39 - Satan und Ischariot III
setzest.“
„Warum dorthin?“
„Frage nicht, sondern gehorche!“
„Das Haus gehört mir und nicht euch!“
„In diesem Augenblick ist es unser. Es kommt ganz auf dich an, ob es dir wieder gehören wird.“
„Ihr seid meine Gäste; ich habe euch zu mir gebracht. Behandelt man seinen Wirt in dieser Weise?“
„Ja, weil er uns nur eingeladen hat, um uns zu verderben. Also setze dich augenblicklich, wenn du nicht eine Kugel haben willst!“
Er tat, als ob er gehorchen wolle, und näherte sich dabei der Stelle, an welcher seine Flinte hing. Ich stand schnell auf, stellte mich vor dieselbe, deutete nach dem Lager und sagte:
„Nicht hierher, sondern dorthin sollst du gehen. Und nun mach schnell, sonst ist's mit meiner Geduld zu Ende!“
Er stand vor mir und blitzte mich wütend mit seinen dunklen Augen an.
„Schnell!“ wiederholte ich. „Ich bin Old Shatterhand und hier sitzt Winnetou, von denen du vorhin gesprochen hast. Du willst uns nur am Marterpfahl sehen, wirst uns aber wohl auch so betrachten müssen!“
Da ließ er ein verächtliches Lachen hören und sagte:
„Glaubst du, daß ich über eure Namen erschrecken soll? Das fällt mir nicht ein! Ich habe schon, als ich euch kommen sah, gewußt, wer ihr seid!“
„Dachte es!“
„Ihr kamt hierher, um zu töten, seid aber selbst dem Tod in die Arme gelaufen. Weißt du, wer ich bin?“
„Nun?“
„Kein Zuni, sondern einer jener Yumakrieger, welche mit ihrem Häuptling und seiner weißen Squaw hierhergezogen sind. Heute wirst du die Rache für die Hazienda del Arroyo und für Almadén alto erfahren!“
Er wendete sich von mir und schritt dem Lager zu, machte aber plötzlich eine Wendung und sprang, den Fellvorhang beiseite schiebend, zur Tür hinaus. Ich hätte ihn durch einen Schuß daran hindern können, wollte dies aber nicht gern tun. Seine Frau richtete sich langsam auf; wir sollten es nicht bemerken. Sie wollte auch plötzlich fortspringen. Da fragte ich sie:
„Sehnst du dich vielleicht nach deinem Mann?“
Sie antwortete nicht.
„Wenn du ihm folgen willst, so tue es; wir halten dich nicht.“
Sie sah mir mit ungewissem Blick ins Gesicht und fragte:
„Was werdet ihr mit mir tun, wenn ich lieber bleibe?“
„Nichts, wir kämpfen nicht mit Frauen. Bleib also getrost sitzen und tue, was dir gefällt; nur darfst du uns auch nicht stören in dem, was wir tun werden.“
„Señor, du bist gut! Ich werde hierbleiben und nichts tun, was euch mißfallen kann.“
Nachdem wir den verschobenen Türvorhang wieder zugezogen hatten, versahen sich auch die anderen drei mit ihren Gewehren. Ich setzte mich wieder an das Feuer. Emery und Winnetou folgten meinem Beispiel; Vogel aber sagte in ängstlichem Ton:
„Um des Himmels willen, setzen Sie sich doch nicht wieder dorthin!“
„Warum nicht?“ fragte ich.
„Weil man dort von den Kugeln, die durch die Tür kommen, getroffen wird! Die Feinde schleichen sich an die Tür und sehen unter dem Vorhang herein.“
„Das gerade ist's, was wir wollen.“
„Daß sie dann schießen?“
„Dazu kommen sie nicht. Wir sind schneller als sie. Wenn wir uns hinter die Wand versteckten, könnten sie uns nicht sehen und würden also auch nicht zu schießen versuchen; wir kämen also um das Vergnügen, ihnen eine Lehre zu geben. Setzen Sie sich nur getrost mit her! Sie haben nichts zu fürchten. Sie können sich auf unsere Augen verlassen, nur müssen Sie sich hüten, selbst auch die Tür zu beobachten. Die Kerle da draußen würden dies bemerken. Blicken Sie also überall hin, nur nicht nach der Tür!“
„Aber wenn sie nun auf den Gedanken kommen, das Haus zu stürmen?“
„Wie wollen sie das anfangen?“
„Indem sie sich plötzlich zur Tür hereinstürzen.“
„Das werden sie bleibenlassen! Sie wissen genau, daß in diesem Fall alle unsere Gewehre auf sie gerichtet sein würden. Dem Schnellfeuer meines Stutzens entkäme keiner von ihnen. Sie sind auch gar nicht so zahlreich, daß sie sich nicht zu schonen brauchten.“
Er setzte sich nieder, mit dem Rücken nach der Tür gerichtet, zog aber von Zeit zu Zeit ganz unwillkürlich die Schultern in die Höhe; es war ihm jedenfalls ganz so zumute, als ob er jeden Augenblick von draußen eine Kugel zu erwarten habe. Wir unterhielten uns mit Absicht laut, um die draußen über unsere Wachsamkeit zu täuschen. Scheinbar uns gar nicht um den Fellvorhang bekümmernd, hatten wir denselben aber dennoch scharf im Auge. Er wurde zuweilen von dem
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