4 Farben platin
schüttele.
»Vor ihm kniete ...«, wieder eine Pause, hervorgerufen durch meine maßlose Sprachlosigkeit.
»Wer kniete vor ihm?«
»Eine ... eine Frau .« Ich hole tief Luft, dann schießt es quasi aus mir heraus: »Das Oberteil ihres Kleides hing ihr bis zur Taille, sie trug nichts darunter und Rhys stand mit offenem Hemd und offener Hose vor ihr.«
Pauls entsetzter Gesichtsausdruck spricht Bände. »Bist du dir da ganz sicher?«
»Ja«, nicke ich, »ich kenne sie. Ihr Name ist Christina Blanks und sie ist ein Callgirl!«
Paul bringt mir ein Glas mit einer braunen Flüssigkeit. »Ein Scotch, ich glaube, den kannst du jetzt gebrauchen.«
Zwar trinke ich so gut wie keinen Alkohol, doch in Anbetracht der Lage kann er mir wohl kaum schaden. Vielleicht sollte ich gleich die ganze Flasche trinken.
Paul sitzt mir auf dem Bett im Schneidersitz gegenüber und sieht mir dabei zu, wie ich Zug um Zug den Inhalt des Glases in mich hineinkippe.
»Ehrlich, Jaz! Ich kenne Rhys mein halbes Leben, so etwas traue ich ihm einfach nicht zu. Bist du dir ganz sicher, dass du die Situation richtig gedeutet hast?«
»Ich weiß, was ich gesehen habe. Was ist an einer Situation falsch zu verstehen, wenn eine Prostituierte halb nackt dabei ist, den Hosenschlitz deines Verlobten zu öffnen?« Meine Stimme ist plötzlich eiskalt, ich wundere mich selbst darüber, wie leicht es mir auf einmal fällt, die Dinge beim Namen zu nennen. Dabei möchte ich eigentlich schreien und etwas Wertvolles zerbrechen. Vielleicht dieses Whiskey Glas? Oder Pauls Geige? Oder vielleicht doch lieber gleich Rhy sʼ Schädel?
Paul hat sich mittlerweile auch ein Glas geholt und die Scotchflasche ist unser neuer bester Freund.
»Ich weiß nicht, es passt einfach nicht zu Rhys. Er ist vieles, aber kein Lügner und Bet rüger.«
Na, da habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht.
»Hattest du heute eine Verabredung mit ihm?«, frage ich frei heraus.
Einen kurzen Moment denkt Paul nach, dann schüttelt er den Kopf. »Ich war in der Oper, dann hat mein Manager mich hierhergefahren. Ich habe eingecheckt und wollte zu eurer Suite, um nachzusehen, ob ihr schon wieder zurück seid, damit wir vielleicht zusammen etwas essen gehen können.«
»Da siehst du, er hat mich belogen, als er sagte, er hätte einen Termin mit dir. Ich könnte noch einen Drink vertragen.« Ich halte ihm mein Glas hin und er schenkt mir nach.
»Alkohol ist wirklich keine Lösung«, grinst er und ich erwidere sein Lächeln trotzig.
»Ich weiß, aber er macht ein gutes Gefühl.« Ich kippe den Inhalt des Glases in einem Zug hinunter. Der Scotch brennt im Hals, aber er vertreibt meine Tränen, meinen Kummer. Ich kann immer noch nicht glauben, was ich da für einen kurzen Moment vor Augen hatte. Aber ich habe mich nicht getäuscht. Dafür sprechen nicht nur Matts Bemühungen, mich daran zu hindern, die Suite zu betreten, sondern auch Rhy sʼ entsetztes Gesicht.
Allerdings weiß ich einfach nicht, was ich davon halten soll. Ein großes WARUM flackert unentwegt vor meinen Augen auf, wie eine Warnung, die mein Unterbewusstsein brüllt. Warum hat er das getan? Warum trifft er sich noch mit dieser Frau? Warum will er mich, wenn ich ihm nicht reiche? Warum hat er mich nicht gehen lassen, als er die Möglichkeit dazu hatte? Warum verlässt er mich nicht, wenn er ja wohl offensichtlich eine andere will?
Diese Fragen drehen sich wie ein Karussell in meinem Kopf und mir ist schon ganz schwindelig.
Die ganze Zeit beobachtet mich Paul und sieht mir wohl an, dass mich ungeklärte Fragen quälen.
»Hast du eigentlich nichts anderes vor?« , frage ich ihn.
»Eigentlich habe ich Probe, doch die lasse ich ausfallen.«
»Meinetwegen?«
»Was willst du jetzt tun?«, fragt er statt einer Antwort und stellt die Flasche und die Gläser zur Seite.
»Ich weiß noch nicht genau. Aber du musst mir zwei Dinge versprechen, und das meine ich wirklich ernst: Rhys darf nicht erfahren, wo ich bin, bitte verspr ich es mir, Paul. Sag ihm nicht, wo ich bin, ich weiß, dass er mich suchen wird. Das Gleiche gilt für Matt. Habe ich dein Wort?«
Verschwörerisch hebt er zwei Finger. »Bei meiner Seele als Ehrenmann, ich schwöre, dass ich weder Matt noch Rhys etwas verraten werde. Und das zweite Versprechen?«
»Mein Bruder, Alex, ich weiß nicht, ob du ihn kennst?«
Er schüttelt den Kopf.
»Gut, Alex darf ebenfalls nichts davon erfahren. Er würde Rhys umbringen.«
»Aber ist es nicht das, was eine Frau will, wenn
Weitere Kostenlose Bücher