39 - Satan und Ischariot III
Trunk miteinander, wobei er mich fragte, was ich sei. Ich gab ihm Auskunft und nun fragte er mich, ob es hier nicht vielleicht einen tüchtigen und zuverlässigen Führer hinauf nach New-Mexiko und dann weiter gebe. Der Mann wollte nämlich nach Frisco hinüber. Ich habe den Weg vielmals gemacht, kenne ihn so genau wie meine Mütze und bot mich also als Führer an. Er nahm neue Pferde, und schon nach einer Stunde ging es fort. Wißt Ihr vielleicht, wer dieser Gentleman war? Ihr kennt ihn genau!“
„Wirklich? Ein Zufall!“
„Ja, Zufall, aber ein glücklicher. Der Master nannte sich Murphy, Fred Murphy, und ist Advokat in New Orleans.“
„Der Advokat Fred Murphy? Ist es möglich!“ rief ich aus. „Dann weiter, schnell weiter!“
„Nun ja, wir kamen weiter, aber nicht so rasch, wie ich es Euch erzählen soll. Will es Euch zu Gefallen aber kürzer machen.“
„Wißt Ihr, was er in Frisco wollte?“
„Damals noch nicht; jetzt aber weiß ich es. Habe zuweilen beim Nebenherreiten zugehört, wenn er mit der Lady sprach; da erfuhr ich es.“
„Mit welcher Lady? Wer war die Dame?“
„Das wollt Ihr wissen? Well, sollt es erfahren, doch jetzt noch nicht, denn die ist noch gar nicht daran. Jede Sache will ihre richtige Ordnung haben. Ehe ich von der Lady sprechen kann, muß ich erst nach Albuquerque kommen.“
„Albuquerque? Mann, Mensch, spannen Sie mich nicht auf die Folter! Erzählen Sie schnell!“
„Nicht so hitzig, Sir! Wir kommen ans Ende, auch wenn wir uns nicht so atemlos übereilen. Also in Albuquerque mußten wir über einen Tag lang warten; es war am Wagen eine Reparatur vorzunehmen. Wir saßen und aßen da in einem Salon, ich glaube Plener hieß der Wirt, und andere saßen auch dabei. Die sprachen von Konzerten, welche kürzlich gegeben worden waren. Es waren ein Virtuos auf der Violine und eine Sängerin gewesen. Beide hatten sich spanische Namen beigelegt, aber man wußte, daß es ein Geschwisterpaar aus Deutschland sei; die Wirtin, bei der die Schwester wohnte, hatte es ausgeplaudert.“
„Haben die Leute im Salon die wirklichen Namen der Geschwister genannt?“
„Natürlich! Das war es ja, was meinen Advokaten in die Höhe springen ließ. Der Bruder war ein Mr. Vogel, und die Schwester eine Mrs. Werner.“
„Ah! Dachte es mir! Weiter!“
„Mein Advokat die Namen hören, nach der Wohnung der Sängerin fragen und wie auf der Flucht aus dem Salon rennen, das war eins. Wäre er nicht ein Advokat gewesen, so hätte ich geglaubt, er sei toll geworden; aber Advokaten werden bekanntlich nicht verrückt. Oder habt Ihr vielleicht einen gesehen, welcher ausnahmsweise übergeschnappt ist, Sir?“
„Nein – ja – ja – nein! Weiter, macht nur weiter!“
„Weiter? Es ist weiter gar nichts zu sagen, als daß am nächsten Morgen Mrs. Werner sich auch in den Wagen setzte und mitfuhr. Wir fuhren den gewöhnlichen Weg, den San José hinauf, über die Sierra Madre, nach New Wingate und dann am Rio Puerco herunter, wo wir über den Colorado setzten, um dann die Cerbatstraße einzuhalten. Da aber wollte die Lady auf einmal nicht mit. Sie sprach von ihrem Bruder, der in dieser Gegend sei, von Old Shatterhand, von Winnetou und von einem gewissen Sir Emery, der ein Englishman zu sein scheint – –“
„Er ist es. Ihr seht ihn hier neben mir.“
„Well! Große Ehre, außerordentlich feine Ehre, Sir!“
Er nahm wieder seinen unsichtbaren Hut ab, verbeugte sich gegen Emery und fuhr fort:
„Ich vernahm aus dem Gespräch der beiden, daß ein großartiger Diebstahl vorgekommen war. Die Sängerin und ihr Bruder waren die Geschädigten, und die Spitzbuben waren drei sogenannte Meltons, wenn ich mich nicht irre. Old Shatterhand, Winnetou und Emery waren ausgezogen, die Halunken zu fangen. Sie steckten in einem Schloß, welches irgendwo an einem Nebenflüßchen des kleinen Colorado liegen sollte.“
„Am Flujo blanco.“
„Well! Mag richtig sein; ich kenne es nicht. Die Lady hatte auch mitgewollt, die Kerls zu fangen, hatte aber nicht gedurft. Nun befand sie sich in der Gegend und bestand darauf, daß ihr Bruder aufgesucht werden müsse. Ich hatte keine Stimme bei der Entscheidung darüber; es war mir überhaupt ganz gleich, ob der Weg nach Kanada oder hinunter nach Mexiko ging; ich sagte also kein Wort dazu. Der Advokat mochte, trotzdem er Advokat war, wissen, daß man einer Lady den Willen tun müsse, und so wichen wir von dem bisherigen Weg ab und lenkten nach den Mogollonbergen
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