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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein.“
    „Warum gerade dorthin?“
    „Weil der kleine Colorado nirgends so viele Nebenflüßchen hat, als gerade da. Es war mir gar nicht bange, das sogenannte Schloß zu finden.“
    „Aber, Master Dunker, mit einer Dame in diese Gegend einzudringen! Per Wagen, mit dem man da nirgends fortkommen kann! Das konntet Ihr ja gar nicht verantworten!“
    „Habe mir auch gar nicht eingebildet, es zu können, Sir! Die Lady wollte, und wir mußten; es war nicht gegen sie aufzukommen. Ich glaube, wenn der Advokat aus New Orleans gefragt würde, was er lieber studiert, das Gesetzbuch oder die hübschen Augen der Sängerin, so würde er gestehen, daß er die letzteren vorzieht. Mich aber kann die Verantwortung unmöglich treffen. Sobald wir von der Straße abgewichen waren, wurde das Fortkommen unendlich schwer. Bald ging es in eine Tiefe, daß man glaubte, der Wagen müsse sich überkugeln, bald wieder so bergan, daß die armen Pferde ihn kaum schleppen konnten; oder wir mußten über einen Wasserlauf, in dem wir stundenlang stecken blieben. In einem solchen Loch saßen wir gestern um die Mittagszeit fest, als wir überfallen wurden. Hundert Rote gegen mich allein! Denn der Fahrer wurde gleich vom Bock geschossen, und der Advokat war nicht zu rechnen. Ehe ich mein Gewehr heben konnte, war ich von zwanzig, dreißig Fäusten gepackt. Ich schlug um mich; das konnte mich aber nicht retten. Man zerriß mir die Kleider; man drückte mich zur Erde; ich wurde gebunden und fortgeschleift nach der reizenden Gegend, die man Klekie-Tse, den ‚Weißen Felsen‘, nennt.“
    „Ah! Dahin wollen wir!“
    „Das sollt Ihr auch!“
    „Wir sollen! Wer hat das gesagt?“
    „Die Lady, die mitsamt dem Advokaten auch dort ist. Auch den Wagen hat man hingeschafft. Seid Ihr einmal beim ‚Weißen Felsen‘ gewesen?“
    „Noch nicht.“
    „So denkt Euch einen kleinen Berg! Wenn Ihr darauf steht und von ihm niederblickt, so seht Ihr ein rundes Schloß mit weißen Mauern, Fenstern, Portalen, Säulen, Pfeilern, Treppen, Erkern und Türmen. Ihr denkt, ein berühmter Architekt müsse es gebaut haben, und doch ist es nur ein natürlicher Felsen, ein weißer Kalkstein, aus welchem der Regen das alles nach und nach herausgearbeitet hat. Längs des natürlichen Schlosses läuft das Flüßchen hin, welches auf der einen Seite den Felsen berührt; das andere Ufer ist dicht mit Buschwerk bewachsen. Dann folgt, nach dem Berg zu, von welchem ich sprach, ein ebener Grasplan, auf welchem die Mogollons jetzt ihre Zelte stehen haben.“
    „Sind es Kriegszelte?“
    „Nein; sie wohnen mit ihren Squaws und Kindern da. Also in diese schöne Gegend wurden wir geschafft. Wir waren gefesselt und lagen erst beisammen. Der Advokat wollte bald vor Grimm zerplatzen, bald schluchzte er aus lauter Angst; er ist ein Hasenfuß. Die Lady war still und gefaßt. Sie meinte, wenn Ihr wüßtet, daß sie gefangen sei, würdet Ihr kommen und sie befreien.“
    „Das werden wir auch. Erzählt weiter!“
    „Am Abend wurden wir getrennt. Ich kam in ein Zelt, wo ich von einem Roten bewacht wurde; dasselbe war mit dem Advokaten der Fall. Die Lady bekam auch ein Zelt für sich; aber ihr nahm man die Fesseln ab. Jetzt darf sie sogar das Zelt verlassen. Sie scheint es mit ihren Augen dem Häuptling angetan zu haben. Heute, gegen Mittag, geschah etwas, was Euch interessieren wird. Man hatte mich aus dem Zelt geholt und mit dem Advokaten zusammengebracht, wohl um eine Art von Verhör anzustellen. Wir saßen nebeneinander, und um uns standen die vornehmsten Krieger der Mogollons. Da wurde ein Reiter gebracht, welcher mit dem Häuptling sprechen wollte. Es war ein Weißer. Als der Advokat ihn erblickte, schrie er wie besessen auf.“
    „Nannte er ihn beim Namen?“
    „Ja. Erst rief er ihn Small, Small Hunter; dann nannte er ihn Jonathan Melton.“
    „Welche Wirkung hatte das auf den Reiter?“
    „Dieser erschrak zunächst; dann aber schien er sich zu freuen. Er hielt dem Häuptling eine lange Rede, von welcher wir aber nichts hören konnten. Der Mann schien sehr weither zu kommen und die ganze Nacht geritten zu sein, denn er mußte sich vor Müdigkeit setzen, und sein Pferd war über und über mit Schweiß und Staub bedeckt.“
    „Wie wurde er von dem Häuptling behandelt?“
    „Erst finster; dann aber, als er mit seiner Rede fertig war, wurde der ‚Starke Wind‘ freundlicher und rauchte mit ihm die Friedenspfeife.“
    „O weh!“
    „Ja, o weh! Denn ich weiß, daß dieser Mensch

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