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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich wissen. Der hat fast Übermenschliches getan, und ohne ihn hätten die armen Leute elendiglich umkommen müssen.“
    „Hast recht, alter Kumpan. Das Herz hat mer mein' Seel' im Leibe gezittert, als ich den braven Jungen so hoch da droben mitten durch Rauch und Flammen über die Firste hinbalancieren sah. So eenen verwegenen Gesellen gibt's hundert Meilen in der Runde nich wieder, und er hat sich heut' wenigstens ein halbes Dutzend Orden und Medallgen verdient. Na, wenn ich Fürst wäre, oder gar König, so wüßte ich, was ich zu machen hätte; da ich aber leider nur een simpler Hufnagler bin, so kann ich ihm weiter nischt, als nur eenen ehrlichen, gutgemeinten Händedruck applizieren. Und den soll er ooch gleich haben!“ Er kletterte über die herumliegenden Trümmer und schritt auf den Schornsteinfeger zu, welcher abgesondert von der Menge an einem Baum lehnte.
    „Emil, alter Schwede, wie schaut's denn aus bei dir? Du mußt doch mein' Seel' verbrannt sein wie 'ne Weihnachtsstolle, die von Pfingsten bis zu Ostern im Backofen gestanden hat!“
    „Danke, Anton. Es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Meine schwarze Staatsmontur hat freilich einige Schandflecke davongetragen; die Haut aber ist so ziemlich unverletzt geblieben. Du hast mich ja erst gehörig eingeweicht, bevor ich das Kunststück unternahm.“
    „Na, schönes Kunststück! Wenn es gilt, 'nen Tanzsaal auszuräumen, oder ein Dutzend Baldrians zusammenzuhauen, oder meinswegen noch mit eenem zweenspännigen Fuder Erdäpfel auszureißen, da bin ich derbei. Aber wie 'ne Katze off brennenden Dächern 'rumklettern und drei Menschen, eenen nach dem anderen, dem Bruder Vesuvius aus dem Rachen reißen, dazu bin ich nich gemacht, das kann nur so een verteufelter Kerl wie du zustande bringen. Ich hab's ja immer gesagt, du bist ein tüchtiger Kerl in allen Stücken, und wir sind alle froh, daß du wieder bei uns bist.“
    „Laß es gut sein. Ich habe nur getan, was jeder andere brave Essenkehrer auch tun würde. Freilich wollte es mir erst nicht so recht passen, daß ich unseren schönen Ball im Stich lassen mußte; es ist ja der erste, dem ich wieder beiwohne, jetzt aber bin ich ausgesöhnt mit der Störung. Du glaubst nicht, Anton, wie wohl es einem tut, wenn man sich sagen kann: Hast heut' rechtschaffen deine Pflicht getan!“
    „Bist alleweil ein guter Junge, Emil! Und was den Ball betrifft, so is er uns ja noch gar nich davongeloofen. Wenn wir jetzt gleich anspannen, so kommen wir ganz schön zurechte. Es gibt sowieso nischt mehr für uns zu tun. Du, guck 'mal da 'nüber. Ich gloobe, die suchen dich. Es is der Pastor und der Schulze.“
    „Du hast recht. Aber ich bin kein Freund von Komplimenten. Spanne rasch an und komme nach; ich werde vorangehen. Ich habe nicht allein gearbeitet; ihr habt alle Dank verdient.“
    „Na, so loof nur zu. In zehn Minuten haben wir dich eingeholt.“
    Der Schornsteinfeger schlich sich durch die Gärten und suchte die Straße zu gewinnen, welche nach der Stadt führte. Als er sie erreicht hatte, schritt er leichten Fußes vorwärts. Er mochte die Seligkeit, welche er über die Rettung dreier Menschen empfand, nicht durch störende Dankesworte entweihen lassen und gab sich den wohltuenden Gefühlen seines Inneren hin, bis er das laute Rollen der herannahenden Spritze hinter sich vernahm.
    „Hallo, Emil, bist du's? Da sind wir: Komm, steig' uff. In eener halben Stunde sind wir in der Stadt; unsre Eglipasche fährt rasch. Da sehen wir zuerst, wie's im Saale ausschaut, und dann rennen wir heeme, stecken die Arme in den Frack und holen das Versäumte doppelt nach. Vorwärts, Christian, und een bißchen laut!“
    Das Sechsgespann donnerte im scharfen Trab weiter, und kaum war die halbe Stunde vorüber, so hielt die Spritze mit der darauf hockenden Mannschaft vor dem Gasthaus.
    Die beiden Männer sprangen ab und traten in den Hausflur.
    Hier kam ihnen der Wirt entgegen.
    „Seid ihr wieder da? Ist's nieder?“
    „Ja. Wie sieht's dem droben aus, Gevatter?“
    „Possierlich genug! Der Thomas hat wieder was Schönes ausgeheckt; er verauktioniert die Weibsen. Macht, daß ihr 'naufkommt, wenn ihr noch eene haben wollt. Umziehen könnt ihr euch nachher ooch noch. – Höre, Emil, der Buchhändler hat das Geld für dich geschickt; ich hab's drin liegen, wenn du's haben willst.“
    „Nachher; halte nur reinen Mund. Es braucht hier niemand zu wissen, was ich in meinen Feierstunden treibe!“
    Aus den geöffneten Flügeltüren tönte

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