzer –, der neun Edelsteine enthielt. Jeder Edelstein sah aus wie ein Rubin, und alle waren identisch. Die neun Juwelen stellten die Quelle unvorstellbarer Macht dar.« Deb-Lu hörte mit seinem trockenen Gekicher auf. »Nun, Jak, für die meisten Nicht-Zauberer, nehme ich an.«
»Ich verstehe. Also hat Na-Si-Fantong vor, alle neun zu sammeln und sich zum Meisterzauberer aufzuschwingen.«
»Die Macht ist sehr groß, wahrhaftig, sehr groß.«
Ich erkannte, daß ich durch sein Benehmen getäuscht worden war. Wenn er mich Jak nannte, wie er es sehr oft in Erinnerung an unsere gemeinsamen Abenteuer tat, war er entspannt und locker. Sein Kampf durch die Ebenen, um zu mir zu gelangen, und meine offensichtliche Freude über seinen Besuch hatten ihn dazu gebracht, mich Jak zu nennen. Aber er meinte es tödlich ernst. Er hatte Macht erwähnt, und er meinte auch Macht. Dieses Skantiklar war nicht das Spielzeug eines Zauberlehrlings.
Seine Gestalt verschwamm allmählich. Ich konnte die Wand durch ihn hindurch sehen.
»Fantong hat Makilorn verlassen und den Versuch aufgegeben, den Edelstein hier an sich zu nehmen. Ich weiß nicht, wohin er verschwunden ist.«
»Ich werde ihn suchen und dich benachrichtigen. Ich fürchte, ich muß gehen.«
Er entfernte sich ohne ein Remberee.
Eine Macht, die ich nicht verstand und die Deb-Lu nur teilweise kontrollieren konnte, mußte seine Sprünge über die Ebenen behindern.
Was die Geschichte des Skantiklars anging, so interessant sie auch sein mochte, hatte sie doch keine Auswirkungen auf die schändlichen Handlungen, die auf mich zukamen. Die Idee von einem Gegenstand der Macht, der zerbrochen und verstreut worden war, und von einem Zauberer, der alle Teile suchte, um sie zu vereinen und sich so zum Meisterzauberer aufzuschwingen, war zwar nicht neu, besaß aber einen bestimmten Charme. Wie Deb-Lu gesagt hatte, war dies nicht das Rätsel. Das Rätsel war, wofür Fantong diese Macht wollte. Beim Klang seines Namens stolperte ich immer noch über das ›Si‹.
Ich streckte mich aus und schlief darauf sofort ein, und ich erwachte, weil Llodi mich an der Schulter heftig rüttelte. »Frühstück und Wr. Caspar stehen bereit.«
Man brauchte Llodi nicht zu fragen, ob er Erfolg gehabt hatte.
Chandro erschien spät zum ersten Frühstück, da er seinen religiösen Riten nachzukommen hatte. Mevancy lächelte und sah blendend aus, und doch war sie deutlich unruhig. Llodi, der uns Gesellschaft leistete, nahm die Dinge auf seine phlegmatische Art hin. Kuong konnte nicht stillsitzen. Nur Caspar schien von allem unberührt; er aß und trank gemütlich.
Irgendwie waren Mevancy und er auf das Thema gekommen, welche Waffen ein Meuchelmörder benutzte. Caspar zeigte ihr den Dolch, den er unter dem Gewand verborgen in einer Scheide trug. »Das ist ein Spitzer. Siehst du, er hat Vertiefungen für Gift. In den richtigen Händen ist er tödlich.« Er steckte die schmale Waffe wieder weg. »Die Leute nennen mich manchmal Caspar den Spitzer.«
»Caspar der Spitzer«, sagte sie. Der Dolch hatte ihr nicht gefallen. »Ja, das hat Klang.«
Nachdem ich dafür gesorgt hatte, daß ich ein anständiges Frühstück hinuntergebracht hatte – es ist ungesund, mit leerem Magen etwas zu tun –, dachte ich müßig darüber nach, wie Mevancy darauf reagierte, daß ihr Schwachkopf nicht nur eine Idee gehabt, sondern sie und die anderen tatsächlich dazu überredet hatte, den Plan mit durchzuführen. Sollte es irgendeine dumme Diskussion darüber geben, wer die Befehle gab, würde ich sie machen lassen, ohne mich zu zanken. Ich hatte keine Lust, mein Gewicht in die Waagschale zu werfen. Aber, wenn es nötig war, würde ich es tun, bei Krun.
Wir entschieden uns, die Arbeit folgendermaßen aufzuteilen: Llodi würde als Caspars
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