39 - Satan und Ischariot III
kennt die Gegend; er wird uns führen.“
„Winnetou wird euch so führen“, sagte der Apache, „daß ihr in zwei Stunden den ‚Weißen Felsen‘ vor euch liegen seht.“
Wir ließen die Pferde trinken, stiegen dann wieder auf und ritten davon, als eben der letzte Schimmer des Tages im Westen verschwand.
Der Himmel war heute wieder wolkenschwer. Es wurde ebenso dunkel, wie es gestern gewesen war, doch Winnetou führte uns ebenso sicher wie am hellen Tag. Es gab in Beziehung auf den Ortssinn wirklich keinen zweiten seinesgleichen! Wie er vorhergesagt hatte, so geschah es auch. Als zwei Stunden vergangen waren, hielt er an. Eine hohe, dunkle Masse lag dicht vor uns. Er sagte:
„Das ist der Berg, von welchem Dunker gesprochen hat.“
„Ist er das wirklich?“ fragte der Genannte. „Ich hatte ihn in der Finsternis nicht wiedererkannt.“
„Er ist's. Wenn man oben steht, kann man den ‚Weißen Felsen‘ unten liegensehen.“
„So müssen wir hinauf. Reitet weiter!“
„Halt!“ warnte ich. „Das Lager beginnt gleich jenseits dieser Höhe?“
„Ja.“
„So wird es von ihr beherrscht, und es sollte mich wundern, wenn kein Posten oben stünde. Winnetou mag erst allein hinaufsteigen und nachsehen.“
Der Apache sprang vom Pferd und verschwand im nächtlichen Dunkel. Es dauerte eine volle halbe Stunde, ehe er zurückkam.
„Meine Brüder müssen sich in acht nehmen“, meldete er. „Es gibt einen Doppelposten oben.“
„So können wir nicht hinauf?“
„Doch, aber nicht mit den Pferden.“
„Dann müssen wir sie weiter zurückschaffen. Ein Schnauben oder gar Wiehern würde uns verraten.“
Wir ritten eine ziemliche Strecke zurück, und ließen die Pferde unter der Obhut Emerys da stehen. Wir anderen drei gingen wieder zum Berg und stiegen vorsichtig hinauf. Der Doppelposten hatte ein Feuer brennen, bei dem wir die beiden Gestalten deutlich sehen konnten. Die Wächter oder vielmehr ihre Anführer verdienten geprügelt zu werden.
Wir standen auf der Seite der Bergkuppe und sahen in das Lager hinab. Den weißen Felsen konnten wir freilich nicht erkennen; in der finsteren Nacht war er auch schwarz. Zahlreiche Lagerfeuer brannten unten; die Zelte waren nur in unsicheren Konturen zu erkennen.
„Well, da sind wir jetzt“, sagte Dunker. „Was tun wir aber nun?“
„Man kann die Zelte nicht unterscheiden“, antwortete ich. „Ja, wenn es Mondschein gäbe, daß man sie einzeln liegen sähe; da wäre etwas zu machen!“
„Die Finsternis hat aber auch ihr Gutes!“
„Allerdings. Aber die Hauptsache ist, daß ich wissen möchte, in welchem Zelt sich Melton und in welchem anderen sich die Lady befindet.“
„Ich weiß es ganz genau, kann es Euch aber leider nicht sagen, nicht zeigen. Wenn ich das könnte, was würdet Ihr dann tun?“
„Hinuntergehen in das Lager.“
„Wozu?“
„Um wenigstens mit der Lady zu reden, wenn es nicht möglich wäre, sie herauszuholen.“
„Das wäre einer von den Streichen, wie man sie freilich nur von Euch und Winnetou erzählen hört. Aber Ihr müßt wissen, daß das Lager von Posten umgeben ist. Wie wollt Ihr hineinkommen?“
„Auf dem natürlichsten Weg, den es gibt, durch den Fluß. Ich gehe nicht fort, ohne wenigstens einen Versuch, mit der Lady zu sprechen, gemacht zu haben. Was für Zelte gibt es da? Sommer- oder Winterzelte?“
„Sommerzelte.“
„Also Leinwand. Da gibt es also auch Pflöcke, welche man herausziehen kann. Bei den Winterzelten ist das anders. Stehen die beiden Zelte, welche ich suche, weit vom Wasser entfernt?“
„Sie stehen ganz nahe.“
„Gut, ich gehe. Kehrt ihr zu den Pferden zurück und erwartet mich dort. Hier habt ihr meine Gewehre, meinen Gürtel und die anderen Sachen, welche die Nässe nicht vertragen.“
„Wird mein guter Bruder nicht vielleicht zuviel wagen?“ fragte der Apache in besorgtem Ton. „Winnetou wird lieber mitgehen!“
„Nein; das nützt mir nichts. Ja, wenn du die Zelte kennen würdest!“
Da fragte Dunker:
„Ihr wollt wohl in das Wasser steigen?“
„Natürlich! An dem einen Ufer steht der Fels, und an dem anderen gibt es Büsche. Im Schutz und Schatten derselben komme ich ungefährdet durch das ganze Lager.“
„Das ist kühn, außerordentlich kühn; aber es spricht mich an, Sir! Was meint Ihr wohl, ob ich mittun könnte?“
„Hm, ich kenne Euch nicht genug, um das zu wissen. Könnt Ihr schwimmen, tauchen und Wasser treten?“
„Ganz leidlich.“
„Ist das Flüßchen
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